Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hundeelend

Hundeelend

Titel: Hundeelend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Bateman
Vom Netzwerk:
und nicht nur zu besonderen Gelegenheiten. Obwohl sie in dieser Gegend eher rar gesät waren, schien mir das Problem personalisierter Nummernschilder generell zuzunehmen; und das, obwohl sich die Welt auf einer Abwärtsspirale in die Rezession befand. Es war mir ein Rätsel. Meine Bücherabsatzzahlen waren allerdings ebenfalls immun gegen die Rezession. Sie waren so niedrig wie eh und je.
    Sie legte eine Hand auf mein Knie. »Willst du mich nicht hereinbitten?«
    »Nein.«
    »Du könntest mir die Kleider vom Leib reißen und über mich herfallen. Oder wir könnten Toast essen. Was immer dich anmacht.«
    »Nein.«
    »Gut, dann spiel meinetwegen weiter die beleidigte Leberwurst.« Ich warf ihr einen eisigen Blick zu. Sie zog ihre Hand zurück. »Schneid dich ruhig ins eigene Fleisch. Dabei könntest du mich haben. Schau mich an. Ich bin
hinreißend. Aber nicht mehr lange. Bald werden die Zwillinge anfangen zu wachsen.«
    Ich gab ihren Lockungen nicht nach. Weder physisch noch mental. Ich musste den Fall durchdenken, neue Erkenntnisse mussten ausgewertet werden. Ich stieg aus, warf die Tür hinter mir zu, beugte mich dann herab und machte ihr ein Zeichen, das Fenster herunterzukurbeln; doch sie blickte nur finster, startete den Wagen und röhrte davon.
     
    Mein ganzes Leben habe ich mich mit Detektivromanen beschäftigt, und ich habe wohl das meiste gelesen, was es in diesem Genre an Gehaltvollem gibt. Das meiste weniger Gehaltvolle habe ich natürlich auch gelesen, zudem einen Haufen völlig inhaltsleeren Schrott. Einmal abgesehen von den qualitativen Unterschieden unterliegen viele Menschen – unter ihnen auch die Polizei – dem Irrtum, dass Fiktion und Fakten wenig miteinander zu tun haben; für mich dagegen eröffneten sich hier zahlreiche Parallelen und Zusammenhänge; ich habe durch Kriminalromane jede Menge über das Leben und die Welt des Verbrechens gelernt. Moderne Polizeiarbeit konzentriert sich vor allem auf wissenschaftliche Methoden, und das häufig auf Kosten der guten alten Detektivarbeit. Es wird so viel Wert auf DNA und ähnliche Dinge gelegt, dass die klassischen »Indizien« oft zu kurz kommen. Beispielsweise war ich mir sicher, dass Inspektor Robinson nichts von dem verschwundenen Jack Russell wusste. Es war durchaus möglich, dass dieser Raub völlig bedeutungslos war. Ebenso gut jedoch konnte er etwas bedeuten. Es bestand
sogar eine gewisse Chance, dass er höchst bedeutungsvoll war.
    Gegen Mitternacht rief ich Alison an. Ich war sexuell erregt, außerdem hatte ich beschlossen, ihr zu verzeihen. Aber sie wollte nicht vorbeikommen, stattdessen hatte sie beschlossen, nun ihrerseits zu schmollen. Mir war klar, dass es ihr nicht so ernst damit war, weil sie nicht gleich auflegte. Vielleicht war sie ebenfalls sexuell erregt, aber zu selbstsüchtig, um meinen Bitten nachzugeben. Wie dem auch sei, um unser beiderseitiges Verlangen abzukühlen, kam ich auf den Fall zu sprechen.
    »Wir sollten dem vermutlich nicht allzu viel Bedeutung beimessen«, erklärte ich. »Das ist ein klassischer Fehler in Detektivromanen: Sie konzentrieren sich auf den McGuffin, obwohl der Leser sofort weiß, dass es sich um einen McGuffin handelt. Es zeugt von einer gewissen Faulheit der Autoren, aber manchmal ist der McGuffin eben alles, was sie haben. Lässt man den McGuffin weg, fällt die ganze Story in sich zusammen.« Schweigen am anderen Ende der Leitung. »Alison?«
    »Was?«
    »Du bist wieder so still.«
    »Was ist ein McGuffin?«
    »Oh. Sorry.« Ich hatte es vergessen. Ihr Fachgebiet war Modeschmuck. »Das ist ein Gegenstand, der sehr wichtig erscheint, sich am Ende aber als eher irrelevant erweist.«
    »So wie du.«
    »Haha. Du weißt schon, wie in Der Malteser Falke zum Beispiel, wo sich alles um das Auffinden und den Besitz dieser Vogelstatue dreht, die scheinbar total wichtig ist;
dabei bietet sie im Grunde nur den Anlass für eine spannende Jagd und den Austausch von smarten Dialogen. Oder die Top-Secret-Dokumente in Die neununddreißig Stufen . Oder das Transitvisum in Casablanca . Das Regierungsgeheimnis in Der unsichtbare Dritte . Die Briefmarke in Charade . Der Koffer mit dem strahlenden Inhalt in Rattennest . Die …«
    »Ich hab’s kapiert, Superhirn. Nur haben wir es hier mit dem echten Leben zu tun.«
    »Aus alldem können wir schließen, dass vorläufig unklar ist, ob unser McGuffin mit den Morden in Zusammenhang steht. Trotzdem ist er im Moment das Einzige, was wir haben.«
    »Sieh einer an. Okay,

Weitere Kostenlose Bücher