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Hundeelend

Hundeelend

Titel: Hundeelend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Bateman
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kümmern. Also sah ich mich zum Ausharren gezwungen, mit keiner weiteren Verpflegung als einer halben Flasche Wasser und drei Karamellbonbons. Es war wie die Belagerung von Fort Alamo, wenn auch etwas weniger dramatisch.

    Zudem verfügte ich diesmal über erst kürzlich erworbene Sicherheitskameras, mit denen ich den Betrunkenen, der seine Attacken auf meine Rollläden ungemindert fortsetzte, heranzoomen konnte.
    Weil jedoch die Straße schlecht beleuchtet war und die Person einen angeberischen breitkrempigen Hut trug, brauchte ich mehrere Minuten, bis ich ihn erkannte – und musste dann weitere Minuten intensiv mit mir zurate gehen, bevor ich die Rollläden öffnete. Es geschah rein aus Angst um mein persönliches Wohlergehen. Ich hatte schlicht keine Lust, an Langweile zu krepieren.
    Dass es sich um einen für den Booker-Preis nominierten Autor handelte, der wöchentlich Schreibkurse in meinem Laden abhielt und sogar zwei von der Kritik hochgelobte Kriminalromane verfasst hatte, mag mit zu meiner Entscheidung beigetragen haben, den Knopf zum Öffnen der beiden Rollläden zu drücken und Brendan Coyle schließlich ins innerste Heiligtum einzulassen. Schließlich muss man ja auch ans Geschäft denken.
    Doch anstatt mir zu danken, blaffte er nur: »Wurde aber auch verdammt Zeit.«
    Er schwenkte eine halb leere Flasche Weißwein, nahm den Hut ab und schleuderte ihn wie ein Frisbee quer durch den Laden. Er landete mitten auf dem Kauf-eines-und-erhalte-ein-weiteres-zum-selben-Preis-Tisch.
    »Brendan, warst du aus?«
    »Aber klar doch, Emil.«
    Er kicherte. Brendan hatte sich angewöhnt, mich Emil zu nennen. Eine Hommage an den jungen Helden von Emil und die Detektive , dem Kinderbuch von Erich Kästner
aus dem Jahr 1929, das in den 60er-Jahren in englischen Grundschulen Pflichtlektüre war und bei ihm angeblich eine lebenslange Faszination für Krimis ausgelöst hatte. Die allerdings nicht so weit ging, dass er sich die englischsprachige Erstausgabe zugelegt hätte; diese hatte ich für eine beträchtliche Summe im Internet erstanden, in der Erwartung, ein Mann mit seinen Möglichkeiten würde sofort darauf anspringen und diese perfekte Erinnerung an seine Kindheit besitzen wollen.
    Doch als ich ihm das Buch zeigte, rümpfte er lediglich die Nase und erklärte, er ziehe die weniger bekannte und durch die Machtübernahme der Nazis in Vergessenheit geratene Fortsetzung Emil und die drei Zwillinge bei Weitem vor. Ich war bereits mit ein paar Hundertern verschuldet, und wenn er sich einbildete, ich würde diese Ausgabe für ihn auftreiben, nur damit er sie wieder mit einer lächerlichen Ausrede ablehnen konnte, hatte er sich schwer geschnitten. Er konnte mich mal.
    »Ich hab Licht gesehen und konnte nicht widerstehen, mal reinzuschauen und meinen alten Freund zu besuchen, den Besitzer des erlesensten Literaturetablissements der ganzen Stadt!«
    Wieder mal stockbesoffen.
    »Auf welchem bedeutenden Event warst du?«, fragte ich.
    »Oh, irgendein kleiner Poet hat sein erstes Bändchen veröffentlicht. Ich biete ja meine Unterstützung an, wo es nur geht.« Unvermittelt tastete er seine Jacketttaschen ab. »Mist, ich hab’s wohl in der Bar liegen lassen. Na ja, kein Schaden. Wenn irgendein Otto Normalverbraucher
es sich schnappt, lernt er vielleicht mehr daraus als ein alter Säufer wie ich. Was machst du hier so spät noch? Studierst du wieder deine verfluchten Muster?«
    »Wer hat dir verraten …?«
    Normalerweise rede ich nicht über meine Angewohnheiten. Nicht jeder hat einen Sinn für so etwas.
    »Oh, dieser kleine Freund von dir, der hier manchmal arbeitet. Heutzutage würde man so jemanden wohl als ›Slacker‹ bezeichnen.«
    »Jeff«, sagte ich.
    »Genau der. Ein paar Gläser Bier haben seine Zunge gelockert!«
    Armer Jeff. Er vertrug nichts, war ein übles Klatschmaul und eifersüchtig auf meinen Erfolg bei Frauen. Trotzdem, das arme Schwein war in diesem Moment in den Händen schurkischer Agenten; und zwar durch meine Schuld, wie Alison behauptete. Damit hatte sie wohl nicht ganz unrecht. Ohne natürlich im Vollbesitz der Wahrheit zu sein. Dies war allein meine Domäne.
    »Also, ich würde lieber nicht allzu viel auf sein Geschwätz geben.«
    »Er trägt einen klugen jungen Kopf auf seinen Schultern, er weiß alles Mögliche über Chappi … Chappi …«
    »Chappaquiddick.«
    »Genau darüber. Und nicht nur über Chappi … Chappi … du weißt schon, was ich meine. Auch anderes Zeugs. Näher hier bei uns.«

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