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Hundejäger töten leise

Hundejäger töten leise

Titel: Hundejäger töten leise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Mauauausi!!!“
    Die Maus hieß zwar Helena,
wurde aber nur Mausi gerufen. Sie war zahm, kletterte an Stricken entlang, die
Locke zwischen den Händen spannte, und turnte an ihrem Hutrand, wenn Locke im
Garten spazieren ging.
    Mausi kam hervor, reckte
schnuppernd die rosige Nase, wurde aus dem Käfig genommen, krabbelte Lockes
nackten Arm empor und setzte sich auf die Schulter.
    Locke ging in die Küche und
holte sich ein Glas Milch. Mausi erhielt nahrhafte Haferflocken und durfte dann
ausgiebig an einem Schnürsenkel turnen, bis Locke befand, selbiges täte auch
ihr gut. Zwar wollte sie nicht an einem Schnürsenkel hochklettern, sich aber
mit Yoga-Übungen lockern.
    Sie setzte Mausi in den Käfig
zurück, zog ein rotes Trikot an, suchte im Radio einen Sender mit
schmeichelnder Musik und streckte sich dann auf die Turnmatte.
    Yoga-Übungen sind eine
besondere Form von Gymnastik und schon Jahrtausende alt. Yoga stammt aus
Indien. Während der Übung verharrt der Yogi in einer bestimmten Stellung, ohne
sich zu rühren. Die Muskeln werden dabei enorm gestreckt und durchblutet. Yoga
verhilft zu erstaunlicher Gelenkigkeit und ist auch sonst sehr gesund. Die
Übungen: Kopf stand und Kerze gehören dazu, auch Atemübungen. Bei manchen
Stellungen wird der Körper in extremer ( maßloser) Weise verdreht und gebogen.
Dahinter steckt zwar ein ausgeklügelter Sinn. Aber auf den Betrachter wirkt es
unter Umständen komisch.
    Locke übte deshalb
grundsätzlich ohne Publikum.
    Sie war gerade in der
Pflugstellung erstarrt, als Mikes Motorrad mit sattem Röhren in die Garage
rollte. Sie hörte, wie ihr Bruder die Tür auf schloß. Er kam durch den Flur —
mit ungleichem Schritt, humpelte also, was bedeutete, daß er beim
Fußballtraining mal wieder eins in die Knochen gekriegt hatte.
    Lockes Tür wurde geöffnet.
    „Du sollst anklopfen, Herr
Bruder!“
    „Wußte ja nicht, daß du da
bist“, sagte Mike.
    „Spinn nicht! Das Radio ist
draußen zu hören.“
    „Was besagt denn das, wo du so
oft das Ausschalten vergißt.“ Er lachte.
    „Wieder verletzt?“
    Sie lag auf dem Rücken, hatte
die Füße hinter den Kopf gestreckt und sprach gegen ihren Nabel.
    „Nur das übliche! Drei Tage am
Krückstock — und ich springe wieder wie ein junger Dachs. Bei Oma alles in
Ordnung?“
    „Sie und Frau Holle sind gesund
und munter. Ich erzähle nachher.“
    „Also war noch was?“
    „Jaaah! Ich erzähle nachher.“
    „Machst du Abendessen?“
    „In Gottes Namen, ja. Aber wir
warten auf Papi.“
    „Klar. Er wird ja gleich hier
sein. Ich werde schon mal...“
    Das Klingeln des Telefons
unterbrach ihn.
    Der Apparat stand in der Diele.
Mike humpelte hin und vergaß natürlich, die Tür zu schließen.
    „Michael Rehm“, meldete er
sich. Dann: „Hallo, Susanne. Tag! Ja, bin eben zurück. Nein, Locke war auch
nicht da. Tut mir leid, daß du so oft angerufen hast... Klar, gern! Freue mich!
Halb neun? Gut, ich hole dich mit meiner Maschine ab. — Machen wir, Susi. — Ja,
ich dich auch! So long!“
    Er legte auf, und Locke kehrte
aus der Pflugstellung in eine normale Lage zurück.
    Ihr Yoga-Programm war beendet.
Sie stand auf und zog ein buntes Kittelkleid an, während Mike in seinem Zimmer
— im Obergeschoß — rumorte.
    Locke ging in die Küche. Sie
war geräumig und modern eingerichtet. Es gab eine Eßbar, an der sechs Personen
Platz hatten. Auch Gäste — egal, ob von Gunter, Mike oder Locke — wurden hier
abgefüttert.
    Locke stellte den Elektroherd
an, schob zwei Fertig-Pizzen in den Grill, nachdem sie zusätzlich Peperonis,
Salami- und Käsescheiben draufgelegt hatte. Dann deckte sie drei Sets (Serie
gleicher Deckchen, die ein Tischtuch ersetzen), stellte Gläser hin und zwei
Flaschen Bier sowie für sich einen Fruchtsaft.
    Wieder klingelte das Telefon.
Locke nahm den Hörer ans Ohr.
    „Nina Rehm.“
    „Hallo, Locke! Hier ist
Claudia. Ist Mike da?“
    „Augenblick, Claudia!“ Sie
wandte sich zur Treppe und hob die Stimme, als müßte sie eine Konzerthalle
füllen. „Miiike! Für dich! Es ist Claudia.“
    Er kam die Treppe herunter,
humpelnd. Aber der betretene Ausdruck auf seinem Gesicht hatte nichts mit dem
lädierten ( beschädigten ) Knie zu tun. Offenbar war Claudia im Moment
nicht erwünscht.
    Locke gab ihm den Hörer, trat
einen Schritt beiseite, verschränkte die Arme und sah ihren Bruder unverwandt
an.
    Mit einer Handbewegung
versuchte er, sie wegzuscheuchen — vergebens natürlich. Dann säuselte er in

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