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Hundejäger töten leise

Hundejäger töten leise

Titel: Hundejäger töten leise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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wollen zu Claus.“ Locke
rückte an ihrem Strohhut.
    „Der ist zu Hause.“
    „Aber er öffnet nicht.“
    „Jedenfalls ist er nicht
weggegangen — das habe ich gesehen. Vielleicht hört er die Klingel nicht. Sein
Zimmer liegt nach hinten raus, zum Hof.“
    „Vielen Dank! Wir probieren es
nochmal.“
    Tom klingelte sich den Daumen
breit. Aber das nützte nichts. Er drückte auf die Klinke. Die Tür ließ sich
öffnen.
    Die beiden sahen in einen Flur
mit gekalkten Wänden. Er führte nach hinten.
    „Claus!“
    Toms Stimme hätte einen
Scheintoten aufgeweckt.
    Irgendwo auf der Rückfront
schlug knallend ein Fenster zu — durch die Zugluft, die von der geöffneten
Haustür kam.
    „Ich seh mal nach, ob er in der
Badewanne eingeschlafen ist“, sagte Tom. „Du bewachst die Roller, ja?“
    Locke lehnte sich wartend an
die Hauswand. Aber das bekam ihrem Strohhut nicht. Also ging sie auf langen
Beinen auf und ab, zwischen den geparkten Feuerstühlen.
    Die Frau von nebenan war in ihr
trautes Heim zurückgekehrt, lauerte aber sicherlich hinter der Gardine — wußte
sie doch offenbar über jeden Schritt Bescheid, den die Baders machten.
    „Locke!“
    Sie fuhr herum.
    In Toms Gesicht stand
Entsetzen. Sein Blick schoß hin und her, als suche er den Feuermelder und
zugleich ein Telefon zum Alarmieren des Überfallkommandos.
    „Ja?“ Sie lief zu ihm.
    Wortlos machte er kehrt. Sie
folgte ihm durch den Flur, vorbei an einer geöffneten Tür. Sie führte in eine
bescheiden eingerichtete, aber blitzsaubere Küche. Doch Tom rannte weiter, zur
letzten Tür hinten. Sie gehörte zu Claus Baders Zimmer — offensichtlich.
    Es sah aus, als hätte hier ein
Tobsüchtiger einen Anfall abreagiert (sich von Erregung befreien).
    Claus Bader lag auf dem Boden.
Sein Gesicht war blutverschmiert. Aufgeplatzte Lippen, Hautrisse und
Blutergüsse — das hatten brutale Schläge als Spuren hinterlassen. Er war
bewußtlos, schien nicht zu atmen und aus dem Mund ragte ein Stoffetzen.
    „Such ein Telefon!“ sagte Tom.
„Erst den Notarzt. Die Nummer ist 2222. Dann die Polizei. 45455666. Beeil dich!
Ich versuche, ihm zu helfen.“
    Sekundenlang hatte der Schreck
sie gelähmt. Jetzt nickte sie, lief hinaus und nach vorn.
    Mehr als Tom, der schon zum
zweitenmal einen Erste-Hilfe-Kursus gemacht hatte, konnte sie nicht tun.
Himmel! Was war hier geschehen? Wer hatte den Jungen so zugerichtet? Hatte das
was mit den Fotos zu tun?
    Der Wohnraum lag straßenseitig.
Dort war das Telefon.
    Die Notarztzentrale meldete
sich sofort.
    Locke nannte die Adresse. Mit
wenigen Worten beschrieb sie den Zustand des Verletzten. Man käme sofort, hieß
es.
    Der Anruf bei der Polizei
beanspruchte noch weniger Zeit.
    Locke lief zurück.
    Claus Bader war jetzt von dem
Knebel befreit, aber immer noch bewußtlos. Tom hatte ihn so gelegt, daß er —
falls er erbrechen sollte — nicht erstickte.
    Verwundert sah sie, daß Tom
sich über den Schreibtisch beugte. Dort stand ein kleines Tonbandgerät. Es war
eingeschaltet, aber die Spule abgelaufen. Ihr Ende schlug an bei jeder
Umdrehung. Die Steckdose, zu der das Kabel führte, befand sich an der Wand, an
die der Schreibtisch gerückt war.

    „Es läuft noch“, sagte Tom.
„Die Zeitung hier war aufgeschlagen, eine Seite darüber gedeckt — zufällig
wohl.“
    „Du meinst, er hat Musik
gehört?“
    Tom schüttelte den Kopf. „Er
hat was aufgenommen. Hier, das Mikrofon!“ Es war — unsichtbar für Locke —
hinter einem Stapel Bücher versteckt. Tom hob es hoch. „Das Gerät ist auf
Aufnahme geschaltet.“
    Er tippte auf zwei
engbeschriebene Bögen. Ähnliche, drei oder vier, lagen vor dem Schreibtisch auf
dem Boden.
    „Sieht aus wie ein
Deutschreferat (Referat = Bericht über ein Sachgebiet) .
Vielleicht hat er’s auf Band gesprochen, um sich dann selbst abzuhören. Und
vielleicht, Locke, ist nicht nur das drauf.“
    „Wäre irre.“
    Tom schaltete das Gerät aus und
fädelte das Ende des Bandes bei der zweiten Spule ein. Locke hätte rumprobieren
müssen, aber Tom — technisch versiert (bewandert) — drückte sofort auf
die richtigen Knöpfe. Er ließ das Band zurücklaufen.
    Locke sah auf Claus Baders
entstelltes Gesicht.
    „Steht es schlimm?“
    „Eine schwere
Gehirnerschütterung hat er bestimmt. Aber sein Puls ist kräftig.“
    Sssss... sssss... sssss...,
machte das Band. Die Stopptaste knackste. Dann lief es und der Zufall wollte,
daß Tom auf Anhieb die richtige Stelle gefunden hatte.
    „Schönen Gruß

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