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Hundert Namen: Roman (German Edition)

Hundert Namen: Roman (German Edition)

Titel: Hundert Namen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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mit«, meinte sie mit Blick auf die leeren Fächer.
    »Abends trinken wir gerne Wein«, sagte Bob zu dem leeren Sessel vor sich.
    Was sich einleuchtend anhörte. Constance war dafür bekannt, dass sie jeden Abend mindestens eine Flasche Rotwein leerte, und in diesem Augenblick fand Kitty das auch eine wesentlich bessere Idee.
    »Und wo versteckt ihr die Weinflaschen?« Kitty lächelte Bob liebevoll an.
    Er erwiderte ihr Lächeln, und auf einmal leuchteten seine Augen wieder. »Ms Gründaumen persönlich hat ihn immer gern im Gartenschuppen aufbewahrt.«
    So wanderte Kitty hinaus in den noch hellen Abend, über die Wiese zum Schuppen, schob den Riegel zurück und trat hinein. Es roch feucht und nach Erde. Als sie das Licht anknipste, sah sie vor sich eine Glühbirne, die gefährlich an einem dünnen Draht von der Mitte der Decke baumelte und mit ihrem grellweißen Licht ein Regal voller Rotweinflaschen anstrahlte, die alle in Tontöpfen mit Erde steckten.
    »Sie hat den Wein gern warmgehalten«, ertönte plötzlich Bobs Stimme hinter ihr. »Sie hat darauf bestanden, dass jeder seinen eigenen Topf hat und bei einer Temperatur von nicht weniger als zehn Grad gelagert wird.«
    Kitty lachte. »Na klar! Und was ist das hier?« Außer den Flaschentöpfen gab es noch eine ganze Menge Töpfe, in denen Stöckchen mit Klebezetteln in der Erde steckten.
    »Das sind ihre Ideen.«
    Kitty runzelte die Stirn. »Ich dachte, ihre Ideen sind im Aktenschrank.«
    »Das waren die schon weiter entwickelten, von denen die meisten auch anfangs hier eingepflanzt waren. Constance hat sie immer ihre kleinen Samen genannt. Sobald sie in ihrem Kopf aufgetaucht sind, hat sie die Ideen auf Klebezetteln notiert und an Stöcken in diesen Töpfe gesteckt. Wenn sie dann mal ein, zwei Ideen zu wenig hatte, ist sie in den Schuppen gegangen und hat nachgeschaut, ob welche von den Samen schon gediehen waren.«
    Kitty sah ihn verwundert an. »Warum hab ich davon nie etwas gehört?«
    »Weil Constance im Irrenhaus gelandet wäre, wenn ich jemandem davon erzählt hätte, meine Liebe.«
    »Sie war doch schon in einem Irrenhaus, Bob. Zusammen mit dir.« Sie grinsten beide. »Vielleicht wächst hier ja auch irgendwas für ihre Namensgeschichte«, meinte Kitty nachdenklich, ging langsam an der Reihe eingetopfter Klebezettel entlang, las die unordentlich gekritzelten Worte, die ihr so lebendig erschienen, und fühlte einen überwältigenden Drang, bei Constance zu sein, sie zu berühren.
    »Wenn die Idee schon im Aktenschrank war, ist hier bestimmt nichts mehr von ihr. Vielleicht hat die Sache mit einem einzigen Namen angefangen oder mit fünf Namen oder vielleicht auch ganz ohne einen Namen. Aber wenn Constance die Idee schon in den Aktenschrank gepackt hat, dann war sie über den Samenstatus hinausgewachsen. Das hier war sozusagen nur die Baumschule.«
    »Das sind ihre Babys«, lächelte Kitty, und noch immer wanderte ihr Blick an den spontan auf Zettel gekritzelten Ideen entlang, die alle irgendwann in Constances Kopf aufgetaucht waren. Sie dachte an das, was Bob gesagt hatte, dass die Idee nicht im Aktenschrank gewesen wäre, wenn sie nicht über den Samenstatus hinausgewachsen, wenn nicht schon etwas aus ihr geworden wäre, und es war sehr frustrierend, nicht zu wissen, was es war. ›Komm schon, Constance, gib mir einen Hinweis‹, bettelte sie ihre Freundin im Stillen an. Dann wartete sie einen Moment, aber der Schuppen blieb still.
    Schließlich griff Kitty nach einer Weinflasche, überlegte kurz, nahm noch eine zweite und folgte Bob ins Haus zurück. Dort entfernte sie einen Stapel Fotoalben von dem Sessel, der dem von Bob gegenüberstand, einem Modell im französischen Stil mit einem schimmernden Goldblumen-Design. Sie konnte förmlich vor sich sehen, wie Bob und Constance hier am lodernden Feuer gesessen und über irgendwelche Themen diskutiert hatten, über bestimmte Theorien oder über abgefahrene, obskure Geschichten, sie stellte sich vor, wie sie argumentiert hatten, stets verbunden durch ihre Liebe für das Ungewöhnliche und Phantastische, aber auch für das Alltägliche und scheinbar Banale.
    »Wie geht es dir eigentlich, Bob?«, fragte Kitty schließlich. »Wie kommst du zurecht?«
    Er seufzte – ein langer, tiefer Seufzer, der schwerer wog als irgendwelche Worte. »Jetzt sind zwei Wochen vergangen. Ein schauderhafter Gedanke, dass es schon so lange her ist. Am Tag nach ihrem Begräbnis bin ich aufgewacht und habe mir gesagt: Ich kann das

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