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Hundert Namen: Roman (German Edition)

Hundert Namen: Roman (German Edition)

Titel: Hundert Namen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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der Hauptstraße des Dorfs, starrte hinüber zu der kleinen Schule, in der ihr Vater Direktor und einziger Lehrer gewesen war, und zu dem Haus daneben, in dem sie aufgewachsen war. Kitty konnte sich lebhaft vorstellen, wie Birdie aus dem Fenster geschaut und sehnsüchtig die Kinder auf dem Schulhof beobachtet hatte, mit denen sie nicht spielen durfte, weil sie zu krank war oder weil zumindest ihr Vater ihren Zustand für zu angegriffen hielt.
    Kitty setzte sich zu ihr. »Es tut mir so leid, Birdie. Ich hab einfach nicht richtig nachgedacht.«
    Sofort erwachte Birdie aus ihrer Trance. »Was tut dir leid?«
    »Dass ich dich hierhergebracht habe, überhaupt dieser ganze Ausflug. Ich hätte wissen müssen, dass das keine gute Idee ist. Für dich war es etwas ganz Persönliches, ich hätte mich da nicht einmischen dürfen.«
    »Unsinn, Kitty, ich hatte einen wundervollen Tag. Wann sieht man denn schon mal vierhundert als Eier verkleidete Menschen auf einem Fleck?« Sie lachte. »Und es kommt auch nicht oft vor, dass ich zu so vielen Abenteuern gleichzeitig eingeladen werde. Das gilt übrigens für uns alle. Du hast etwas ganz Besonderes für uns getan, Kitty, vergiss das nicht. Du hast uns zusammengeführt. Es ist nicht deine Schuld, wenn nicht alles so läuft, wie wir es uns vorgestellt haben.«
    Kitty freute sich über die freundlichen Worte, aber sie verfehlten ihre Wirkung, und das Gefühl, alle enttäuscht zu haben, wollte nicht verschwinden – kein Rekordrichter für Achar und Jedrek, kein Wettgewinn für Birdie. Wenigstens für Ambrose war der Tag ein Erfolg gewesen.
    »Denk dran, es ging mir nicht um das Geld«, sagte Birdie mit einem kleinen Lächeln, obwohl es nicht mehr ganz so glaubwürdig klang wie beim ersten Mal. Natürlich glaubte ihr Kitty, dass es ihr vor allem wichtig gewesen war, hierher zurückzukehren und den Gespenstern ihrer Jugend noch einmal die Stirn zu bieten, aber heute hatten diese Gespenster gesiegt – an einem Tag, an dem doch Birdie hätte gewinnen sollen.
    »Was hast du denn da?«, fragte Birdie und schaute auf den Wildblumenstrauß, den Kitty auf dem Weg hierher gepflückt hatte.
    »Ach so, ja. Der junge O’Hara war vorhin da«, sagte sie. »Ich soll dir nämlich etwas sagen.«

    Als sich ein leichter Nebel über die Ausläufer der Boggeragh Mountains senkte, ließ Birdie sich neben einem der Grabsteine nieder. Nach langer Suche hatte sie ihn gefunden, dicht bei der Kirche, nicht weit von der kleinen Schule und dem Haus, in dem sie aufgewachsen war, und nun legte sie Blumen auf das Grab ihrer ersten großen Liebe, Jamie O’Hara, den sie nicht so hatte lieben dürfen, wie sie es wollte, und den sie zurückgelassen hatte, als sie nach Dublin gezogen war, um den Fängen ihres Vaters und den Vorurteilen des Dorfes zu entrinnen. Sie hatte ein Versprechen abgelegt, eine Wette geschlossen, und nun war sie zurückgekehrt – doch leider war es für sie beide zu spät.

    Kitty kehrte zu der Gruppe im Biergarten zurück, pickte in ihrer Portion Fish and Chips mit Erbsen und Tartare-Sauce herum und fragte sich verzweifelt, wie sie für bessere Stimmung sorgen könnte. Zuerst einmal bei sich selbst. Zwar unterhielten sich alle entspannt und ruhig, aber es fehlte einfach die gute Laune von vorhin im Bus.
    »Es ist nicht deine Schuld«, sagte Steve leise.
    Sie sah ihn unsicher an. »Ich schäme mich aber.«
    »Wofür?«
    »Weil ich alle hierhergeschleppt habe, weil …«
    »Das ist nicht deine Schuld, Kitty«, wiederholte er und reichte ihr ein Glas Wein. »Und bitte schnarch heute Nacht nicht, sonst muss ich dich leider mit dem Kissen ersticken.«
    »Ich schnarche nie.«
    »O doch. Wenn du was getrunken hast, dann schnarchst du fast so laut wie mein Dad.«
    »Stimmt doch gar nicht. Woher willst du das überhaupt wissen?«
    Wieder fixierte er sie mit diesem Blick, der sie äußerlich erstarren und innerlich ganz weich werden ließ. »Ich weiß mindestens eine Gelegenheit, bei der du geschnarcht hast.«
    Sie schluckte. »Das hat mir noch nie jemand gesagt.«
    »Vielleicht waren die nie wach, wenn du geschlafen hast.«
    Es war eine ganz einfache Bemerkung, die Kitty aber schon wieder mitten ins Herz traf, und sie konnte nur noch daran denken, dass sie in dieser Studentenbude bei Steve gelegen und mit dem Kopf auf seiner Brust geschlafen hatte, während er sie mit seinen langen schwarzen Wimpern und seinem Wuschelkopf beobachtete. Plötzlich hörte sie ein leises Klingeln, und als sie aufblickte,

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