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Hundert Namen: Roman (German Edition)

Hundert Namen: Roman (German Edition)

Titel: Hundert Namen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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teils zufällig – verlorenen und vergessenen Erinnerungen forschte. Auf einmal begann ihr Gesicht zu strahlen. »Die Straße runter?«
    »Ja.«
    »Rachels kleiner Bruder?«
    »Genau der.«
    Birdie sah ihn wieder an, und Kitty fand es schwierig, sich diesen alten Mann als kleinen Bruder von irgendjemandem vorzustellen.
    »Rachel und ich sind zusammen in die Schule gegangen – wenn ich gerade mal in die Schule gehen durfte.«
    Sein Gesicht wurde weich. »Sie ist vor ungefähr zehn Jahren gestorben.«
    »Tut mir leid, das zu hören«, sagte Birdie, und ihr Lächeln verblasste.
    In diesem Moment öffnete sich die Tür hinter ihnen, und eine laute Stimme verkündete: »Wir geben euch das Geld nicht!« Die Stimme gehörte einer Frau um die achtzig, mit der die Zeit jedoch nicht so gnädig gewesen war wie mit Birdie. Tief gebeugt stützte sie sich auf ihren Stock, ihr Haar war so struppig, dass es fast aussah wie Wolle, und an ihrem Kittelkleid klebten Hundehaare. Beine und Knöchel waren stark geschwollen, die Füße in ein Paar nagelneue Ecco-Gesundheitsschuhe gestopft.
    »Wie bitte?«, erwiderte Molly barsch und baute sich vor der alten Frau auf, die ungefähr halb so groß war wie sie.
    Birdie musterte sie aufmerksam von oben bis unten. »Mary O’Hara.«
    Die Frau schniefte verächtlich. »Fitzgerald. Und du bist also noch am Leben.« Auch sie beäugte ihr Gegenüber prüfend.
    »Ja, gesund und munter«, antwortete Birdie und straffte die Schultern. »Ich vermute, es ist deine Idee, mir das Geld nicht zu geben?«
    Josies Urenkel machte ein schuldbewusstes Gesicht.
    »Ja, ich habe hier das Sagen, und von mir bekommst du kein Geld.«
    »Aber es war eine gültige Wette«, beharrte Birdie. »Und dein Vater hat immer zu seinem Wort gestanden.«
    »Im Gegensatz zu dir«, erwiderte die alte Frau zornig, und es war unverkennbar, dass es hier um wesentlich mehr ging als um eine vor über sechzig Jahren abgeschlossene Wette.
    »Ich hoffe, du nimmst die Sache nicht persönlich, Mary. Es ist lange her.«
    »Du hast meinem Bruder das Herz gebrochen. Einmal gebrochen, immer gebrochen, es ist mir gleich, wie lange es her ist.«
    Birdie wurde bleich. »Ist er … wie geht es …?«
    »Er ist tot«, fauchte Mary so bösartig, dass sogar der junge Mann hinter ihr zusammenzuckte.
    Kitty merkte, dass Edward seine Großmutter enger an sich drückte, als könnte sie sich plötzlich nicht mehr aus eigener Kraft aufrecht halten.
    »Warum, hast du gedacht, er wäre hier?«, fragte Mary und lachte, ein keuchendes Lachen, das in ein Husten überging. »Hast du gedacht, er wartet immer noch auf dich? Tja, das hat er nicht getan, er ist weggegangen, hat sein Leben gelebt, geheiratet, Kinder und Enkel bekommen.«
    Birdie lächelte traurig. »Wann ist er … gestorben?«
    Als Mary antwortete, war ihr Ton etwas weniger barsch, aber immer noch hasserfüllt. »Letztes Jahr.«
    Schmerz und Trauer breiteten sich auf Birdies Gesicht aus, und sie verließ ohne ein weiteres Wort das Wettbüro.
    »Und?« Mary-Rose stürzte sich sofort auf sie, als sie ins Freie traten.
    Aber Kitty schüttelte so nachdrücklich den Kopf, dass keiner mehr eine Frage stellte.
    Birdie machte einen desorientierten Eindruck, und sowohl Edward als auch Kitty sahen hilfesuchend zu Molly.
    »Ich glaube, wir sollten ein bisschen frische Luft schnappen«, sagte die blauhaarige junge Frau, nahm Birdies Arm und führte sie sanft vom Wettbüro weg.
    Die anderen beschlossen, in der Pension auf der anderen Straßenseite etwas zu essen. Es war ein kühler Abend, aber sie setzten sich trotzdem nach draußen in den Biergarten. Edward und Steve erklärten den anderen, was passiert war, und alle begannen darüber zu diskutieren, welche Möglichkeiten sie aus rein rechtlicher Sicht noch hatten. Edward, der ja Jura studierte, und Steve, der sich mit Wetten auskannte, stimmten darin überein, dass Birdie sich im Grunde nur auf ein Gentlemen’s Agreement berufen konnte und keinerlei juristische Handhabe hatte. Die Stimmung sank. Kitty, frustriert und aufgeregt wegen Birdie, schämte sich, dass sie die anderen mit auf diese sinnlose Unternehmung geschleppt hatte. Am liebsten hätte sie sich einfach zurückgezogen, und als sie den O’Hara-Enkel am Eingang des Biergartens entdeckte, wie er sich suchend umschaute, ergriff sie die Chance, sich vom Tisch zu entschuldigen.
    Rasch stand sie auf und eilte dem jungen Mann entgegen.

    Es war nicht schwer, Birdie zu finden: Sie saß auf einer Bank an

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