Hundert Namen: Roman (German Edition)
interviewen? Oder sollen sie die Geschichten, die sie nie geschrieben haben, für uns schreiben?«
»Zuerst hat Constance gesagt, ich soll Interviews machen …«
»Sie hat gesagt, du sollst Interviews machen?«, unterbrach Pete sie sofort.
»Ja«, bestätigte sie, unsicher, wo sein Problem lag. »Aber dann hat sie gemeint, man könnte die Autoren doch einfach bitten, die Geschichte zu schreiben, die sie schon immer schreiben wollten.«
»Die Geschichten also praktisch in Auftrag geben.«
»Ja, ich denke schon.«
»Bei Autoren dieses Ranges eine ganz schön kostspielige Angelegenheit.«
»Na ja, es soll doch ein Tribut an Constance sein, möglicherweise sind da manche von ihnen bereit, auch ohne Honorar zu arbeiten. Wenn es eine Geschichte ist, die sie schon immer schreiben wollten, ist das vielleicht Anreiz genug. Die Erfüllung eines langgehegten Wunschs sozusagen.«
Pete wirkte nach wie vor skeptisch. »Wie ist es denn überhaupt zu diesem Gespräch gekommen?«
Alle schauten von Pete zu Kitty.
»Warum?«, fragte sie zurück.
»Ich versuche zu begreifen, wie so ein Thema ein Tribut an Constance sein könnte.«
»Es war eine ihrer letzten Ideen für ein Feature.«
»War es wirklich ihre Idee? Oder eher deine?«
Alle rutschten unbehaglich auf ihren Stühlen herum.
»Willst du damit andeuten, dass ich diese Hommage ausnutze, um eine meiner eigenen Ideen unterzubringen?« Kitty hätte gern überlegen geklungen, aber die Frage kam verletzt und kleinlaut heraus, sie wirkte wie ein Schwächling und außerdem so, als hätte Pete mit seinem Vorwurf genau ins Schwarze getroffen.
»Ich glaube, es ist das Beste, wenn jetzt erst einmal alle an ihren Schreibtisch zurückgehen und wir das Meeting für heute beenden«, sagte Cheryl in die verlegene Stille hinein. »Dann können Kitty und Pete sich unter vier Augen weiterunterhalten.«
Im Handumdrehen waren die anderen verschwunden, froh, der peinlichen Situation entrinnen zu können. Pete blieb am Kopfende des Tischs stehen, beide Hände aufgestützt. Zu Kittys Ärger machte auch Cheryl keine Anstalten zu gehen.
»Kitty, ich will mich hier nicht aufspielen, ich möchte nur, dass wir den Tribut so gestalten, dass er authentisch Constance ist. Ich weiß, du kanntest sie besser als wir anderen, aber das Gespräch, von dem du erzählt hast, hat keiner von uns mitbekommen. Deshalb möchte ich ganz sichergehen, dass diese Idee wirklich das ist, was Constance wollte.«
Kitty schluckte, und auf einmal kamen wieder die Selbstzweifel. Was vorher eine kristallklare Erinnerung gewesen war, verschwamm zusehends. »Ich kann dir nicht hundertprozentig sagen, was sie wirklich tun wollte, Pete.«
»Komm schon, Kitty«, meinte er mit einem frustrierten Lachen. »Entscheide dich, ja?«
»Ich weiß nur, dass ich sie gefragt habe, was für eine Geschichte sie schon immer schreiben wollte, aber nie geschrieben hat. Die Frage gefiel ihr, und sie meinte, das wäre doch eine gute Idee für einen Artikel, ich könnte doch ein paar Autoren interviewen, was für eine Geschichte sie schon immer schreiben wollten, oder noch besser, sie bitten, diese Geschichte jetzt zu schreiben. Und sie hat gesagt, sie würde mit dir darüber reden.«
»Das hat sie aber nicht.«
Schweigen.
»Es ist eine gute Idee, Pete«, sagte Cheryl leise, und für einen Moment war Kitty froh, dass sie geblieben war.
Nachdenklich klopfte Pete mit seinem Stift auf den Tisch. »Hat sie dir davon erzählt?«, wandte er sich an Cheryl.
»Nein.«
Kitty schluckte. Er wollte ihr einfach nicht glauben.
»Sie hat mir gesagt, ich soll einen Ordner aus ihrem Büro holen und zu ihr ins Krankenhaus bringen, dann würde sie mir alles Nähere erklären, aber als ich damit ankam, war es zu spät«, versuchte sie es noch einmal. Sofort füllten sich ihre Augen wieder mit Tränen, und sie blickte zu Boden. Aber das erhoffte Mitgefühl wurde ihr nicht gewährt.
»Hast du den Umschlag aufgemacht?«, fragte Pete.
»Nein.«
Auch das glaubte er ihr nicht.
»Ich hab ihn nicht aufgemacht«, beteuerte Kitty nachdrücklich, und langsam wurde sie wieder wütend.
»Wo ist der Umschlag jetzt?«
»Bei Bob.«
Pete schwieg.
»Was denkst du?«, fragte Cheryl.
»Ich denke, dass es ein tolles Feature und eine tolle Hommage wäre, wenn wir zusammen mit den Geschichten der anderen Autoren auch die Geschichte hätten, die Constance schon immer schreiben wollte. Wenn Bob uns die Geschichte gibt, könntest du darüber berichten«, antwortete
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