Hundert Namen: Roman (German Edition)
aussah.
»Dann suspendierst du mich also.«
»Nein … ich bitte dich nur, die nächsten zwei Wochen nicht im Büro zu arbeiten, solange ich versuche, die Kunden zu beruhigen.«
»Aber was ist mit Constances Geschichte?«
Er rieb sich müde die Augen und antwortete nicht.
»Deshalb wolltest du nicht, dass ich sie schreibe, richtig? Deshalb hast du Cheryl gefragt.«
»Mir sind die Hände gebunden, Kitty. Das sind unsere wichtigsten Anzeigenkunden. Wir können es uns nicht leisten, sie zu verlieren, das wäre Selbstmord.«
»Weiß Bob davon?«
»Nein, und du erzählst es ihm bitte auch nicht. Er hat schon genug um die Ohren, deshalb sind Cheryl und ich ja hier.«
»Ich möchte aber an der Geschichte arbeiten«, sagte Kitty. Constances Liste war alles, was sie hatte, und auf einmal war es lebenswichtig für sie, diesen Artikel zu schreiben.
»Wenn die ihre Drohung wahr machen, können wir nichts unter deinem Namen veröffentlichen«, entgegnete Pete und wirkte auf einmal richtig erschöpft. »Ich sehe da keine Möglichkeit.«
Plötzlich entdeckte Kitty eine neue Seite an ihm, eine menschliche Seite, die sie richtig sympathisch fand. Nicht sein übliches Bulldoggen-Auftreten. »Ich hab gedacht, ich schreibe künftig unter dem Namen Kitty Logan, nicht mehr Katherine. So nennt mich sowieso niemand außer meiner Mutter.« Sie schluckte. Katherine Logan klang so gewichtig, es war ihr peinlich, den Namen laut auszusprechen, und bei den Leuten von der Liste war sie richtig verlegen geworden und auch ein bisschen paranoid. Wie würden sie reagieren, was dachten sie wohl im Stillen? Sie schämte sich ihres eigenen Namens. Und Kitty war vielleicht ein Neuanfang.
Pete sah sie ziemlich mitleidig an.
»Oder ich hab noch eine bessere Idee«, rief sie, kämpfte gegen sein Mitleid an und strahlte. »Wir setzen Constances Namen darunter. Schließlich ist es doch ihre letzte Geschichte.«
»Das geht nicht, Kitty, nicht wenn du den Artikel schreibst.« Er wirkte überrascht, aber auf eine gute Art. Als wäre er beeindruckt, dass sie darauf verzichtete, ihren eigenen Namen unter ihrer eigenen harten Arbeit zu sehen. Er wurde weich. »Wir finden bestimmt eine Möglichkeit. Arbeite erst mal einfach weiter. Geht das nicht von zu Hause?«
»Ich … ich kann es mir nicht leisten, so viele Anrufe zu machen.«
Wieder seufzte er und beugte sich, die Hände flach aufgestützt, über seinen Schreibtisch. Er hatte einen auffallend muskulösen Rücken. Seltsamerweise und zu ihrer eigenen Überraschung hatte Kitty plötzlich das Gefühl, dass sie anfing, ihn richtig toll zu finden. Am liebsten hätte sie die Hand ausgestreckt und ihm die verspannten Schultern massiert.
»Okay«, meinte er sanft. »Telefonier zu Hause und schick die Rechnung an die Redaktion.«
»Danke.«
»Aber Kitty, du musst eine andere Möglichkeit finden, du kannst dich nicht durchs ganze Telefonbuch arbeiten.«
»Ja, ich weiß.«
Als Kitty nach unten ging, bemerkte sie, dass am Vogelhaus im Vorgarten ein Schild mit der Aufschrift JUNK MAIL hing und dass es von Werbezetteln überquoll. Sie musste an Glen denken, der seine Uhr in ihrer Wäscheschublade versteckt hatte, und auch Bob und Constance deponierten Dinge an absurden Stellen. Bestimmt befand sich der Schlüssel zu Constances Geschichte irgendwo in der Wohnung. Sie klopfte.
Teresa öffnete die Tür. »Er hat sich gerade hingelegt, Liebes.«
»Ich würde gern kurz etwas an Constances Schreibtisch nachschauen, und ich brauche deine Hilfe. Ich muss nämlich das Telefonbuch finden.«
»Viel Glück!«, lachte Teresa. »Du weißt, dass ich das Telefon vor ein paar Tagen im Wäschekorb gefunden habe. Bob meinte, es klingelt zu laut.«
Sie sahen sich in der Wohnung um.
»Geld in der Teekanne, Pässe im Toaster, Werbung im Vogelhäuschen – wo in aller Welt würde Constance wohl das Telefonbuch verstauen?«, überlegte Kitty laut.
»Wahrscheinlich auf dem Klo – vielleicht hat sie sich den Hintern damit abgewischt«, meinte Teresa und schlurfte zurück in die Küche, wo Kitty die Waschmaschine rattern hörte. Sie freute sich, dass Teresa sich aufgerappelt hatte und nicht mehr nur Staub wischte, sondern sich um Bob kümmerte.
Sich selbst überlassen, begann sie sich nach dem Telefonbuch umzusehen, suchte zunächst an den offensichtlichen Stellen in der Wohnung und strengte dann ihr Hirn an, um auf etwas möglichst Bizarres zu kommen. In Bobs und Constances Büro ließ sie sich auf ein kuscheliges
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