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Hundert Namen: Roman (German Edition)

Hundert Namen: Roman (German Edition)

Titel: Hundert Namen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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sein.

    Auf keine von Kittys Mailbox-Nachrichten kam eine Reaktion. Diejenigen, die sie angerufen hatte, hatten nicht zurückgerufen oder waren nicht zu Hause, sie konnte nicht sicher sein, ob ihre Nachrichten weitergegeben wurden, und außerdem gab es beim Telefonieren keine Höflichkeitsschwelle – man konnte einfach auflegen. Obendrein ließen sich immer mehr Leute die Nummern anzeigen, und wenn sie unbekannt waren, riefen sie sowieso nicht zurück. So beschloss Kitty, dass es besser war, nicht alle hundert Namen per Telefon zu kontaktieren, sondern gleich den persönlichen Kontakt zu suchen.
    Am ersten Tag ihres Besuchsprojekts machte sie sich auf den Weg zu Sarah McGowans Adresse in Lucan, einer Erdgeschosswohnung in einem Siebziger-Jahre-Backsteingebäude, das aussah, als gehörte es zu einer Wohnanlage für Senioren. Neben dem Haupteingang ging die Verandatür auf, und eine Frau um die zwanzig in Schwesternuniform kam heraus.
    »Sind Sie Sarah McGowan?«
    Die junge Frau musterte Kitty von oben bis unten, überlegte und kam offensichtlich zu dem Schluss, dass ihr Gegenüber vertrauenswürdig war. »Die ist vor sechs Monaten ausgezogen.«
    Kitty konnte ihre Enttäuschung nicht verbergen.
    »Sie hat hier keinen Job gefunden«, erklärte die Schwester achselzuckend. »Ich verstehe ja, dass man deswegen auszieht, aber sie hatte eigentlich eine Kündigungsfrist von drei Monaten. Und sie ist einfach Knall auf Fall verschwunden.«
    »Wohin denn?«, fragte Kitty hoffnungsvoll.
    »Nach Australien.«
    »Australien!«
    »Victoria, glaube ich. Wenigstens für den Anfang. Sie hatte Freunde dort, die auf einer Melonenfarm arbeiteten. Die haben ihr einen Job beim Wassermelonenpflücken besorgt.« Die Frau verdrehte die Augen.
    »Ich weiß nicht, aber das klingt, als könnte es Spaß machen«, meint Kitty und dachte, dass es in ihrer Situation bestimmt genau das Richtige wäre, am anderen Ende der Welt Melonen zu pflücken.
    »Für eine ausgebildete Finanzbuchhalterin?«, fragte die Schwester.
    Kitty konnte den Einwand verstehen. »Haben Sie vielleicht ihre neue Telefonnummer?«, fragte sie.
    Die Frau schüttelte den Kopf. »Wir waren nicht wirklich befreundet. Sie hat beim Postamt eine Nachsendeadresse hinterlassen, und ich hab ihren Mist bei eBay verkauft. Sozusagen ihre Wiedergutmachung an mich.«
    »Kennen Sie vielleicht Freunde oder Familie von ihr?«
    Die junge Frau sah Kitty mit einem Blick an, der Bände sprach.
    »Trotzdem danke für Ihre Hilfe.« Kitty wandte sich zum Gehen, denn ihr war klar, dass es hier nichts mehr für sie zu holen gab.
    »Hey, sind Sie nicht diese Frau?«
    Kitty blieb stehen. »Kommt darauf an, was für eine Frau Sie meinen.«
    »Die aus dem Fernsehen. Die aus Thirty Minutes .«
    »Ja, die bin ich.« Kitty hielt inne und lächelte.
    »Sie haben eine Nachricht auf meinem Telefon hinterlassen.«
    Das erforderte keine Antwort.
    »Ich hab Ihre Sendung nie gesehen. Ich kenne Sie nur von dem Prozess.«
    Kittys Lächeln verblasste.
    Die Frau schien nachzudenken. »Sie ist eigentlich eine ganz Nette, wissen Sie. Sarah, meine ich. Trotz allem, was ich grade über sie gesagt habe. Bitte tun Sie ihr nichts allzu Schlimmes an.«
    »Nein, auf keinen Fall.« Kitty schluckte und verließ den stillen Apartmentkomplex. Vielleicht würde sie in Zukunft wirklich lieber den Namen Kitty statt Katherine benutzen.

    Im Bus zu ihrem nächsten Ziel versuchte Kitty, die letzten Worte des Gesprächs zu verdrängen, indem sie sich Notizen machte.

    Theorie für die Geschichte: Leute, die auswandern mussten. Wirtschaftskrise?

    Hoffentlich nicht – Kitty hatte es so statt, in den Medien ständig mit diesem Thema überschwemmt zu werden, und sie wusste, dass es Constance außer in extremen Ausnahmesituationen genauso gegangen war wie ihr.
    Sie starrte aus dem Busfenster. Eigentlich hatte sie gehofft, die Liste in der Reihenfolge abzuarbeiten, in der Constance die Namen aufgeschrieben hatte, aber da sie unangemeldet von Tür zu Tür ging und ihr kein Auto zur Verfügung stand, hatte sie beschlossen, mit den Dubliner Adressen zu beginnen. Die sechste auf Constances Liste, für Kitty aber die zweite, war eine Frau namens Bridget Murphy.
    Die Adresse befand sich in einem Reihenhaus in Beaumont, und die Nummer zweiundvierzig hob sich durch nichts von den anderen Kieselrauputzhäuschen ab, auch nicht von denen auf der anderen Straßenseite oder sonst wo in dem Labyrinth der Siedlung. In dem Versuch, etwas Farbe in die

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