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Hundert Namen: Roman (German Edition)

Hundert Namen: Roman (German Edition)

Titel: Hundert Namen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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Wasser serviert worden, und obwohl ihr immer noch übel war, pickte sie ein bisschen an dem Obst herum und begann plötzlich so etwas wie Entspannung zu fühlen.
    Dann öffnete sich die Tür des Cafés, und der dritte Gast des Tages erschien. Es war eine seltsam verhuscht wirkende Frau mit einem schmalen, von kinnlangen straßenköterbraunen Haaren und einem geraden Pony eingerahmten Gesicht. Sie sah sehr sanft aus, dünn und zart, als könnte jeder Lufthauch sie umwerfen. Hoffnungsvoll blicke sie sich im Café um, als erwarte sie jemanden, dann nahm ihr Gesicht einen enttäuschten Ausdruck an, und sie setzte sich an einen der großen Tische. Archie blickte von seinem Frühstück auf, sah die Frau an und beobachtete aufmerksam, wie sie den Raum durchquerte und sich hinsetzte. Von nun an ließ er sie fast nicht mehr aus den Augen.
    »Kennen Sie die Frau?«, fragte Kitty.
    »Nein«, antwortete er barsch und wandte sich ab, um seinen Tee zu trinken. »Was wissen Sie denn über mich?«
    »Wesentlich mehr als gestern.«
    »Dann legen Sie mal los.«
    »Vor zehn Jahren ist Ihre sechzehnjährige Tochter verschwunden. Zuletzt hat man sie auf einem Überwachungsvideo beim Verlassen eines Ladens im Einkaufszentrum von Donaghmede gesehen. Die Polizei hat nach ihr gefahndet, Sie und Ihre Familie haben eine öffentliche Suchaktion und eine ziemlich umfangreiche Kampagne in die Wege geleitet. Einen Monat später hat man Ihre Tochter auf einem Feld gefunden. Sie war erwürgt worden. Vier Jahre später haben Sie einen zwanzigjährigen Mann überfallen und zusammengeschlagen, der angeblich damals der Freund Ihrer Tochter war, und mussten dafür vier Jahre ins Gefängnis.«
    Schweigen.
    Archie kaute eine Weile auf der Speckschwarte und warf dann die Reste auf seinen Teller.
    »Es ist vor elf Jahren passiert, eine Woche vor ihrem sechzehnten Geburtstag.« Er hielt einen Moment inne, um sich zu fassen, und als er wieder zu sprechen begann, war seine Stimme wesentlich ruhiger. »Ein Zeuge hat sie zuletzt auf dem Parkplatz in Donaghmede gesehen, wie sie diesem Jungen, Brian ›Bingo‹ O’Connell, gesagt hat, er soll sie endlich in Ruhe lassen. Das war nicht ihr Freund, sondern der Freund ihres Freundes, er war total in sie verschossen und ist ihr ständig nachgelaufen. Das habe ich der Polizei alles gesagt, an dem Tag, als sie verschwunden ist. Und danach noch unzählige Male. Aber sie haben darauf bestanden, dass sie nichts gegen ihn in der Hand hätten. Ohne den Kohlbauern, der ihre Leiche gefunden hat, hätten die überhaupt nie was gefunden und einfach weiter den Falschen verdächtigt.«
    »Nämlich Sie«, ergänzte Kitty.
    »Ja, die hatten mich auf dem Kieker und sich total in ihre Theorie verbissen. Der einzige Mensch, gegen den sie wirklich ermittelt haben, war ich. Und nur ich hatte ein paar Informationen darüber, wo sie zuletzt gesehen worden war.«
    »Vielleicht deshalb.«
    »Der Zeuge auf dem Parkplatz war mein Freund Brick. Aber die waren so erpicht darauf, mir etwas anzuhängen, dass sie mir kein Wort geglaubt haben.«
    »Ist es nicht normal, dass die Polizei immer zuerst Nachforschungen in der Familie anstellt?«
    »Aber doch nicht so, nicht dermaßen verbohrt. Und leider war Brick auch nicht gerade der zuverlässigste Zeuge, er hatte selbst ziemlichen Ärger am Hals.«
    Vermutlich bekam man den Spitznamen Brick – der Backstein – nicht ohne Grund.
    Eine Weile schwiegen sie. Archie schaute wieder zu der Frau hinüber. Sie wickelte sich ein Taschentuch spiralförmig um den Finger, bis die Haut hervorquoll, und wickelte es dann wieder ab. Inzwischen füllte sich das Café, und hinter der Theke war der Koch eifrig dabei, Eier, Speck und Tomaten zu brutzeln, und der Duft erfüllte den kleinen Raum. Kittys Magen grummelte, und sie griff nach einer Traube von ihrem Obstteller.
    »Was hat die Polizei dazu gebracht, schließlich doch von Ihnen abzulassen?«
    »Als sie die Leiche gefunden haben.«
    Er schwieg.
    »Sie ist vergewaltigt worden, wissen Sie«, fuhr er plötzlich fort, und Kitty blieb fast die Traube im Hals stecken.
    »Nein, das wusste ich nicht.«
    »Ich wollte nicht, dass es in der Zeitung steht. Damit sie wenigstens ein bisschen Würde behält. Ihre Leiche lag zu lange auf dem Feld, es gab nicht genug eindeutige Beweise.«
    »Aber Sie sind sicher, dass es dieser Typ war, dieser Brian O’Connell.«
    »Bingo«, ergänzte er nachdrücklich und mit fester Stimme. »So wahr ich hier sitze und atme. Ich bin ihm ein

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