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Hundertundeine Nacht

Hundertundeine Nacht

Titel: Hundertundeine Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Spielberg
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Pharmaceutics sagt mir auch nichts, aber du kannst nicht jede Pharmafirma kennen. Und es gibt genug Händler, die private E-Mail-Adressen verkaufen, sortiert nach Beruf, vermutetem Einkommen oder Schuhgröße.«

    »Das ist nicht der Punkt, Michael. Schau dir den Text an und die Abbildungen dazu.«

    Hauptsächlich ging es um ein neues Antibiotikum, das die Firma Alpha Pharmaceutics entwickelt hatte. Es nannte sich »Stegamycin« und sollte der tollste Bakterienkiller sein, den die Menschheit jemals gesehen hatte. Wenn der Text stimmte, waren in der Tat harte Zeiten für Bakterien angebrochen. Aber wenn ich nicht vollkommen danebenlag, sah es nicht ganz so düster für Bakterien und Co. aus.

    »Was stört dich ausgerechnet an dem Namen, Felix? Vibramycin, Streptomycin, Vancomycin, alles altbewährte Antibiotika. Warum sollen die ihr neues Antibiotikum nicht Stegamycin nennen? Klingt doch ganz gut.«

    Ich war ziemlich aufgeregt, wurde meiner Theorie immer sicherer.

    »Michael, schau dir um Gottes willen die Abbildung dazu an! Warum ausgerechnet eine Muschel? Laut Text gewinnen sie den Wirkstoff für Stegamycin aus dieser Muschel!«

    Michael las noch einmal den kurzen Werbetext.

    »Dann ist denen ja wirklich ein ziemlicher Klops passiert, das Zeug Stegamycin zu nennen.«

    »Ich glaube nicht an einen Klops, Michael. Wenn es diese Firma geben sollte, dürfte den Forschern dort der Unterschied zwischen einer Muschel und einem Pilz bekannt sein.«

    Die Sache war für einen Mediziner im Grunde leicht durchschaubar. Viele Antibiotika werden aus Pilzen gewonnen, deshalb die Silbe »mycin« in ihrem Namen, nach der lateinischen Bezeichnung Mycetes für Pilze. Eine Namenssilbe somit, die zu einer Pille, die angeblich aus einer Muschel gewonnen wird, absolut nicht paßt.

    »Dann laß uns einmal nach dieser ominösen Firma suchen«, sagte Michael, keine dieser superraffinierten Suchmaschinen fand die Pharmafirma mit dem revolutionären Bakterienkiller.

    Trotzdem war Michael noch nicht ganz von meiner geistigen Gesundheit überzeugt, und das zu Recht: Bis jetzt ging es nur um eine bisher unbekannte Pharmafirma ohne Internetpräsenz, die meine E-Mail-Adresse kannte und ihrem Produkt einen ziemlich irrwitzigen Namen gegeben hatte. Tatsächlich seltsam, aber auch nicht viel mehr.

    »Doch wie kommst du auf Celine? Da ist noch etwas, oder?«

    Da war tatsächlich noch etwas. Denn weder die unbekannte Pharmafirma noch der seltsame Name für das angebliche Antibiotikum hatten mein Interesse geweckt. Es war die Abbildung dieser Muschel, die mich sofort alarmiert hatte!

    »Diese Muschel heißt Cytherea meretrix, Michael. Und über diese Muschel weiß ich drei Sachen: Sie kommt aus der Südsee, man stellt keine Antibiotika aus ihr her, und ich habe vor zwei Jahren etwa hundert Stück davon für Celine im Spreewald vergraben! Da hat sie sie auch gefunden, gemeinsam mit Beate.«

    »Cytherea matrix?«

    »Cytherea meretrix. Stachelige Venusmuschel, fand ich für Celine ganz passend. Neben Miesmuscheln so ziemlich die einzige Muschel, die ich namentlich kenne.«

    Wahnsinnige sind manchmal zu erstaunlichen intellektuellen Leistungen fähig, aber trotzdem hatte Michael der komplizierte Name überzeugt. Außerdem wollte er sich überzeugen lassen, ging es doch um Celine.

    »Mensch, Felix! Du meinst wirklich, es wäre möglich? Ich werd' verrückt! Schmeiß das Bier weg! Champagner aufs Haus!«

    Es wurde eine lange Nacht, eine total überdrehte Nacht. Nach der ersten Flasche Champagner war auch Michael sicher, daß wir es mit einer Nachricht von Celine zu tun hatten. Wer sonst würde ausgerechnet auf diese Südseemuschel kommen, mit der uns eine gemeinsame Geschichte verband! Während verschiedene Dechiffrierungsprogramme über die E-Mail liefen, führten zwei nicht mehr ganz junge Männer eigenartige Ritualtänze in einem hochmodernen analytischen Labor auf, später verstärkt durch eine jüngere Frau: Michael hatte die gute Idee gehabt, Beate aus dem Bett zu telefonieren.

    »Dann nimm ein Taxi oder einen Hubschrauber, Beate. Das hier willst du nicht versäumen!«

    Nach einer guten Stunde allerdings machte sich Ernüchterung breit. Kein Entschlüsselungsprogramm hatte uns weitergebracht, wieder und wieder lasen wir den Werbetext der angeblichen Pharmafirma Alpha Pharmaceutics zu ihrem angeblichen Präparat Stegamycin. Plötzlich schlug sich Michael die Hand an die Stirn.

    »Gott, sind wir dämlich! Celine hat offensichtlich keine

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