Hundertundeine Nacht
Mitarbeitern, heute aber gab sie mir wortlos seine Unterlagen. Schnell fand ich, wonach ich suchte.
»Geburtsort: Samarra, Irak. Weißt du, wo das ist?«
Beate wußte es auch nicht. Erst am Abend fand ich den Ort zu Hause auf der großen Karte, mit der Celine und Heiner ihren Weg im Vorderen Orient geplant hatten. Samarra liegt etwa siebzig Kilometer südlich von Tikrid, Saddam Husseins Geburtsort und Stammsitz seines Clans, aus dem er seine zuverlässigsten Mitarbeiter rekrutiert.
Wie verhielt sich das im Irak? Waren siebzig Kilometer dort noch »unmittelbarer Einzugsbereich« oder schon »ganz weit weg«?
Bundesamt für Verfassungsschutz
Ref. IV, Vorgang Nr. 286-56
Zielperson: Dr. med. Felix Hoffmann
Aufgrund eines anonymen Hinweises und im Rahmen der von der Abteilung III daraufhin genehmigten Sondermaßnahmen wurden in der Wohnung der Zielpersonen zum Teil detailgenaue Angaben zur Herstellung von Explosionskörpern sowie von chemischen und bakteriologischen Waffen in erheblichem Umfang aufgefunden (Auflistung s. Anlage).
Eine Befragung der Nachbarn ergab keine konkreten weiterführenden Hinweise. Allgemein wurde jedoch über einen äußerst unregelmäßigen Tagesablauf der Zielperson berichtet, die regelmäßig ganze Nächte außerhalb der eigenen Wohnung (wo?) verbringt.
Die befragten Personen wurden zum Stillschweigen verpflichtet.
Beurteilung: Es kann nun als nachgewiesen gelten, daß sich die Zielperson aktiv mit der Vorbereitung von Anschlägen auf dem Gebiet der BRD beschäftigt. Aufgrund der bekannten Kontakte der Zielperson zu kurdischen Exilkreisen (s. Fotodokumentationen Waldfriedhof Zehlendorf) sind evtl. (auch?) Anschläge auf irakische Einrichtungen in der BRD geplant.
Weiteres Vorgehen: Die aufgefundenen Unterlagen weisen nicht darauf hin, daß ein Anschlag durch die Zielperson unmittelbar bevorsteht. Die Observierung der Zielperson wird fortgesetzt.
Querverweise: Zielperson Celine Ulrike Bergkamp, Zielperson Heiner Schmidt.
Anlagen: Liste der in der Wohnung der Zielperson aufgefundenen Unterlagen zur Herstellung von Explosionskörpern sowie von chemischen und bakteriologischen Waffen und Fotos. (Die Originalunterlagen wurden aus ermittlungstaktischen Gründen am Fundort belassen, wurden aber zwecks Beweissicherung fotografiert.)
Dies zu den Akten. (Unterschrift nicht lesbar.)
Handschriftliche Randbemerkung: Botschaft der Republik Irak in unmittelbarer Nähe von Wohnort des Verdächtigen!
ARD, Tagesschau
Ein Sprecher des Pentagon gab heute den Angriff von US-amerikanischen und britischen Kampfflugzeugen auf eine Militäreinrichtung im Norden des Irak, südlich des 36. Breitengrades, bekannt. Die Flugzeuge waren bei einer Routinepatrouille entlang der Flugverbotszone nördlich des 36. Breitengrades von irakischem Flugabwehr-Radar erfaßt worden. Nach Angaben des Pentagon wurde die irakische Militäreinrichtung dabei weitgehend zerstört, eigene Verluste habe es nicht gegeben.
Kapitel 21
Am nächsten Abend stellte sich unverhoffter Besuch bei mir ein. Tatsächlich wartete er bereits vor der Tür, als ich aus der Klinik nach Hause und entnervt die Treppe hoch kam. Es war wieder kein Parkplatz zu finden gewesen. Neuerdings war meine Lieblingslücke direkt vor dem Haus immer wieder von dem Werkstattwagen einer Sanitärfirma besetzt. Hatte meine Nachbarin ihre Liebe zum robusten Handwerkertypen entdeckt? Gut möglich, weil dieser Werkstattwagen in der Regel über Nacht blieb.
Bei mir aber handelte sich nicht um einen knackigen Handwerker, auch nicht um Damenbesuch. Zwei Herren standen vor meiner Tür. Beide Ende Zwanzig, beide im dunklen Anzug. Der eine war ein Schwarzer, der andere ein irischer Typ, rothaarig und mit Sommersprossen. Mir ging die Frage durch den Kopf, ob Schwarze Zutritt zur Religionsgemeinschaft der Mormonen haben. Und Iren? Bei Iren war ich mir nicht ganz sicher.
Was die beiden endgültig identifizierte, waren ihre Schuhe: Man konnte sich nicht nur in ihnen spiegeln, man konnte sich bestimmt mit ihrer Hilfe sogar rasieren. Also eindeutig amerikanisches Militär. Der Ire drückte es etwas anders aus.
»Wir kommen von der amerikanischen Regierung.«
Im Gegensatz zu Jablonske und Waldeck vom heimischen Verfassungsschutz sollte mir das als Legitimation reichen. Keine Ausweise, keine Dienstmarken.
»Können Sie das irgendwie belegen?«
»Sie können gerne unsere Botschaft anrufen.«
»Und den Kulturattaché verlangen, wie?«
Ich sparte mir den
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