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Hundsköpfe - Roman

Hundsköpfe - Roman

Titel: Hundsköpfe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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wenn er vorbeiraste. Als er das erste Mal vor vier Rhabarberburschen auf den Bauch fiel, war er sofort wieder auf den Beinen und fuchtelte so wild mit seiner Keule herum, daß sie zurückwichen. Schwarzerper, der Häßliche Leif, der Fette Hans und Schweinchenrot standen nun um ihn herum und versperrten die möglichen Fluchtwege:
    »Ganz ruhig«, sagte Schweinchenrot, »wir wollen nur mit dir reden.«
    »Wollt ihr nicht!« schrie Segelohr.
    »Wollen wir doch, Flitzer«, erwiderte Schwarzerper.
    Segelohr hatte eine derartige Situation bedacht. Er ging einen Schritt auf Schweinchenrot zu und hob drohend seine Keule, worauf das Schwein allerdings nicht zurückwich. Statt dessen heftete Schweinchenrot seinen Blick auf die Keule, bereit, einen Schlag zu parieren.
    »Ganz ruhig«, sagte der Häßliche Leif, als Segelohr anfing, die Keule zu schwingen.
    »Ganz ruhig«, wiederholte Schweinchenrot und wollte die Keule packen, eine Bewegung, die ihn im Schritt schutzlos werden ließ – genau wie es Segelohr vorhergesehen hatte.
    Als der Supersprinter eine Sekunde später davonraste und in der Straße verschwand, noch bevor der Häßliche Leif, Schwarzerper und der Fette Hans reagierten, lag Schweinchenrot zusammengekrümmt auf dem Fußweg, mit feuerrotem Kopf und dem Echo seines klingenden Glockenspiels in den Ohren. »Was für ein Schlag! Der hat’s dir aber gegeben, du fette Sau!« schrie Linda, die plötzlich am Ende der Straße erschien.
    Zu dieser Zeit kaufte Bjørk ihren zweihundertsten Arztroman. Askild nahm nach einer längeren Pause seine kubistische Malerei in der Diele wieder auf. Brüderchen Knut entfachte in seinem Eifer, mit den fernen Schiffen im Fjord zu kommunizieren, zum wiederholten Male kleine Feuer auf dem Fjäll über dem Haus, und eines Sonntags stand Anne Katrine im Laufstall auf und unternahm ihre ersten Schritte. Bjørk, die gerade Wäsche wusch, sah ihre Tochter plötzlich am Sofatisch stehen. Sie hatte die Hände in einem Aschenbecher und war dabei, auf einer Zigarettenkippe zu kauen.
    Mit einem Haufen Wäsche im Arm überlegte Bjørk einen kurzen Augenblick, ob sie das Mädchen loben sollte, weil sie laufen konnte, oder ausschimpfen, weil sie die Kippe in den Mund genommen hatte. Es war eine charakteristische Reaktion von Bjørk, deren Beziehung zu dem Kind unter den vielen Gedanken, die sie sich über Anne Katrine machte, gelitten hatte; dieses eine Mal jedoch blieb keine Zeit für Grübeleien, die Wäsche glitt ihr aus den Armen, und sie lief in die Diele, um Askild zu holen.
    »Was habe ich gesagt!« entfuhr es Askild, als er seine zigarettenkippenkauende Tochter sah. »Es ist doch alles in Ordnung mit Katrine! Sie ist nur nicht so schnell wie die anderen.«
    »Wie ist sie aus dem Laufstall gekommen?« fragte Bjørk leise und drückte sanft Askilds Arm.
    »Herausgesprungen. Wie ein Fohlen«, flüsterte Askild zurück, und so standen sie lange untergehakt da und betrachteten ihre Tochter – wie ein ganz normales Ehepaar, dachte Bjørk und bekam einen Kloß im Hals, bis Anne Katrine plötzlich eine Grimasse schnitt und die Zigarettenkippe auf den Boden spuckte, dann drehte sie sich um und sah ihre Mama und ihren Papa.
    »Tutilitut«, sagte Askild und winkte vorsichtig.
    »Sie kann gehen!« flüsterte er kurz darauf in den Telephonhörer dem konfusen Vater Niels zu, der vollkommen überrascht war, seine eigene Stimme zu hören, bis Mutter Randi dem Greis den Hörer entriß.
    »Es geht um Anne Katrine. Sie kann jetzt laufen«, erklärte Randi, als sie mit Vater Niels an der Hand die Treppen hinunter und dann durchs Rhabarberviertel ging, um sich das Wunder anzusehen.
    »Ingrid?« wollte Niels wissen.
    »Nein, du Dummkopf, Anne Katrine!« erklärte Randi noch einmal und guckte ihren Mann gereizt an, von dessen ehemaliger Größe nicht mehr viel übrig war. Heilige Jungfrau, die Jahre vergehen , dachte Randi und bemerkte einen kleinen blonden Jungen, der an der Straßenecke stand und in einem Mülleimer wühlte. Pfui, was für eine Gegend , dachte sie angewidert.
    Sie stieß Niels an, um das Tempo zu erhöhen, nur konnte sie ihren Blick nicht von dem Jungen abwenden, der nun ganz in den Mülleimer gekrochen war. Irgendwie kam er ihr bekannt vor. Sie war sicher, daß sie ihn schon einmal gesehen hatte, aber wo? dachte sie, und erst als der Junge fast gänzlich in der Abfalltonne verschwunden war, fiel es ihr ein, und sie ließ Vater Niels los und stürzte hinüber zu dem Jungen:
    »Pfui. Hör

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