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Hundsleben

Hundsleben

Titel: Hundsleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Förg
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bäuerliche Bevölkerung hier tut sich schwer mit
dieser Szene. Und hat doch nur den Schaden.«
    »Den Schaden?«, fragte Gerhard.
    »Sehen Sie, Herr Weinzirl, diese Gassigeher des Gutes
streunen hier überall rum. Oder aber es werden Autos fast konspirativ in
Waldwege gefahren, eine große Weide wird geentert und ab mit dem Vierbeiner.
Der rennt dann auch voller Begeisterung los, und weil Bewegung nun mal den Darm
erfreut, kackt Hundi mitten ins Feld. Sie weisen den Besitzer mal vorsichtig
drauf hin, dass da Tierfutter verunreinigt wird, und was hören Sie da?«
    Gerhard zuckte mit den Schultern.
    »Die Kühe kackten ja auch und außerdem seien da ja
nirgends Tüten.«
    »Ist es denn so schlimm, wenn die Hunde kacken?«,
fragte Gerhard.
    »Ad eins: Weiden sind Privatgrund! Kein Bauer führt
seine Kuh auf den Grund des ›Gut Sternthaler‹ und lässt sie da kacken! Ad zwei: Bei Rindern kommt hinzu, dass die Infektion mit dem ursächlichen Einzeller
Neospora caninum zu einer erhöhten Abortwahrscheinlichkeit führt. Für das Rind
gibt es zwei mögliche Infektionswege: vertikal von der Mutter auf die
Nachkommen oder horizontal übers Futter. Hunde sind sowohl Zwischen- als auch
Endwirt für Neospora caninum, und ihr Kot kann schuld sein, wenn Kühe
verwerfen. Ich sage: kann. Ein Hundehaufen ist tolerabel, aber an meiner
Weide und auch der meines Nachbarn geht regelrecht deren Kack-Rennstrecke
entlang. Und das schadet wirklich! Ich hatte zweimal Kühe, die jeweils im
dritten Monat verworfen haben. Der Nachbar drei. Ich lebe nicht davon, der
Nachbar aber schon.«
    »War da mit Frau Pfaffenbichler nicht zu reden?«,
fragte Gerhard nach einer kleinen Denkpause.
    »Nein, ich habe es im Guten versucht, dann mit
Drohungen. Sie verfolgt die Position, dass der Zusammenhang von Hundekot und
dem Abort bei Kühen nicht erwiesen sei. Dass nur Hunde zum Wirt werden, die
eine Nachgeburt vom Misthaufen gefressen haben. Na ja, ich bin Jurist und kein
Wissenschaftler oder Veterinär, aber ich sehe das Offensichtliche: Die Kühe
verwerfen, und schädliche Umwelteinflüsse sind hier sonst keine. Das hier ist
nicht Seveso.«
    Er sah zum Fenster hinaus, Gerhard folgte seinem
Blick. Der Schnee sank noch immer erdwärts – nein, das hier war eigentlich ein
Idyll.
    Herz seufzte. »Frau Pfaffenbichler forderte, dass wir
Kottütchen-Automaten aufstellen müssten. Ich bitte Sie: Das hier ist nicht der
Englische Garten, ich kann doch wohl erwarten, dass diese Gassigeher ihre Tüten
mitbringen, um die Hundekacke einzusammeln. Wie gesagt: Ich treib meine Kühe
auch nicht ins Gut und lass sie da hinscheißen. Und dann wäre so ein Fladen von
einem Vegetarier ja sogar noch gesund; was Hunde allerdings heute an
Scheißdreck in Dosen und Tüten zu fressen bekommen, ist das pure Grauen.
Überall ist Tiermehl drin, und da sind die Bauern natürlich seit BSE sensibilisiert. Über die Hundekacke
gerät tierisches Eiweiß wieder in den Futterkreislauf der Vegetarier.« Er
seufzte nochmals. »Es ist ein weites Feld, um mit dem guten alten Fontane zu
sprechen, und Frau Pfaffenbichler war da unbelehrbar.«
    Gerhard tat einen tiefen Schluck von seinem leichten
Weißbier. »Herr Herz, ich muss Sie das fragen. Wo waren Sie in der Nacht von
Mittwoch auf Donnerstag?«
    »Da, wo alle waren«, brummte Herz.
    »Das heißt?«, fragte Gerhard leicht genervt, der
diesen Herz ja eigentlich ganz sympathisch fand, aber solche kryptischen
Antworten hasste.
    »Es gab einen kleinen Weihnachtsmarkt im Dorf, der
dann in der Maschinenhalle der Eichers ausklang. Frau Eicher hatte Geburtstag.
Das hat inzwischen Tradition, ein paar Maschinen werden weggeschoben,
Heizstrahler aufgestellt, urgemütlich, das Ganze.«
    Gerhard horchte der Antwort hinterher.
Weihnachtsmarkt, Alt und Jung aus dem Weiler auf den Beinen. Wahrscheinlich
noch jede Menge Freunde und Verwandte aus den anderen Käffern hier in
Bayerisch-Sibirien: aus Resle, Schlatt, Fronreiten und wie das alles hier so
hieß.
    »Wie lang klang das denn so aus?«, fragte er.
    »Also ich bin um drei Uhr heim, ein paar Junge waren
aber sicher noch bis fünf, halb sechs auf. Die gehen dann direkt in den Stall.«
Herz lachte. »Bei dem Alkoholpegel müsste eigentlich die Milch sauer werden.«
    »Und Sie sind direkt heim?«, fragte Gerhard.
    Herz sah Gerhard an mit einem Blick, mit dem er
wahrscheinlich als Strafverteidiger den Richtern Eisschauer über den Rücken
getrieben hatte. »Ach so, Sie glauben, ich zwitscher ein paar

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