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Hundsleben

Hundsleben

Titel: Hundsleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Förg
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Ihr Mann?«
    »Der war von Mittwoch bis Freitag gar nicht da. Er kam
erst heute früh zurück. Er arbeitet bei Russler in der Spedition, er hatte eine
längere Fahrt.«
    »Wir würden dann mal kurz zu Ihrem Mann rübergehen«,
sagte Evi.
    »Tun Sie, was Sie nicht lassen können, und nehmen Sie
bloß keine Rücksicht darauf, dass ganz Urspring sich auf die Neuigkeit stürzt,
bei uns sei die Polizei gewesen.« Sie war so bitter und doch so kampfeslustig.
    »Frau Angerer, ich glaube, dazu müssen wir nicht zum
Wirt, die Vorhänge an beiden Nachbarhäusern ruckten vorhin zur Seite«, sagte
Gerhard.
    Sandra Angerer sah ihn überrascht an, wirklich
überrascht.
    Sie verabschiedeten sich. »Du hast sie aus dem Konzept
gebracht, sie hätte dir wohl nicht zugetraut, dass du die Augen überall hast«,
lächelte Evi.
    »Da siehst du mal, wie verkannt ich bin. Also auf zu
Arthur!«
    Die Wirtschaft Drei Mohren war wenige Schritte
entfernt. Am Stammtisch saßen nur noch drei Männer, die anderen waren
wahrscheinlich am heimischen Mittagstisch. Es war einfach, Arthur Angerer zu
erkennen, die beiden anderen Herren waren in den Siebzigern.
    »Griaß Gott mitanand, kunnt i den Herrn Angerer amol
sprecha?« So hart an der Ostallgäuer Grenze verlegte sich Gerhard aufs
Allgäuerische.
    Sie begaben sich an einen weiter entfernten Tisch, und
Arthur Angerer stand auf, stellte sein halb ausgetrunkenes dunkles Weißbier auf
ihrem Tisch ab und sah die beiden abwartend an.
    »Setzen Sie sich doch bitte«, sagte Evi.
    Arthur Angerer war schwer zu schätzen. Er konnte Mitte
dreißig oder Ende vierzig sein. Er war ein attraktiver Mann, groß, muskulös,
mit einem sympathischen Gesicht.
    Evi lächelte ihn an. »Ich nehme an, dass Sie von Frau
Pfaffenbichlers Tod wissen und vom Frevel an diesen armen Hunden.«
    Er nickte.
    »Und Sie können sich vorstellen, warum wir da sind?«,
fragte Gerhard.
    Angerer seufzte, trank sein Weißbier aus, machte dem
Wirt ein Zeichen. Er wirkte wie jemand, der eigentlich gerade seinen
wohlverdienten Feierabend genoss, und nun kam ausgerechnet ungebetener Besuch.
»Ja, Sie glauben, wir haben die Hunde erhängt und Frau Pfaffenbichler ermordet,
weil wir sie hassen. Ich hass sie aber nicht mal, ich glaube einfach an
Gerechtigkeit.« Er nahm einen ordentlichen Zug von seinem nächsten Weißbier.
»Wobei mir die letzten Jahre den Glauben an Gerechtigkeit ein wenig schwer
gemacht haben. Den Glauben generell.«
    »Herr Angerer, Ihre Frau ist da aber etwas offensiver,
oder?«, sagte Evi.
    Er lächelte. »Sandra war immer schon sehr schnell auf
der Palme, sie war immer die, die keiner Konfrontation aus dem Weg gegangen
ist. Sie hat für ihr Recht, das Recht überhaupt, gekämpft. Sie hat auch mal an
Gerechtigkeit geglaubt. Das ist noch gar nicht so lange her.«
    Es lag so viel in diesen schlichten Worten. Recht war
nicht Gerechtigkeit, und umgekehrt wurde aus diesen Worten auch kein schönes
Paar. In dieser Welt nicht mehr. In Sandra Angerers schon gar nicht.
    »Ihre Frau hatte kein sonderlich gutes Verhältnis zu
Ihrer verstorbenen Frau Mutter?«, fragte Evi.
    »Die beiden waren sich zu ähnlich. Immer mit dem Kopf
durch die Wand!« In seinen Worten lag so was wie Resignation.
    »Ihre Frau mutmaßt, dass Ihre Mutter eigentlich nur
sie hatte treffen wollen.« Evi sah in fragend an.
    »Ja, das glaubt Sandra. Aber das stimmt so nicht.
Anfangs war meine Mutter mit meiner Wahl nicht einverstanden. Sandra war aus
Peiting …«
    »Ja und?«, unterbrach Evi ihn. »Eine Peitingerin ist
ja wohl kaum eine Exotin, oder?«
    »Oh doch, Peiting ist sehr weit weg. Peiting ist in
den Augen vieler zu proletarisch, meine Mutter hätte da ein Mädchen aus
Lechbruck im Auge gehabt. Lechbrucker Prominenz.« Er lachte kurz auf. »Sie
hatte durchaus auch mit mir Probleme. Ich habe mich nie angemessen verhalten.
Ich arbeite eigentlich in der Geschäftsleitung, aber ab und zu fahre ich
selber. So wie die letzten Tage, weil ein Fahrer ausgefallen war. Da waren sich
Sandra und meine Mutter sogar sehr einig, dass das für einen Mann in leitender
Stellung nicht geht. Nein, meine Mutter mochte Sandra dann doch für ihr
zupackendes Wesen. Das mit dem behinderten Enkelkind hat sie aus der Bahn
geworfen. Aber sehen Sie, sie litt unter einer beginnenden Demenz, so ernst
durfte man das nicht mehr nehmen. Sie hätte uns nicht enterbt. Diese Pfaffenbichlerin
hat sie eingewickelt.« Er machte wieder eine Pause. »Ich hätte mich am Ende
mehr um meine Mutter

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