Hundsleben
kümmern müssen, aber der Job, das Kind, die Zeit rennt ja
nur so dahin.«
Sie nahmen alle einen Schluck von ihren Getränken. Ja,
die Zeit rannte, galoppierte, war auf der Flucht. Es war schon wieder
Weihnachten.
»Herr Angerer, Sie waren also nachweislich nicht da?«,
fragte Evi.
»Ja, Sie können gerne in der Firma anrufen. Ich hatte
eine Fahrt an die polnische Grenze.«
»Aber Ihre Frau war da?«
»Ja, und die erhängt keine Hunde. Sie hat panische
Angst vor Hunden. Wurde als Kind mal sehr böse von einem Schäferhund verletzt.
Sie hätte sich nicht mal in die Nähe der Viecher gewagt. War’s das dann? Ich
würde gerne heimgehen, die Kleine wird gleich wach werden, und ich würde meine
Frau gerne entlasten.«
»Ja, danke für Ihre Zeit«, sagte Evi. Sie sahen ihm
nach, wie er zum Tresen ging, Geld hinlegte und das Lokal verließ. Die beiden
Stammtischbrüder begannen eilfertig ein Gespräch, Gerhard war sich sicher, dass
sie die Lauscherchen aufgestellt hatten – groß wie die Schüsseln in Raisting.
»Tja, klingt alles irgendwie logisch, oder?«, sagte
Evi.
»Ja, sehr logisch und tragisch und irgendwie
sympathisch. Und wir lassen das Gehörte sich erst mal setzen. Jetzt aber auf
zur Wies, das soll heute unser vorweihnachtlicher Ausflug zu den
Kirchenschönheiten der Umgebung werden. Drei Kirchen am Tag!« Gerhard grinste.
Gerhard fuhr, Evi rief derweil Melanie an, die sich
über die drei jungen Herren informiert hatte. Sie bekamen genaue Adressen und
die Botschaft mit auf den Weg, dass auf den Vater von Luggi, ebenfalls einen
Mann mit Namen Ludwig, ein Pick-up zugelassen war. Ein Mazda B50.
»Da schau her!«, rief Gerhard.
Es war schon elf Uhr, als Reiber an diesem Samstag in
sein Büro kam. Er hatte im Café Einstein gefrühstückt. Hier »Unter den Linden«
war es immer hoch interessant, Leute anzugucken. Wer redete mit wem? Wer grüßte
wen? Berliner Prominenz und ein paar Touris bunt gemischt. Reiber orderte wie
immer ein Club-Sandwich und nickte dem Besitzer kurz zu. Der, wie die Legende
besagte, Kabinettschef bei Honecker gewesen sei.
Als er sein Büro berat, hatte das Fax schon einige
Seiten ausgespuckt. Er fuhr den Computer hoch, eine Mail von »Falentin Feit«
besagte, dass er das Wesentliche durchgefaxt habe. Guter Mann, schnell,
präzise, und das als Bayer, dachte Reiber. Er sortierte die Blätter, und auf
einmal war die ganze Geschichte wieder präsent. Diese Roswitha Maurer hatte im
Internet einen dringenden Appell an alle Tierfreunde gelesen, sich als Flugpate
zur Verfügung zu stellen. Sie hatten sich damals schlaugemacht: Tiere dürfen
nicht ohne Begleitung transportiert werden – nur wenn ein Passagier bereit ist,
Flugpate zu sein, darf ein Tier ausreisen. Die Faxsendung des Kollegen enthielt
auch den Aufruf, den sie sich damals aus dem Internet ausgedruckt hatten.
Liebe Tierfreunde!
Tierschutz ist mein Leben! Er kostet Sie keinen
Cent; Sie geben an, wann und mit welcher Maschine Sie fliegen. Hund oder Katze
sind bereits in der Transportbox und werden von den Tierschützern an den
Flughafen gebracht. Das Tier wird in Deutschland direkt am Flughafen von
Tierschützern unserer Organisation abgeholt oder gleich von den neuen
Besitzern. Sie helfen einer ungewollten Kreatur, die nun eine Chance hat! Natürlich
kann man das Elend vor Ort nicht stoppen, aber jedes gerettete Tier ist doch
ein Gewinn, liebe Tierfreunde. Und jeder Einzelne kann noch mehr tun,
beispielsweise auch, indem er Reiseländer boykottiert und Reiseveranstalter auf
Missstände aufmerksam macht. Das hilft durchaus, auch kleine Puzzlesteine
ergeben am Ende ein Bild. Ein Wort von Lincoln möchte ich Ihnen mit auf den Weg
geben: »Ich bin für die Rechte der Tiere genauso wie für die Menschenrechte.
Denn das erst macht den ganzen Menschen aus.«
Kontaktieren Sie uns!
Ihre Silvi de Vries
Eine Adresse folgte, Telefonnummern, eine
E-Mail-Adresse – alles von »Sternenhunde – Wir retten Hundeleben«.
Silvi de Vries, genau, er konnte sich noch erinnern.
Diesen Namen hatte Roswitha Maurer der Polizei genannt. Mit dieser Dame hatte
sie telefoniert, bevor sie sich als Flugpatin zur Verfügung gestellt hatte. An
Bulgariens Goldküste war sie gewesen. Als man sie aufhielt mit der Hundebox,
war sie aus allen Wolken gefallen. Am Flughafen sollte eigentlich eine Dame aus
Bayern stehen, die den Hund abholen sollte, mehr hatte Frau Maurer nicht
gewusst. Diese Abholerin war allerdings nie aufgetaucht. Sie hatte
wahrscheinlich
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