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Hundsleben

Hundsleben

Titel: Hundsleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Förg
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wenn Sie was haben. Und dann ab ins Wochenende, Sie haben sich
schon genug verdient gemacht.« Er zwinkerte ihr zu. An Evi gewandt sagte er: »So, und wir zwei Hübschen besuchen jetzt mal Familie Angerer. Die wo wohnt?«
    »Urspring, ich hab’s Ihnen aufgeschrieben«, sagte
Melanie.
    »Schon wieder hinaus ins unwirtliche Sibirien.«
Gerhard warf einen Blick auf Evis Halbschuhe. »Dein urbanes Schuhwerk solltest
du hierlassen, da draußen herrscht Väterchen Frost. Da liegt Schnee, auch wenn
du dir das mit deiner fränkischen Seele nicht vorstellen kannst.«
    »Okay, wir brauchen den Schneeschieber bloß einmal im
Winter, das stimmt. Und bei uns ist alles geteert, wir brauchen keinen Schnee
wie ihr, der den Dreck zudeckt.« Evi streckte ihm die Zunge raus. »So, also: Ich
habe Bergschuhe hier im Schrank. Wären die genehm?« Evi war die üblichen
Schmähreden ihre Heimat betreffend gewohnt. Sie sparte sich auch die Bemerkung,
dass ausgerechnet ein Allgäuer am wenigsten über Franken zu lästern habe.
    Wie Gerhard angekündigt hatte, kam der Schnee schon in
Hohenpeißenberg. Um Evi landschaftlich was zu bieten, fuhr er von Rottenbuch
über Ilgen nach Steingaden. Ein Zickzackkurs, gut, um ein bisschen
nachzudenken.
    Evi sah ihn von der Seite an. »Du hast noch gar nichts
gesagt?«
    »Was gesagt?«, fragte Gerhard.
    »Na, dass du Hunger hast.«
    »Ich habe immer Hunger, das ist ja kaum der Erwähnung
wert.« Gerhard sah auf die Uhr im Auto. Für Mittagessen war es noch etwas früh.
»Ja, so ein Frühschoppen«, seufzte er.
    »Ja los, iss deine erbärmlichen Weißwürste. Diese
weißliche Masse in Darm gepresst. Diese aus einer Not geborene Spezialität.
Igitt! Und wenn du es genau wissen willst: Weder Allgäuer noch Oberbayern
können Wurst machen, das können nur die Franken. Gegen eine schöne grobe
fränkische Brodworschd, wo man überdies auch sieht, was drin ist, kann nichts
sonst ankommen. Und die besten gibt’s in der Kohlenmühle, weil sie vom Rösch
sind! Aber du bist eh ein Ignorant.«
    »Sagt mir die Vegetarierin!«
    »Ich war nicht immer Vegetarierin. Also, du hast doch
sicher schon recherchiert, wo man in Steingaden der Fleischeslust frönen kann.«
Evi sah ihn herausfordernd an.
    Und so landete Gerhard schon wieder beim Graf, hatte
erneut das Gefühl wohliger Gelassenheit, während Evi sich die Füße vertrat. Sie
kam mit perfektem Timing wieder, als er gerade die Rechnung bezahlt hatte.
    »Schön, der Ort. Ich war noch nie in Steingaden. Es
gäbe so viel zu sehen, in der nächsten Umgebung. Wenn wir bloß mehr Zeit
hätten.« Evi seufzte. »Diese Doppeltürme, der Friedhof mit den Schneehauben.
Diese Erdigkeit der Romanik, wirklich schön.«
    Gerhard enthielt sich jeglichen Kommentars, Kultur war
nicht seine Domäne.
    Sie verließen Steingaden, passierten einen riesigen
Industriebau und bogen dann rechts ab nach Urspring. Die Angerers wohnten bei
der Kirche; Evi bestand darauf, hineinzugehen. Gerhard folgte ihr murrend und
fand sich unter einer schlichten Kassettenholzdecke wieder. Es war friedlich
hier drin und still. Es roch nach Weihrauch und Tannenzweigen. Es roch nach
Weihnachten. Keine Zeit für Tote. Dieses ganze Urspring war zudem ein
überdimensionaler Weihnachtskalender. Vierundzwanzig Dorfbewohner hatten
Adventsfenster gestaltet. Auch die Angerers. Sie hatten eine alte Puppenstube
weihnachtlich dekoriert. Vor dem Weihnachtsbaum saß ein Hund, der größenmäßig
irgendwie nicht dazu passte. Er maß fast die halbe Höhe des Baums, war groß wie
der Tisch.
    Gerhard läutete. Eine Frau öffnete. Sie war vielleicht
Mitte dreißig, sie sah müde aus. Aber da war etwas in ihren grauen Augen, das
Gerhard sofort in den Bann zog und gleichzeitig vorsichtig sein ließ. Gerhard
stellte sich und Evi vor, nannte sein Anliegen.
    »Ja gut, kommen Sie rein. Aber seien Sie leise, die
Kleine schläft.«
    Sie wurden in ein Wohnzimmer geführt. Schrankwand in
modern, aber zeitlos. Couchgarnitur in dezentem Blau, Spielzeug lag herum, die
Samstagszeitung war aufgeschlagen. Der Lokalteil: »Bekannte Tierschützerin in
Berlin ermordet«.
    »Ich sehe, Sie lesen gerade vom Tod Ihrer
Arbeitgeberin.« Gerhard hielt sich nicht lange auf. Wozu auch?
    Sandra Angerer sagte nichts, sah ihn nur abwartend an.
    »Sie haben auf dem Gut geputzt?«, fiel Evi ein.
    »Ja, auch mit Putzen erwirtschaftetes Geld stinkt
nicht, Frau Kommissarin.« Sandra Angerer signalisierte Feindseligkeit.
    »Oh, über die Wertschätzung gewisser

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