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Hundsleben

Hundsleben

Titel: Hundsleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Förg
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Arsch. So wie deiner.« Gerhard
grinste.
    »Depp!« Evi schüttelte missbilligend den Kopf.
    Familie Eicher hatte gerade das Mittagessen beendet.
Frau Eicher war eine mütterliche Matrone, die älter wirkte als ihr Mann. Seppi
war ein großer drahtiger Junge, den man auch auf achtzehn hätte schätzen
können. Er kam sehr nach dem zähen, schmalen Vater. Mama und Papa Eicher waren
ziemlich alt für einen fünfzehnjährigen Sohn. Sie wären natürlich nicht zu alt
gewesen, wenn sie in großstädtischen Akademikerkreisen gelebt hätten, wo Frauen
kurz vor dem Klimakterium schwanger wurden und Männer vor der Familiengründung
auf die dritte Million warteten. Hier draußen aber, wo Mädchen mit zwanzig
schon das zweite Kind vom zweiten Vater bekamen, weil sich anscheinend die
Entwicklung der Pille noch nicht bis hinter die Wies durchgesprochen hatte,
waren das alte Eltern.
    Du wirst auch immer zynischer, dachte Gerhard noch und
lehnte erst mal ab, noch etwas zu essen.
    »Herr Eicher, wir müssten mit Seppi reden, und Sie
können gerne dabei sein, zumal Ihr Sohn ja erst fünfzehn ist.«
    Frau Eicher räumte ab und verschwand in die Küche.
Seppi hatte ein trotziges Gesicht aufgesetzt.
    »Seppi, es ist gar nicht gut, dass ihr das kleine
Weihnachtsfeschtle verlassen habt. Du, der Beni und der Luggi!«
    »Des isch it verboten«, rotzte ihm der Junge hin, der einen
brummigen Dialekt sprach. Im Gegensatz zu seinem Vater, der sich meist bemühte,
angesichts der Staatsmacht hochdeutsch zu sprechen, es sei denn, er war zu
aufgeregt.
    »Nein, aber wenn man mitten in der Nacht beim Gut war,
dann ist das sehr wohl verboten. Wenn man aber im Gut war, erst recht.
Du hast die Karte von deinem Vater geklaut. Stimmt’s?«
    »Ja, du Leffel, du Rotzleffel … Stimmt des?« Eicher
starrte seinen Sohn an.
    Gerhard stoppte Eicher mit einem Blick. »Seppi, was
habt ihr im Gut gemacht? Mitten in der Nacht, zwischen zwölf und zwei Uhr etwa!
Was?«
    »Nix.«
    »Aber ihr wart dort?«, fiel Evi nun ein.
    Seppi schwieg.
    »Ihr wart dort«, sagte Gerhard mit Drohen in der
Stimme. Nun musste er pokern. »Man hat euch gesehen. Also?«
    Seppi schwieg.
    »Seppi, das bringt doch alles nichts. Wieso sind da
überall eure Fußspuren?« Das war natürlich frech, hoffentlich schaute der
Eicher-Bub nicht ständig » CSI «, um
zu wissen, dass ohne Vergleichsprobe diese Behauptung natürlich totaler
Schmarrn war.
    Eicher reagierte. »Ja, jetzt red, du Leffel. Bisch du
in der Nacht ins Gut?«
    Seppi nickte unmerklich, den Blick auf den schrundigen
Holztisch gerichtet.
    »Ja, Kruzifix, was habts da wollen?«, schimpfte
Eicher.
    Wieder Schweigen.
    »Seppi, ihr habt den Pick-up von Luggis Vater in den
Wald gefahren. Das ist nicht gut! Ihr seid über die Mauer. Das ist auch nicht
gut. Und dass ihr die Hunde aufgehängt habt, das ist erst recht nicht gut!«
Gerhard sah ihn bitterböse an.
    Vater und Sohn rissen die Köpfe hoch. Seppi war den
Tränen nahe.
    »Aber des warn mir it, des warn mir it. Mir sind über
koi Mauer, mir sind vorne rum.« Er brach ab, völlig konsterniert.
    »Seppi, du gibst also zu, dass ihr drin wart?«, fragte
Evi sehr freundlich.
    »Ja.«
    »Um was zu tun?«
    »Mir wolltet mit Sprühflaschen aufsprühen, dass die
alte Pfaffenbichler abhauen soll. Aber …« Nun weinte er.
    »Aber was?« Evi sprach leise und legte Seppi die Hand
auf den Arm. »Seppi, was ist passiert?«
    In dem Moment ging die Tür auf. »Ist der Seppi da?«,
polterte eine Stimme. »Mir …«
    Im Türrahmen standen zwei junge Männer, einer drehte
auf dem Absatz um und rannte über den Gang. Gerhard reagierte augenblicklich,
er packte den anderen am Ärmel und zerrte ihn in die Stube.
    »Du bleibst da sitzen! Evi, mach notfalls von deiner
Waffe Gebrauch.« Das klang beeindruckend.
    Dann spurtete er dem anderen Jungen hinterher, der in
einen schwarzen Audi A4 gehechtet war. Oh nein, nicht auch noch das! Eine
Verfolgungsjagd durchs winterliche Sibirien. Warum waren diese jungen Kerle nur
so unbeherrscht? Und so blöd zu glauben, sie könnten der Polizei entkommen?
Gerhard jagte hinterher, der Junge schoss die Straße Richtung Gut hinunter. Er
schlingerte, fing den Wagen ab und donnerte über das gewundene Sträßchen, das
schon im trockenen Hochsommer eine solche Geschwindigkeit nicht vertrug. Ein
idyllischer Moorweiher flog als Zerrbild vorbei, der Junge trudelte nach rechts
weg, wo ein zerbeultes Schild, »Resle«, hing. Der Weg führte bergab, dann
wieder bergauf, links

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