Hundsleben
Als sie
reinkamen, flüsterten Beni und Seppi miteinander. Angesichts von Luggi hellten
sich ihre Mienen auf. Das war der Chef, ganz klar, und der musste es jetzt
richten.
Gerhard schaute sich die Jungs der Reihe nach nochmals
an. Den hageren Seppi, der immer noch den Blick auf die Tischkante gerichtet
hatte. Dann Benedikt oder Beni, der Beschreibung von Herz nach »ein hübscher
Junge«. Das traf es aber nur unzureichend. Wenn Brad Pitt einen kleinen Bruder
hätte, dann würde er wohl aussehen wie dieser Beni. Gerhard sah ja wenige
Filme, aber »Rendezvous mit Joe Black« hatte er gesehen, irgendwann als
hundertste Wiederholung in einer schlaflosen Nacht. Der Junge sah aus wie
Pretty Brady in diesem Film, nur war er etwas größer und hatte lockigeres
braunes Haar.
Eicher hatte Bier auf den Tisch gestellt, die Jungs
waren unsicher, ob sie zugreifen durften. Evi würde ihn hinterher wieder rügen
und ihm böse Vorhaltungen machen, dass man so keine polizeiliche Befragung
durchzuführen hatte. Dass Bier generell ein Teufelszeug … na ja, die ganze
Leier eben. Sie hatte natürlich recht, aber mit der Beherrschung des Regelwerks
kam man in Gegenden wie dieser nicht weiter!
»So, Beni und Luggi. Euer Freund Seppi hat uns gerade
erzählt, dass ihr in der Nacht auf dem Gut wart, angeblich, um Parolen
aufzusprühen. Was ich bloß nicht versteh: Seppi sagt, ihr wärt vorne rum, aber
woher kam denn dann der Pick-up mit den Galgen, an denen die armen Hunde
hingen? Du lernst doch Zimmerer, Beni. Ist da Galgenbau auch mit dabei?«
Beni starrte Gerhard an. Dann Seppi. Dann Luggi.
»Waren das zu viele Fragen auf einmal für dich? Also,
warum wart ihr auf dem Gut? Wer hat den Pick-up gefahren? Luggis Vater hat doch
einen.« Gerhard sah von einem zum anderen.
»Ach Scheiße!«, stöhnte Beni.
»Ja, Scheiße. Genau, Beni. Sehr gut erkannt. Es ist
eine ziemliche Scheiße, in der ihr da steckt! Hunde erhängen ist kein witziger
Joke, um der alten Pfaffenbichlerin mal eins auszuwischen.«
»Des warn mit it«, sagte Seppi.
»Aha, und wer war es dann?«, fragte Gerhard. »Beni,
ich warne dich. Ich glaube kaum, dass ein Lehrherr einen Vorbestraften
ausbilden will.« Evi trat ihm unter dem Tisch auf den Fuß. Okay, das war
gemein, aber wirksam.
»Die anderen. Die Männer mit den Masken!« Luggi hatte
sich eingeschaltet. Er wirkte relativ gelassen. Im Gegensatz zu Beni, der recht
nah am Wasser gebaut hatte.
»Was kommt denn jetzt für eine Räuberpistole? Der Mann
mit der Maske, oder was? He, Jungs, das ist kein Videospiel!«, polterte
Gerhard.
Eicher hatte die ganze Zeit geschwiegen. »Es
Saukrippl, jetzt reds endlich!«, rief er.
Evi lächelte die Jungs an. »Es wäre wirklich an der
Zeit, dass ihr mal mit der Wahrheit rausrückt. So schlimm kann’s doch gar nicht
sein.«
Die Große-Schwester-Nummer, Gerhard musste in sich
hineingrinsen und maulte hinterher: »Also, wird’s bald?«
Seppi atmete tief durch, warf seinem Vater einen Blick
zu und begann: »Also i hob die Türschlosskarte gnomma …«
»Ja, du Leffel, du …«, rief Eicher.
»Lassen Sie es gut sein, Herr Eicher«, sagte Evi.
»Also, Seppi, weiter!«
»Mir wolltet in der Nacht da nei und wolltet mit
Sprühflascha des Haus asprüha. Dass sie wegsoll, dass mir it wollet, dass dia
Hund überall rumscheißen, dass des ganze Schauspielervolk do wegsoll.«
»Und ihr seid durch den Vordereingang?«, vergewisserte
sich Evi.
»Ja, wenn ma sofort nach dem Tor nach rechts abbiagt
und ganz dicht an der Wand entlanggoht, dann kummt ma an dene Kameras vorbei«,
erklärte Seppi.
Eicher gab eine Art japsendes Geräusch von sich, Evi
hob beschwichtigend die Hand. »Gut, Seppi, und dann?«
»Mir sind do a Stück an der Mauer entlang, und dann
homm mir bei dene Hund Lichter gsehen. Taschenlampen und so.«
»Ja genau«, sagte Luggi.
»Ja, und weiter, Himmel nochmals!«
»Da waren drei Männer mit Masken.« Luggi klang jetzt
zum ersten Mal nicht mehr so souverän. »Die haben Galgen aufgestellt. Wir haben
erst gar nicht kapiert, was die da wollen.« Luggi schluckte schwer.
Gerhard und Evi sagten nichts, Eicher bekreuzigte sich
fast unmerklich in Richtung des Kruzifixes, das im Herrgottswinkel hing.
Luggi fuhr fort: »Sie haben die Hunde genommen und an
die Galgen gehängt.«
»Luggi.« Evi lächelte ihn aufmunternd an. »Du sagst
›genommen‹?«
»Ja, die müssen entweder schon tot gewesen sein oder
betäubt oder so«, sagte der.
»Okay, und dann?«, fragte
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