Hundsleben
Reiber.
»Na ja, Hotel … ›Die Post‹ oder ›Die Sonne‹«, sagte
Evi.
»Muss kein Hilton sein, Bett genügt. Ich kann ja kurz
einchecken und komm dann zu diesem Toni?«
»Perfekt.« Evi überlegte kurz. »Wir müssen Jo anrufen,
das ist doch mal ‘ne Überraschung, dass Herr Reiber hier ist. Wo Sie sich doch
in Berlin schon getroffen haben.«
»Na, ich weiß nicht.« Gerhard verzog das Gesicht.
»Ich teile die Bedenken. Aber wenn wir Frau
Kennerknecht von Anfang an klarmachen, dass wir nicht über
Ermittlungsergebnisse reden, dann wird’s schon gehen. Und bedenken Sie,
Weinzirl, was los ist, wenn sie mitbekommt, dass wir drei hier gegessen haben –
ohne sie!« Reiber lachte.
Er hatte das so lässig dahingesagt, und doch war
Gerhard irgendwie alarmiert. »Ja gut, von mir aus ruf an, Evi.«
»Wir könnten sie doch gleich mitnehmen. Sie wohnt ja
fast auf dem Weg«, meinte Evi.
»Und wie kommt sie dann heim?«, fragte Gerhard.
»Ich kann sie doch fahren«, sagte Evi.
»Oder ich, ich trinke auch keinen Alkohol«, sagte
Reiber.
Gerhard sparte es sich, zu sagen, dass es ziemlich
schwachsinnig wäre, von Toni erst nach Echelsbach zu fahren, wenn man ein Bett
in der »Post« oder der »Sonne« hatte. In fußläufiger Entfernung! Es sei denn,
man würde gerne fahren. Man wollte fahren und einer Einladung zum Kaffee
folgen. Gerhard fand Reiber vielleicht doch nicht so sympathisch.
»Machen Sie doch, wie Sie wollen«, sagte Reiber
fröhlich. »Ich such mir ein Zimmer, habe ein paar Telefonate zu erledigen, und
wir treffen uns dann um halb acht bei diesem Toni?«
Er wartete die Antwort erst gar nicht ab. Stieg ein,
wendete und fuhr davon. Er tippte eine Nummer.
Jo hörte die Pippi-Langstrumpf-Melodie gerade noch.
Sie war dabei gewesen, Getränkekisten zu schleppen, schließlich sollte ja
morgen Weihnachten für Erwachsene steigen. Leicht genervt und außer Atem ging
sie dran.
»Kennerknecht!«
»Schöne Frau, Sie klingen aber unwirsch!« Reiber
lachte.
Jos Herz raste plötzlich, und das war nicht das
direkte Ergebnis des Kistenschleppens. »Volker!«
»Was würdest du jetzt davon halten, mit mir essen zu
gehen?«
»Würde ich gerne, aber die Fahrt nach Berlin zieht
sich etwas hin. Bis zum Frühstück könnt ich es schaffen.«
»Hm«, machte Reiber. »Und Peißenberg?«
»Was, Peißenberg?«
»Würdest du in Peißenberg mit mir essen gehen?«
Jo hatte eine Schrecksekunde. »Bist du hier?«
»Ja, und ehrlich gesagt, wollte ich dich vorwarnen.
Ich nehme mal an, dass Evi und Gerhard gleich bei dir sind und dich abholen.
Sie werden mich dann wohl als Überraschungsgast präsentieren wollen. Aber
vielleicht stehst du – wie auch ich – nicht auf solche Überraschungseier. Gib
dich halt bitte verblüfft, wenn wir uns in circa fünfundvierzig Minuten sehen.
Ich freu mich, ich …«
Klick, das Netz war augenscheinlich weg. Jo starrte
ihr Handy an. Na, die waren lustig. Ihr Herz raste. Dann ging es wieder los: »Zwei mal drei macht acht, widewide…«
»Ja!«
»Hi, Evi hier, wir holen dich in zehn Minuten zum
Essen ab. Bis gleich.« Sie wollte schon wieder auflegen.
»He, spinnt ihr! Ich bin noch in Stallklamotten!«,
rief Jo.
»Ja, zieh dich um, hurtig!« Evi legte auf.
Zum Duschen und Haarewaschen war keine Zeit mehr. Also
irgendeine Spange ins Haar gefummelt, Puder, Wimperntusche. Labello mit
Roséschimmer. Nachdem sie sich zweimal fast zu Tode gestürzt hatte, weil sie
ständig über Bianchi und Frau Mümmelmeier stolperte, gelang es ihr, bis zum
Kleiderschrank vorzudringen. Andere Jeans, Bluse, Norwegerpulli drüber. Fertig.
Das Auto fuhr vor. Gerhard blieb sitzen, Evi pumperte an der Tür. Sie war ja so
was von gut gelaunt.
»Hallöchen, wir wollten dich zu Toni mitnehmen.
Einzige Bedingung: keine Fragen über den aktuellen Fall. Ich fahr dich auch
wieder heim.«
»Gut, dass ich so ein spontaner Mensch bin«, grinste
Jo, fragte natürlich doch nach dem Fall, erhielt keine Antwort und fand, dass
Gerhard mal wieder ziemlich missmutig war.
»Dich kann man echt nicht haben, solange deine Fälle
nicht geklärt sind. Jetzt lach mal, Weinzirl, oder such dir ‘nen anderen Job!«
Das sollte lustig klingen, was es aber nicht tat. Gerhard aber erwiderte nicht
mal was.
Als sie bei Toni einliefen, gab es erst mal Medizin,
namentlich Ouzo – Tonis Therapeutikum gegen alles. Sie stöberten in der Karte,
als die Tür aufging. Es war Reiber, und obgleich Jo wusste, dass er kommen
würde, hatte sie
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