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Hundstage

Hundstage

Titel: Hundstage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Kempowski
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anvertrauen, daß sein erstes Buch doch immer noch sein bestes sei, wieder andere behaupteten, ihn von der Schule her zu kennen, oder, was schlimmer war, aus der Gefangenschaft. Vereinnahmende Menschen drängten sich an ihn, die das Bedürfnis artikulierten, sich für seine Bücher zu bedanken. Und eine Bitte habe er, sagte ein junger Mann mit nagelneuem Ehering: «Machen Sie so weiter.» Zwei oder drei Gestalten standen im Hintergrund, die ließen erst alles vorbei, die würden mit Bitterem kommen, wieso er sich nicht um die Farbigen kümmert in Afrika, und ob er wirklich glaubt, daß sich die Jugend für ihn interessiert?

    An diesem Abend, als sich der Laden schon geleert hatte, war es der Kamerad Lehmann, mit dem zusammen er in russischer Gefangenschaft gewesen war, der sich hier jetzt zu Besonderem bereithielt. Dieser sternenkundige Mensch hatte ihm hinter Stacheldraht das Weltall erklärt, den Kleinen und den Großen Wagen, den Orion und den Sirius im Sternbild des Hundes. Mit seinem Leben war er nicht zurechtgekommen, er hatte sich zunächst im Heimkehrerverband betätigt, dann Zuchtperlen verkauft, war schließlich «verbeamtet» worden und saß nun auf einem Arbeitsamt und wartete auf seine Pensionierung. Lehmann, der ihn ostentativ duzte, wurde von Röwekamp energisch abgedrängt, der hatte den Unmut in Sowtschicks Miene wahrgenommen. Sehr freute sich Sowtschick, daß auch der Azubi der Buchhandlung Kindermann & Jacobs gekommen war, dessen Manuskript solchen Eindruck auf ihn gemacht hatte. Als der vor seinem Tisch erschien, stand Sowtschick auf und gab ihm die Hand: «Ich gratuliere Ihnen», sagte er laut und deutlich, «Ihr Text hat mich beeindruckt», was diesen in maßlose Freude versetzte. Verwirrt ging er davon. Seine Freundin draußen konnte es fast nicht glauben. Die war derartig geschockt, daß sie sich dem Herrn Sowtschick auf der Stelle hingegeben hätte, wenn sich das hätte machen lassen.

    Zum Schluß war noch ein Haufen Vorrats-Signaturen zu bewältigen. Lehrlinge schleppten Massen von Büchern herbei. Sie unterhielten sich während des Unterschreibens über sonstwas, um dem weltberühmten Autor zu zeigen, wie schnuppe er ihnen ist.

    «Können Sie noch?»

    Schließlich war alles erledigt. Sowtschick stand auf und reckte sich. Er zeigte sich interessiert an Büchern, die hier sonst so auslagen. Aus dem Bedürfnis heraus, dem Buchhändler etwas von dem Geld zurückzugeben, das er hier nun in Kürze empfangen würde, kaufte er ein Buch über Frösche. Dieses Buch bezahlte er bar, und er ließ sich das quittieren.

    Gleich darauf nahm er einen Briefumschlag mit «zwei» in Empfang, lauter druckfrische Hunderter, nachdem er überflüssigerweise gefragt worden war: «Und wieviel hatten wir vereinbart?» Von Mehrwertsteuer war natürlich wieder keine Rede.

    Dann wurde es hell, obwohl im Laden die Lichter ausgeschaltet wurden: Hessenberg kam anmarschiert, packte Sowtschick an beiden Armen: «Respekt! Respekt!» Der Text wär ja unheimlich gespenstisch! Zuerst hätte er gedacht, das gehe nicht, aber nun sei er der Meinung, es gehe doch! Wie habe sein früherer Chef, der alte Herr Toblissen immer gesagt: «Packen wir es an.» Aber: «Entschuldigen Sie, werter Meister, ein Sessel aus Louis-seize? »

    Sowtschick in seinem Überschwang berichtete dem Verleger, daß er bereits ein neues Buch auf Kiel gelegt habe, «Die Drohnin», die Geschichte einer Frau, die sich jahrelang von einem mediokren Mann aushalten läßt, anstatt mit einem Schriftsteller durch dick und dünn zu gehn … Die ganze alternative Szene könne er dabei aufrollen, mit Yoga, Schnitzerkost und Frauenhaus.

    «Darüber müssen wir uns mal in Ruhe unterhalten», sagte Hessenberg, «finden Sie den Titel gut?»

    N un mußte gegessen werden, Hessenberg hatte alles Notwendige bereits veranlaßt. Traditionsgemäß ging’s in die «Grotte», ein Lokal, in dem sich gelegentlich ein Tagesschausprecher sehen ließ. Der Chauffeur kam mit dem Mercedes angefahren, Carola und von Dornhagen stiegen hinten ein, sie setzten sich links und rechts neben den armen Sowtschick, der sehr eingezwängt wurde.

    Hessenberg saß vorn. Der Chauffeur lenkte den dunkelblauen Wagen mit den getönten Scheiben sehr behutsam. Schließlich hatte er eine kostbare Fracht geladen: Dr. Alfons Hessenberg, den Chef des Atrium-Verlags, der so vielen Autoren Arbeit und Brot gibt. Und außerdem: Mit einem großen Wagen schnell zu fahren ist schließlich keine Kunst. Wer reich

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