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Hundsvieh - Kriminalroman

Hundsvieh - Kriminalroman

Titel: Hundsvieh - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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warte lieber auf Weißnichwas, bevor ich mich irgendwo so richtig reinknie.
    Früher einmal wollte auch ich Künstler werden, hatte viel gezeichnet, gemalt, stand am Abend stundenlang in einem Zimmer, das ich ›Atelier‹ nannte, träumte von einem Leben in den Cafés von Paris, von Diskussionen mit Künstlerfreunden, von Vernissagen und schillernden Festen. Ich sah mich wie Alberto Giacometti in einem zerknitterten Mantel durch den Regen gehen, eine Zigarette im Mundwinkel, den Kopf stolz erhoben. Da, so stellte ich mir vor, begegnete dem Künstler dieser erbärmliche, nasse Hund.
    Was ich bei meinen Kunstfantasien vergaß: Dass man sich ganz und gar auf etwas einlassen muss, ohne zu zögern und mit aller Kraft, auch mit dem Risiko, dabei seine seelische und körperliche Gesundheit aufs Spiel zu setzen.
    Schon nach kurzer Zeit merke ich, dass mein neues Fahrzeug nicht wirklich für die alpine Landschaft geeignet ist, vor allem nicht für Steigungen. Auch ist es nicht ganz einfach, das Ding vor den Kurven zu bremsen und zu stabilisieren.
    Irgendwie erreiche ich Tiefencastel. Ich habe das Gefühl, dass mein rechtes Bein durch das ewige Abstoßen länger geworden ist als das linke, jedenfalls fühle ich mich ganz schief. Vor dem Dorfladen halte ich an, nehme mir einen Korb und streife die Regale entlang.
    Ich probiere eine Sonnenbrille, nehme eine dunkle Schirmmütze aus dem Regal, dazu kommt eine Flasche Wasser, zwei Brötchen, eine Packung Trockenfleisch und Schokolade.
    Während die Verkäuferin tippt, drehe ich möglichst unauffällig die Zeitung mit meinem Bild auf der Frontseite um, bezahle mit einem von Kubashis Hundertern und setze Mütze und Sonnenbrille gleich auf.

8.
    Wenig später besteige ich oben beim Bahnhof einen mit Japanern vollbesetzten roten Panoramawagen des Schnellzugs in Richtung Engadin. Von diesen Touristen aus Fernost werde ich wohl kaum enttarnt, die lesen in den Ferien keine Zeitung, und hätten sie eine, würden sie wohl kaum verstehen, was unter meinem Bild steht. Außerdem können die Japaner uns hellhäutige Europäer wohl ebenso schlecht unterscheiden wie wir sie. Dieser Wagen der Rhätischen Bahn ist für einen gesuchten Verbrecher so gesehen einer der sichersten Orte im ganzen Kanton Graubünden.
    Ich setze mich in ein gemütliches Abteil zu drei Japanern, packe Brötchen und das Fleisch aus und beginne mein verspätetes Mittagessen. Die Japaner sagen etwas und lächeln mir zu, man könnte sich glatt an diese freundlichen Leute gewöhnen. Dann breitet sich Unruhe aus, Fotoapparate werden gezückt, wild schnattern alle durcheinander, ein neues, lohnendes Objekt ist vor ihren Linsen aufgetaucht. Interessiert beobachte ich das sich mehrmals wiederholende Schauspiel.
    Plötzlich klopft mir jemand auf die Schultern. Kauend schaue ich auf.
    »Hallo, Mister Mettler, schön Sie zu sehen.« Tashi Kubashi ist von seinem Platz aufgestanden und deutet eine Verbeugung an. »Ich habe Sie heute in der Zeitung gesehen, ein schönes Bild!«
    Ich setze mich zu ihm und überreiche ihm den Micro-Scooter. »Danke, dass ich ihn benutzen durfte.«
    »Wie hat er funktioniert?«
    »Wunderbar, ich bin von da oben heruntergefahren.« Ich zeige auf einen Hang zu unserer Linken. »Allerdings ist es ziemlich anstrengend, mit diesem Ding eine Steigung zu bewältigen.«
    »Gut.« Kubashi nimmt den Scooter zufrieden entgegen. »Es war mir eine Freude, Ihnen das Gefährt zu überlassen, jetzt weiß ich, dass es geeignet ist.« Der Japaner schweigt einen Moment, lächelt freundlich, schaut mich dann ernst an und flüstert: »Haben Sie den Hund von Giacometti schon gefunden? Es stand etwas darüber in der Zeitung. Gleich bei Ihrem Bild. Mein Angebot gilt noch. 8.000 Franken für den Hund, ich halte mein Wort.«
    Am liebsten hätte ich Kubashi samt seinem Scooter an einer besonders fotogenen Stelle zum Fenster hinausgeworfen. Stattdessen lächle ich unverbindlich und kaue schweigend mein Brötchen. Nach Filisur kommt der Kondukteur vorbei.
    »Alle Fahrkarten ab Tiefencastel!«
    »Hier.«
    Der Kondukteur schaut mich streng an. »Diese Fahrkarte ist im Panoramawagen nicht gültig.«
    Gerade will ich irgendeine Geschichte erzählen, das mischt sich Kubashi ein.
    »Es ist meine schuld, ich habe diesen netten Herrn hier aufgefordert, sich zu uns zu setzen und uns die Berge zu erklären. Wissen Sie, die Ansagen aus den Lautsprechern sind für uns nicht gut verständlich. Nicht wahr, Freunde?«
    Er erklärt seinen

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