Hundsvieh - Kriminalroman
du bist in einer ganz dummen Lage!« Er nimmt ein Stück Fleisch in den Mund und kaut ausführlich. Schweigend warte ich. »Sieh mal, la polizia und die Leute vom Museo sind der Ansicht, dass du am Abend der Ausstellung den Hund von Giacometti mit der Fälschung vertauscht hast.« Er nimmt einen Schluck und lächelt freundlich. »Wenn die polizia nun erfährt, dass Kubashi dir 8.000 Franchi Svizzeri für den Hund von Giacometti geboten hat, dann glaube ich kaum, dass du dich retten kannst.«
Mir bleibt ein Bissen im Hals stecken, ich huste, spüle dann mit dem Veltliner nach. »Von wem soll die Polizei das erfahren?«
»Vielleicht verfolgt ein Commissario auch andere Spuren. Nehmen wir an, ich werde interrogato, verhört, vielleicht erwischt la polizia auch Kubashi. Irgendwie hat sich sein Angebot sicher schon herumgesprochen. Niemand weiß genau, wie solche Verhöre ablaufen, es kann durchaus passieren, dass man etwas sagt, senza volere, chi sa? Man will es nicht, trotzdem kommt etwas ans Tageslicht.«
»Vielleicht läuft die Sache auch umgekehrt ab. Sie fragen mich, und ich liefere Kubashi und dich ans Messer!« Mir ist heiß geworden, hastig trinke ich einen Schluck Wasser.
»Ma no, Mettler. Ich bin ein seriöser Geschäftsmann und du bist auf der Flucht. Das ist schon ein Unterschied, oder?«
»Du willst mich verraten?«
Er lächelt entschuldigend. »Wer spricht den hier von Verrat? Ich spreche von den schlimmstmöglichen Verwicklungen, per fatti vedere la tua situazione, um dir deine Situation klar vor Augen zu führen.«
Laut klirrend fällt mir das Besteck aus den Händen. »Aber ich war es nicht, ich hatte gar nicht die Möglichkeit zu diesem Betrug. Glaubst du etwa, dass ich diese Skulptur weggeschafft habe?«
»Calmati, ganz ruhig, Claudio, was ich glaube, spielt keine Rolle. Es kommt darauf an, wie die Geschichte für Außenstehende aussieht.«
Da hat Morandi recht. Meine Lage ist kritisch, viele Indizien sprechen gegen mich. »Und? Was soll ich deiner Ansicht nach tun?«
Morandi zuckt mit den Schultern. »Va a cercarlo, suche den Hund, finde die Schuldigen!«
Schweigend kauen wir. »Welche Rolle spielst du eigentlich, Marco?«
»Io?« Morandi legt sein Besteck weg und schaut mich unschuldig an. »Ich bin nur am Rande beteiligt, zufälligerweise habe ich dich in Chur gesehen, du warst mir sympathisch.«
Langsam esse ich weiter. Auf dieses Kompliment werde ich gar nicht erst eingehen, es sind nach meinem Geschmack zu viele angebliche Zufälle im Spiel.
»Es hat mir gefallen, wie du vorgestern beim Bahnhof mit dem Hund gesprochen hast.«
Vorgestern? Mir kommt es vor, als sei das schon viel länger her. Vorgestern war ich ein naiver Stellensuchender, heute bin ich ein gesuchter Verbrecher.
»Bietest du allen Leuten, die mit einem Hund sprechen, Arbeit an?«, frage ich.
Marco lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. »Ma no, nicht jedem. Aber du warst speciale. Da habe ich mir gesagt, das ist ein bravo ragazzo, ein guter Junge, mit dem musst du etwas essen gehen.«
»Du bist doch an allem schuld, oder? Du hast mich in Chur mit Kubashi zusammengebracht, du hast mich gefragt, ob ich Hunde liebe!«
Dass ich ihn außerdem zusammen mit Direktor Fritschi vom Kunsthaus in der Kunsthandlung Giovanelli gesehen habe, erwähne ich nicht, dieses höchst verdächtige Treffen behalte ich als möglichen Trumpf für mich.
»Ma certo, ich habe Kubashi nur erzählt, dass du Hunde liebst, angesprochen hat er dich ja dann selber, oder?«
Morandi widmet sich dem kümmerlichen Rest seines Pfeffersteaks. Ich schiebe mir eine letzte Gabel Rotkraut in den Mund und lege das Besteck weg.
»Sind das alles nicht etwas viele Zufälle, Marco?«
»Ma che cosa pensi di me, Claudio? Was denkst du über mich?«
»Was ich über dich denken soll, weiß ich nicht so genau. Vor allem frage ich mich, warum du heute Abend in Bergün auftauchst, mich niederschlägst, mich dann zum Essen einlädst, nur um mir zu erzählen, dass ich in der Tinte sitze.«
»Ma Claudio!« Morandi schaut mich kopfschüttelnd an, geht dann hinüber zur Theke und schnappt sich das Telefon.
»Natürlich bin ich auch äußerst gespannt darauf, welche guten Ratschläge du mir jetzt erteilen willst.«
»Aspetta, Geduld, ich möchte dir jemanden vorstellen!« Morandi wählt eine Nummer.
»Was machst du da?«
»Pronto? … Si, qui è Marco …. Ja, Mettler ist hier bei mir in Bergün … Perfetto! Bis später.«
Bevor Morandi den Hörer auflegen
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