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Hundsvieh - Kriminalroman

Hundsvieh - Kriminalroman

Titel: Hundsvieh - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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kann, packe ich den Tisch, schiebe ihn mit aller Kraft nach vorn und klemme meinen italienischen Freund so bei der Theke ein, dass er sich nicht bewegen kann. Die Weinflasche ist umgestürzt, fluchend stellt sie Morandi auf, nimmt dann die Serviette und tupft auf seinen besudelten Hosen herum.
    Da habe ich bereits meine Jacke und den Rucksack gepackt und haste nach draußen. Ich bin schon über den halben Platz, als Morandi vor das Gasthaus Rätia tritt.
    »Mettler, aspetta, wir müssen …«
    Nein, Marco Morandi, auf dich warte ich nicht! Es gibt auch nichts, was ich mit dir müsste!
    Froh, nochmals entkommen zu sein, haste ich zwischen den Häusern hindurch die Dorfstraße hinauf.
    Als ich auf der Pflästerung einen Wagen herankommen höre, biege ich in eine enge Gasse ein, die zum Fluss führt, durchquere zwei Gärten, überspringe eine kleine Mauer und habe endlich das freie Feld vor mir. Die Dunkelheit umhüllt mich wie ein schützender Mantel, und ich falle in einen leichten Trab.

9.
    Müller hat mir genau erklärt, wie ich das Maiensäss finden kann. In einem großen Kreis habe ich das Dorf umrundet. Bei der Talstation des Sessellifts komme ich auf die Straße, die hinauf zum Albulapass und hinüber ins Engadin führt. Bald biegt rechts eine weitere Straße ab. Campingplatz steht auf einer großen Hinweistafel. Nach fünfzig Metern durch die Dunkelheit finde ich einen kaum sichtbaren Trampelpfad, der sich steil den Berg hinaufwindet. Ich keuche, langsam wird mir warm. Nach zehn Minuten Aufstieg erreiche ich einen Waldweg, der den Berghang quert. Lange stehe ich da und lausche. Ab und zu ein Rascheln in den Büschen, dann und wann knackt ein Ästchen im Unterholz. Das Rotwild ist unterwegs hinunter ins Tal, um auf den Wiesen beim Dorf zu äsen, hier oben im Wald hat es noch nicht genügend Futter.
    Sonst bleibt es ruhig, keine Taschenlampen, die irgendwo aufblitzen, keine Motoren, die die Stille durchbrechen. Unbemerkt bin ich hier hinaufgekommen.
    Die Nacht ist sternenklar. Unten im Tal die beleuchteten Fenster von Bergün, weiter oben die Lichterketten der letzten Schnellzüge, die sich das Tal hinaufschrauben oder durch die Kehren hinuntergleiten.
    Nach einer weiteren Viertelstunde Marsch habe ich es geschafft. Das Maiensäss von Reto Müller liegt auf einer kleinen Lichtung am Ende des Waldweges, es besteht aus einer teilweise gemauerten Hütte, dahinter angebaut ist ein Stall. Der obere Teil der Gebäude ist ganz aus Holz, von der Witterung geschwärzte Balken tragen das aus schweren Steinplatten bestehende Dach. Vor der Hütte steht ein kleiner Brunnen, Wasser plätschert aus einer Röhre in einen hölzernen Trog. Vorsichtig umrunde ich die Lichtung, gehe dicht am Waldrand entlang, bleibe immer wieder im Schatten der Bäume stehen, horche nach allen Seiten. Dann schnuppere ich misstrauisch, doch ich rieche weder Abgase noch Rauch. Absolut nichts. Gespannt überquere ich die freie Fläche vor der Hütte, tauche die Hände ins dunkle Wasser des Troges, trinke an der Röhre. Die Läden sind geschlossen, nichts deutet darauf hin, dass in den letzten Tagen jemand hier war.
    Der Schlüssel, den Reto mir gegeben hat, passt. Die Tür knarrt. Ein dunkler Gang, langsam trete ich in die feuchte Kühle. Meine Hände folgen der groben Mauer, ertasten den Scheitstock, die darin steckende Axt. Als meine Finger auf Stoff treffen, schrecke ich zurück, ist da jemand? Doch da hängt bloß ein langer Mantel an der Wand. Nach einer Ewigkeit erreiche ich endlich die Türe, die wohl zum Wohnraum führt.
    Ein leises Geräusch lässt mich zusammenfahren. Da stehen, in die Dunkelheit horchen, alle Sinne angespannt, den Atem angehalten, für kurze Zeit erstarrt. Wieder ein Geräusch, das nicht hierher gehört.
    Vorsichtig ziehe ich die Axt aus dem Holz und warte. Lange passiert nichts. Dann dieses leise Scharren. Entschlossen zähle ich bis drei und fasse den Axtgriff fester. Dann reiße ich die Tür auf und springe zur Seite.
    Etwas Kleines, Piepsendes huscht an mir vorbei. Ich lasse die Axt sinken und atme erleichtert aus. Nach einigem Herumtasten finde ich eine Kerze und Streichhölzer. Mit diesem Licht erkunde ich die Hütte. Der Wohnraum misst vielleicht zwölf Quadratmeter, er hat zwei kleine, vergitterte Fenster, bei denen die Laden geschlossen sind. Bei den Fenstern steht ein Tisch, an der Wand hat es eine einfach gezimmerte Bank. An der Rückseite des Raumes ist ein Holzherd eingemauert, in einem kleinen Buffet finde

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