Hundsvieh - Kriminalroman
Schuldschein zurückgeben, wenn der Hundedeal abgewickelt ist. Es geht um über zehntausend Franken, ich bin sonst ruiniert! Claudio, besorg mir den Schuldschein, wir sind doch Freunde, oder etwa nicht?«
Der Hund knurrt und Müller verstummt ängstlich.
»Wenn du mir bei meinem Vorhaben nicht in die Quere kommst, dann schaue ich, was ich für dich tun kann. Sonst wirst du meinen Hund näher kennen lernen.«
»Ich will nur den Schuldschein, sonst nichts!«
»Und wo soll ich den holen, Reto?«
»Max will mich vor dem Palazzo Salis treffen.« Reto schaut auf die Uhr. »In etwa zehn Minuten.«
Ich lasse Reto im Garten zurück und gehe vorsichtig weiter. Einen Deppen hat er gebraucht und ist dabei auf mich gestoßen. Ich kann es nicht fassen!
Wieder bewegen wir uns lautlos durch dieses Wechselspiel von Licht und Schatten auf den Treffpunkt zu. Gespannt gehen wir durch das stille Dorf. Das Wasser der Brunnen ist zu hören, weit unten im Tal ein Motorrad, das Rauschen des Windes in den Bäumen. Sonst hat sich eine unheimliche Stille über die Gassen gelegt. Rauch von Kaminfeuern liegt in der Luft, ein feuchter Geruch nach Eiche und Kastanie. Der Hund folgt mir auf dem Fuß, sogar eine Katze, die vor uns davonläuft, würdigt er mit keinem Blick.
»Komm, mein Guter, es ist Zeit!« Kurz kraule ich seinen Kopf, dann biegen wir um die Ecke.
Kubashi steht vor dem Hotel Palazzo Salis. Als er uns kommen sieht, winkt er mir freudig zu.
»Mettler, schön dass Sie da sind!« Er schenkt mir sein bestes Lächeln. »Wo waren Sie die ganze Zeit über? Ich habe Sie unten in Promontogno im Park gesehen.«
»Sie … haben mich gesehen?«
»Aber natürlich!« Wieder lächelt er unschuldig. »Da habe ich mich gefragt, ob der Herr Mettler nicht mitfahren will, gerade auch, weil der Fahrer des Busses Sie doch gerufen hat. Doch dann habe ich gedacht, dass der Herr Mettler sicher noch etwas erledigen muss.«
Seine naive Offenheit nervt mich, noch mehr ärgert mich, dass mein anstrengender Fußweg wirklich nicht nötig gewesen wäre.
»Und ich hatte natürlich recht, Sie mussten etwas erledigen, und nun sind Sie wirklich mit diesem zotteligen Hund angekommen!« Er bückt sich, um meinen Begleiter zu streicheln. »Ein schönes Tier, wo haben Sie den gefunden?«
»Er ist mir zugelaufen.«
»Heißt das, er gehört niemandem?«
»Das heißt, dass der Hund im Moment mir gehört.« Langsam nervt er mit seiner Detailversessenheit, mit seiner ewigen Fragerei. Doch Kubashi scheint nicht zu merken, wie sehr er mir mit seinem Getue auf den Geist geht.
»Wunderbar, Herr Mettler, ich sehe, wir können ins Geschäft kommen.«
Die Geschäfte zwischen mir und Herrn Kubashi interessieren mich im Moment allerdings nicht. Denn ich habe ihm nichts anzubieten. Wichtig sind die anderen Akteure. Wer wird den Hund von Giacometti herbringen und verkaufen? Ist diese Person wirklich so skrupellos, dass sie mich in einer Hütte verbrennen wollte, dass sie den Tod von Fritschi und mir bei der rasanten Passfahrt in Kauf nahm?
»Herr Kubashi, wir haben nicht viel Zeit. Wo und wann bitteschön soll die Übergabe stattfinden?«
Der Japaner schaut auf die Uhr. »Genau jetzt. Genau hier!«
13.
Erst ist nur dumpfes Motorengrollen zu vernehmen, dann das Geräusch von Reifen, die über die unebene Pflasterung der Gassen rollen. Gleich wird der große Unbekannte bei uns sein, ich schaue mich nach einem Versteck um, doch hier gibt es keine Gärten, keine Stalltüren, keine schmalen Gässchen, die in der Dunkelheit verschwinden. Vor uns die breite Fassade des Palazzo Salis, hinter uns eine Reihe Bürger- und Bauernhäuser, die aneinander gebaut sind.
Auf einmal habe ich es nicht mehr so eilig, meine Unschuld zu beweisen. So packe ich den Japaner am Jackenärmel und versuche, ihn von hier wegzubringen.
»Herr Kubashi, wir müssen sofort verschwinden, diese Leute sind gefährlich!«
»Es sind Hundefreunde«, gibt er lakonisch zur Antwort, »Hundefreunde sind gute Menschen!«
»Diese Leute haben versucht, mich zu töten!«
»Sie regen sich zu sehr auf, Herr Mettler!« Er schaut mich bedauernd an. »Wenn Sie wollen, können Sie sich verstecken, ich bleibe hier und werde mir den Hund anschauen!«
Ein dunkler Wagen mit verspiegelten Scheiben rollt um die Ecke. Die Lichter sind ausgeschaltet, die Insassen sind nicht erkennbar. Als das Fahrzeug näher kommt, sehe ich, dass es ein dunkler BMW ist. Das muss der Wagen sein, mit dem Keller den Parkplatz oben auf dem
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