Hundsvieh - Kriminalroman
Scooter unter dem Arm hetze ich hinaus, schaue mich um, Kubashi steht immer noch neben dem Bärtigen, der am Boden kauert. Der Hund sitzt daneben.
»Rufen Sie die Polizei. Und passen Sie in der Zwischenzeit auf Rico auf.«
Dann biege ich um die Ecke, haste durch die Gassen. Bei der Kirche beginnt der Asphalt. Die Räder des Scooters beginnen zu rollen. Die Straße führt an den letzten Häusern vorbei zum Ort hinaus. Rechts der Parkplatz, dann fällt die Straße ab.
Wesentlich sicherer als mit dem Fahrrad heute Nachmittag rolle ich mit dem Scooter von Kubashi die Straße hinunter. Die Bremse funktioniert wunschgemäß, ich muss bloß leicht anbremsen, dann kann ich mich so richtig heftig in die Kurve legen.
Weit unten sehe ich die Talstraße, ab und zu rauscht ein Wagen in Richtung Engadin oder hinunter nach Italien. Irgendwo unter mir fährt Fritschi mit einer unersetzlichen Skulptur davon. Notfalls können Müller und Kubashi meine Unschuld bestätigen, damit schaffen wir den Hund aber auch nicht wieder her. Bereits in der Nacht kann Fritschi in Mailand sein, dann landet die Skulptur in einem arabischen Scheichtum, in einem Tresor in New York oder sonst wo in einer Privatsammlung.
Plötzlich zerschneidet Sirenengeheul die Nacht. Kubashi hat also reagiert, die Polizei ist unterwegs. Drei Kurven weiter eröffnet sich mir ein bizarres Bild.
Fritschi muss zu schnell gefahren sein, nach der Kurve hat er wohl die Kontrolle über seinen Wagen verloren. Der BMW ist erst gegen die Leitplanke geknallt und dann gegen einen Baum geprallt. Nun steht er dampfend neben der Straße, seine Scheinwerfer zielen ins Leere, Fritschi steigt eben aus und schaut mir entgegen. Er blutet aus einer Wunde an der Stirn.
»Das war’s wohl.« Er zieht eine Zigarette aus der Packung, greift dann suchend in seine Hosentaschen.
Wenig später kommt ein Wagen die Straße hinauf, wir werden geblendet, von allen Seiten rennen Polizisten auf uns zu und richten ihre Waffen auf Fritschi.
Dieser hebt beschwichtigend die Hände. »Schon gut, ich bin unbewaffnet!«
Ein weiterer Wagen braust heran, Türen werden geöffnet.
»Tutto a posto, Mettler, alles in Ordnung? Es hat etwas länger gedauert, ich war noch in Castasegna beschäftigt!«
Marco Morandi und Lena Kauer erscheinen im Scheinwerferkegel. Lena fotografiert den beschädigten BMW, dann mich und Fritschi. Schließlich öffnet sie die hintere Türe des Wagens und macht noch einige Aufnahmen des Hundes von Alberto, der artig auf der Rückbank steht und bei seinem Ausflug ins Bergell keinerlei Schaden genommen zu haben scheint.
»Hat vielleicht mal jemand Feuer?«
Marco zieht sein Feuerzeug aus der Tasche und ist dem Direktor des Bündner Kunsthauses, der wohl für längere Zeit kein Amt mehr ausüben wird, behilflich.
»Verhaften Sie auch diesen Mann, er gehört dazu!«
Die Polizisten schauen erst mich, dann Morandi an. Dieser nickt ihnen zu, lächelt.
»Caro Claudio, du bringst immer alles durcheinander!«
»Ich? Stimmt es etwa nicht, dass du Fritschi wegen dem Hund angesprochen hast?«
»Naturalmente habe ich das.« Morandi grinst. »Ma la cosa, die Sache, war doch etwas anders, als du denkst.«
»Ich höre!« Mit verschränkten Armen stehe ich Morandi gegenüber.
»Du hast sicher auch herausgefunden, dass nostro amico hier«, er zeigt auf Fritschi, »ein leidenschaftlicher und süchtiger Spieler ist. Manchmal gewann er, wie zum Beispiel gegen deinen Freund Reto Müller, dann wieder verlor er un sacco di soldi, beträchtliche Summen. Im Moment hat er eine Pechsträhne, unbezahlte Rechnungen türmen sich, Spielschulden sind nicht bezahlt.«
»Bei meinen Recherchen«, mischt sich Lena ein, »stieß ich auf einen Sammler, der unbedingt einen Giacometti wollte, scheinbar hatte dieser Sammler Fritschi bereits über den Kunsthändler Giovanelli kontaktiert, da er von seiner Schwäche wusste. Leider gelang es mir nicht, herauszufinden, wer dieser Mann ist.«
»Tashi Kubashi?«, frage ich gespannt.
»Lo credevo tutto il tempo! Das glaubte ich die ganze Zeit über«, erklärt Morandi. »Darum spielte ich den Mittelsmann zwischen Kubashi und Fritschi. Uns war klar, dass es noch einen Komplizen geben musste, der helfen würde, a portare il cane fuori dal museo, den Hund aus dem Museum zu schaffen. Ich war deshalb mit dem Direttore Fritschi in der Kunsthandlung Giovanelli, scheinbar wusste dieser saubere Signore genau, zu welchem Zweck er die Kopie der Skulptur besorgen musste. Aber eben,
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