Hundsvieh - Kriminalroman
Tals. Viva Claudio.«
»Viva Christine!« Wir trinken einen Schluck. »Steht’s so schlimm?«
Nervös drehen ihre Hände das Weinglas. »Ja. So viele Probleme, dass ich nicht weiß, wo ich beginnen soll. Und die Leute hier … Die sind alle so stur.« Sie schüttelt resigniert den Kopf. »Die Bauern, die Spekulanten, die Umweltschützer, alle wollen etwas anderes, außerdem …«
Die Tür des Restaurants wird aufgerissen, und schnaufend wankt der Bauunternehmer Belasch herein. »Es ist etwas passiert, ich habe sie gefunden, aber das wollte ich nicht, wirklich …«
Der Wirt packt Belasch an den Schultern. »Was ist los, Luis?«
»Eine Frau, sie liegt da draußen bei der Baustelle, sie ist tot!«
»Wer ist die Frau?« Der Kronenwirt schüttelt den Bauunternehmer an den Schultern. »Sag schon, Luis, wer ist sie?«
»Hast du eine Wurst, Bruno?« Belasch schaut uns aus blutunterlaufenen Augen an. »Ich würde gerne etwas essen …« Müde lässt er seinen schweren Körper auf einen Stuhl sinken.
»Hast du die Polizei schon angerufen?« Der Kronenwirt steht immer noch da.
»Erst die Wurst, dann die Polizei, mach schon, Bruno!«
Schweigend starren wir den Bauunternehmer an, der sich seine großen Hände reibt. »Was glotzen Sie so? Eine Tote passt wohl nicht in Ihr Tourismuskonzept, Frau Peters?«
Die Kurdirektorin zuckt zusammen. »Hören Sie auf, Sie haben ja keine Ahnung!«
»Von wegen! Mord in unserer heilen Welt, das schadet dem Fremdenverkehr, oder etwa nicht?«
Bruno stellt einen dampfenden Teller vor den Bauunternehmer. »Iss! Und ich rufe inzwischen die Polizei an, bis die hier sind, hast du gegessen. Guten Appetit!«
»Komm, Claudio, mir reicht’s!« Christine Peters zieht mich hinter sich her. »Der Kerl ist so widerlich. Dabei sollte ich ihm dankbar sein, schließlich investiert er ein halbes Vermögen in die touristische Entwicklung des Tales!«
»Etwa bei der Baustelle, wo er die Tote gefunden hat?«
Christine nickt.
Kalter Schweiß läuft mir den Rücken hinunter. Ich muss die Tote sehen, von der Belasch gesprochen hat. Ich will wissen, wer die junge Frau ist. »Hast du ein Auto? Wir müssen sofort zu dieser Baustelle. Komm!«
10.
Christine jagt den kleinen japanischen Jeep über die Landstraße.
»Was will Belasch hier draußen bauen?«
Sie weicht blitzschnell einem Schlagloch aus. »Einen Fun-Waterpark mit Riesenrutschen, Wellenbad, Sauna, Solarium und so weiter. Eigentlich ein Gewinn für unser Tal, aber …«
»Was heißt ›eigentlich‹?«
»Da draußen ist ein Hochmoor. Ein Moor von nationaler Bedeutung, behaupten die Umweltschützer der ›Grünen Front‹, und darum laufen sie Amok gegen das Projekt. Doch die Bewilligung des Val-Pers-Waterparks durch den Kanton ist längst rechtskräftig. Man hat die ›Grüne Front‹ ausgetrickst.«
Christine hält vor einem Bretterzaun.
Mir ist heiß und kalt zugleich, ich fürchte mich vor dem Anblick einer Toten auf dem Baugelände von Belasch, stelle mir vor, es sei Barbla, die Nichte von Frau Caduff. Die Barbla, die mich gestern Abend so feindselig behandelt hat, weil ich nicht sitzen wollte beim Pinkeln. Die Barbla, die Aktivistin der ›Grünen Front‹, die vor der Polizei davongerannt ist, weil sie angeblich eine Bombe bei Belasch gezündet haben soll. Bei Belasch, dem ihre Tante noch Geld schuldet, das dieser nun zurückhaben will.
Christine holt eine große Taschenlampe aus dem Wagen und geht durchs Tor. »Wenn Belasch keine Gespenster gesehen hat, dann muss hier irgendwo eine Leiche sein, komm schon!«
Der Lichtkegel wandert über die aufgewühlte Erde, streift einen Trax, einige Betonröhren, eine Baubaracke. Dahinter ist wieder der Bretterzaun. Im Licht tauchen Erdhügel auf, eine Palette mit Gerüstteilen, Schaltafeln. Dann streicht das Licht über eine Grube, streift kurz einige Stofffetzen, huscht weiter zu einer Feuerstelle.
Ich nehme Christine die Lampe ab, gehe hinüber zur Grube und schaue genauer hin.
Da liegt ein Mantel auf der feuchten Erde, dunkle Flecken überall, doch von einer Toten weit und breit keine Spur …
»Gehen wir!« Christine hat sich wieder gefasst. »Ich möchte sehen, was Belasch der Polizei erzählt.« Sie hängt sich bei mir ein.
Nachdenklich werfe ich einen letzten Blick auf den Mantel. »Könnte das nicht Blut sein?«
Sie schüttelt den Kopf und dreht sich weg. »Das sind Erdflecken, Belasch ist vor einem Mantel davongerannt. Komm endlich!«
Vielleicht hätte ich es gar nicht
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