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Hundszeiten: Laura Gottbergs fünfter Fall

Hundszeiten: Laura Gottbergs fünfter Fall

Titel: Hundszeiten: Laura Gottbergs fünfter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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schrecklich vor Gewittern. Das hier hört sich an wie das Ende der Welt.»
    «Da haben Sie recht, Signora. Aber es ist nur ein Gewitter. Es wird vorübergehen, und hinterher ist die Toskana frisch gewaschen, und alle sind glücklich. Ich versichere Ihnen außerdem, dass Siena seit Hunderten von Jahren unzählige solcher Gewitter überstanden hat, außerdem die Pest, diverse Kriege, die Einfälle der Florentiner, die Faschisten, die Deutschen, die Amerikaner, die Democrazia Cristiana und die Regierung Berlusconi. Sie können sich also ziemlich sicher fühlen!»
    Sie machte die Augen wieder auf und versuchte zu lachen, sah gleichzeitig aber noch sehr erschrocken aus. Ein hübscher Kontrast, fand Guerrini. Sie lockerte mit den Fingern ihr Haar und setzte sich aufrecht hin. Doch beim nächsten Donnerschlag sank sie wieder zusammen und hielt sich die Ohren zu.
    «Der Donner ist nicht gefährlich, es sind die Blitze, Signora.»
    «Jaja, ich weiß. Aber ich fürchte mich trotzdem vor dem Donner.»
    «Ich schlage Ihnen jetzt eine Therapie vor: Ich bringe Ihnen ein paar Akten, mit denen Sie sich in einen interessanten ungelösten Fall einarbeiten können. Und um sieben Uhr gehen wir essen … als Einstand sozusagen. Was halten Sie davon?»
    Sie hob den Kopf und lächelte. «Bringen Sie schon die Akten, Commissario!»
    Guerrini lächelte zurück, ging in sein Zimmer und griff nach dem Fall Altlander – warum, wusste er selbst nicht genau. Es war eine dicke Akte und nur die erste von mittlerweile vieren. Als er den Ordner auf Sergente Primaveras Schreibtisch gelegt hatte, fühlte er sich nicht mehr so wohl. Es war sein Fall, eine Geschichte, die nicht nur Altlander, sondern auch seinen ehemaligen Schulfreund Montelli das Leben gekostet hatte, und es war auch Lauras Fall. Er redete sich ein, dass es nichts schaden konnte, wenn eine außenstehende Person sich die Sache ansah. Trotzdem fühlte er sich ein bisschen wie ein Verräter, er zuckte zusammen, als ein greller Blitz sein Zimmer in weißes Licht tauchte und der Donner selbst seinen Körper erschütterte.
     
    Um sieben Uhr hatte sich das Gewitter ausgetobt. D’Annunzio war von einem jungen Wachtmeister namens Calabresi abgelöst worden, und so gelang es Guerrini, seine Begleiterin ohne besonderes Aufsehen aus der Questura und in seinen Wagen zu bringen. Sie bestand darauf, sich umzuziehen und nicht in Uniform auszugehen. So fuhr er sie zu ihrer kleinen Wohnung, die zum Glück nur ein paar Minuten entfernt in der Altstadt lag. Guerrini wartete im Wagen, hatte die Fenster heruntergelassen und genoss die kühle frische Luft. Die Stadt glänzte nass im Abendlicht, das am Rand der schwarzen Wolkenberge hervorbrach. Die bunten Fahnen hingen schlaff herab oder hatten sich grotesk um ihre Masten gewickelt und an Fensterläden verhakt. Allerlei Müll lag auf den Straßen und Gassen herum, Tonnen waren umgekippt und Blumenkübel von Balkonen gestürzt. Im Norden wuchs aus dem Gewirr der Dächer und Kirchtürme langsam ein Regenbogen empor, wurde immer kräftiger und bunter, stieg immer höher hinauf und glich schließlich einem direkten Weg in den Himmel.
    «Guardi l’arcobaleno!», sagte sie in diesem Augenblick, öffnete die Beifahrertür und setzte sich neben ihn. Ihr Parfüm war ein bisschen kräftig, aber nicht schlecht. Sie trug ein enges schwarzes Leinenkleid, das an der Seite geschlitzt war und ziemlich viel Bein zeigte. Um ihre Schultern lag ein grüner Spitzenschal, der auf beinahe zufällige Weise ihr Dekolleté freigab. Guerrini fragte sich, worauf er sich da eingelassen hatte.
    Auf gar keinen Fall würde er sie ins Aglio e Olio ausführen, das er gemeinsam mit Laura entdeckt hatte. Außerdem gehörte es Tommasinis Bruder. Er musste irgendwohin, wo er sicher sein konnte, dass keiner seiner Kollegen auftauchte, entschloss sich blitzschnell für L’Osteria. Das war schlicht und gut und lag ein bisschen abseits. Außerdem war er noch nie mit Laura dort gewesen.
    Als sie das Lokal betraten, wandten alle Männer die Köpfe und sahen zu ihnen hinüber … zu ihr, der Signora Primavera, natürlich. Guerrini konnte zu seiner Erleichterung kein bekanntes Gesicht entdecken und steuerte einen Tisch in einer dämmrigen Ecke an.
    «Warum sind Sie eigentlich so nervös?», fragte sie, als er bereits die Speisekarte studierte.
    «Bin ich das?»
    «Ja. Ich finde, dass Sie nervös sind, Commissario.»
    «Es ist meine Art, nervös zu sein, Signora. Vor allem, wenn ich mit

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