Hunger der Nacht (Dark Hunger)
hinein.
Das
kann ich nicht. Juliettes Hand glitt zu ihrer plötzlich rauen Kehle. Ihn zu
verlassen war ein schmerzlicher Gedanke. Seine Stimme zu hören vergrößerte die
Qual nur noch, aber sie hatte Verpflichtungen, die sie nicht außer Acht lassen
konnte, nur weil ihr Herz, ihre Seele und ihr Körper nach Riordans schrien.
Du
kannst mir nicht entkommen. Dein Blut fließt in mir und meins in dir. Er
seufzte. Aber leider kann ich sehen, dass
du fest entschlossen bist. Wenn es zu schwierig wird, dann ruf nach mir, und
ich werde antworten. Und versuch, dich bis dahin nicht in allzu große
Schwierigkeiten zu bringen. Und damit unterbrach er die Verbindung zwischen
ihnen abrupt.
Der Verlust war wie ein harter Schlag
für Juliette. Tief holte sie Atem und ließ ihn langsam wieder aus, während sie
ihr anderes Ich aufrief, das ihr die Kraft geben konnte zurückzukehren, wohin
sie gehörte. Dabei wollte sie eigentlich nichts anderes, als zu Riordan unter
die Erde zu kriechen.
Die Verwandlung vollzog sich langsam,
zögernd fast, als kämpfte ein Teil ihres Bewusstseins dagegen an. Ihr Körper
zog sich zusammen, geflecktes Fell überzog nach und nach ihre Haut, Muskeln und
Sehnen dehnten und verlängerten sich, und messerscharfe Krallen entsprangen
ihren gekrümmten Händen. Wie immer landete sie auf allen vieren, als ihr Körper
die Verwandlung durchmachte. Es war stets ein langsamer und irgendwie auch
schmerzhafter Prozess, aber nie so sehr wie dieses Mal. Juliette weinte, als
der Jaguar sie übernahm.
Die Raubkatze war klein und stämmig.
Dicke Muskelstränge und ein äußerst biegsames Rückgrat ermöglichten es ihr,
blitzschnell über den Höhlenboden zu sprinten und einen Weg hinaus in den
heimischen Dschungel zu suchen. Ein sanfter Regen fiel, als sie aus der
feuchten Höhle kam. Sie blieb stehen, um sich zu orientieren, bevor sie sich in
die Bäume flüchtete und auf den von Ästen und Blattwerk erzeugten Pfaden hoch
über dem Dschungelboden weiterlief. Da sie die tierische Gestalt nicht allzu
lange beibehalten konnte, musste sie sie nutzen, um größtmögliche Entfernungen
zurückzulegen, bevor sie sie wieder ablegte. Deshalb lief sie so schnell wie
möglich und bahnte sich geschickt einen Weg durch dichtes Blattwerk und Lianen.
Der Regen vermochte das Blätterdach
kaum zu durchdringen, sodass nur selten ein Tropfen ihr Fell berührte. Dampf
stieg vom Urwaldboden auf, aber der Jaguar empfand die Hitze nicht so stark,
wie Juliette sie empfunden hätte. Die Stiefel und Kleider, die sie um den Hals
trug, schlugen gegen ihren Nacken und ihre Brust, als sie von Baumkrone zu
Baumkrone sprang und sich einen Weg durch das dichte Blattwerk bahnte. Vögel
schrien warnend bei ihrem Herannahen, und Affen kreischten und bewarfen sie mit
Zweigen und Blättern. Sie fauchte sie an, eilte aber weiter, ohne sich damit
aufzuhalten, den frechen kleinen Kerlen Manieren beizubringen.
Nach einer Weile begann sie zu
zittern, und ihre Beine verloren ihre Kraft. Nachdem sie zweimal gestrauchelt
und einmal über einen Ast gestolpert war, sprang sie schnell zu Boden. Sie war
meilenweit von der Höhle entfernt; die Sonne ging schon unter, und Riordan
würde sich jeden Augenblick erheben. Mit etwas Glück würde er nur die Witterung
einer Raubkatze aufnehmen und sie nicht mehr finden.
Ihre Glieder zitterten, und ihre
Lunge brannte, als ihr Körper wieder seine menschliche Gestalt annahm, und sofort
zerkratzten Blätter und Zweige ihre nackte Haut. Schnell blickte sie sich um,
um sicherzugehen, dass sie nicht in irgendetwas Giftigem hockte. Das Letzte,
was sie wollte, waren Blasen auf ihrer Haut. Es wäre nicht das erste Mal, dass
sie sich im denkbar ungünstigsten Augenblick verwandelte. Leider hatte sie
wenig Kontrolle darüber, wann die Gestalt des Jaguars sich nicht länger
aufrechterhalten ließ.
Seufzend zog sie die Kleider wieder
an. Die Luftfeuchtigkeit war so hoch, dass der Stoff an ihrer Haut klebte.
Juliette kam gut zurecht im Dschungel, doch ohne das
Fell und die Krallen des Jaguars war es natürlich viel schwieriger, hoch oben
in den Baumkronen voranzukommen. Das dichte Blattwerk hielt viel Licht ab, und
da nun auch die Sonne unterging, wurde es im Dschungel sehr schnell dunkel.
Juliette verfügte zwar über eine
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