Hunter 05 - Späte Vergeltung
wieder den Kopf hob. Es war ihm nicht anzusehen, ob er sie erkannt hatte. »Ist sie in irgendwelchen Schwierigkeiten?«
Das war der Moment, den Chloe am meisten hasste. »Sie ist tot.«
Etwas wie Schmerz zuckte einen Sekundenbruchteil über sein Gesicht, bevor er sie wieder ausdruckslos anblickte. »Wie?«
»Sie wurde ermordet. Ihr Lebensgefährte wurde verhaftet und vor Gericht gestellt, aber es stellte sich heraus, dass er es nicht gewesen sein kann. Erst nach dem Prozess hat er mir erzählt, dass die Tote als Stripperin gearbeitet hat.«
»Warum fragen Sie ihn dann nicht danach?«
Frustriert kniff Chloe ihre Augen zusammen. »Weil er jetzt ebenfalls tot ist.« Ein Schauer lief durch ihren Körper, als sie sich daran erinnerte, wie sie ihn aufgefunden hatte.
»Auch ermordet?«
Chloe biss auf ihre Lippe. »Es sah wie Selbstmord aus.«
»Zusammengefasst denken Sie also, dass der Mörder noch irgendwo da draußen herumläuft und es etwas mit der Vergangenheit des Opfers als Stripperin zu tun haben könnte.«
Erstaunt blickte Chloe ihn an. »So ungefähr. Sind Sie Polizist?«
»Nein.« Der Hauch eines bitteren Lächelns glitt über sein Gesicht. »Nicht mehr.«
Das erklärte natürlich, warum Dave so schnell die Situation richtig eingeschätzt hatte. »War diese Frau nun bei Ihnen als Stripperin beschäftigt?«
Mit den Fingern strich er über das Foto, während er es noch einmal betrachtete. »Sie kam vor etwa fünf Jahren zu mir auf der Suche nach einem Job. Davor war sie in einem ganz üblen Schuppen, in dem die Mädchen schlecht behandelt wurden. Sie war gerne Striptease-Tänzerin, aber nicht unter den Bedingungen. Ich habe sie hier angenommen, und unter dem Namen Candy wurde sie schnell eine unserer beliebtesten Tänzerinnen. Dann verschwand sie eines Tages plötzlich; sie sagte nur, sie könnte nicht wiederkommen, und ging. Seitdem habe ich sie nie wieder gesehen.« Er blickte auf, und diesmal stand Wut in seinen Augen. »Was ist mit ihr geschehen? Sie sieht erschöpft und viel älter aus als damals.«
»Wann war das?«
Dave presste die Lippen zusammen, als sie eine Gegenfrage stellte, anstatt ihm zu antworten. »Ich schätze, es ist so etwa anderthalb Jahre her.«
Der Druck in ihrem Magen verstärkte sich. Das passte erschreckend gut. Sie reichte ihm ihre Visitenkarte. »Könnten Sie in Ihren Unterlagen nachschauen und mir ein möglichst genaues Datum sagen?« Er nickte knapp. »Sie hat zwei Jobs gleichzeitig gemacht, als Kassiererin und Kellnerin, und sie hatte einen echten Mistkerl als Freund.«
»Gut, dass er schon tot ist, sonst würde ich mich gezwungen sehen, ihm einen Besuch abzustatten.« Seiner Miene war anzusehen, dass er es völlig ernst meinte.
»Dem kann ich nur zustimmen – und ich habe ihn vor Gericht verteidigt.« Chloe steckte das Foto wieder ein. »Aber ich denke, es ist wichtiger, den Mörder zu kriegen, denn wenn der noch einmal zuschlagen sollte …«
»Was wissen Sie bisher über ihn?«
Frustriert atmete Chloe scharf aus. »Nichts, rein gar nichts. Die Polizei tappt völlig im Dunkeln. Alle Indizien deuteten zunächst auf meinen Mandanten, daher existiert von dem wahren Täter bisher lediglich eine Stimmprobe.«
Dave lehnte sich vor. »Haben Sie sie dabei?«
»Nein, sie ist bei der Polizei. Glauben Sie, dass Sie den Mann identifizieren könnten? Wenn Sie im Police Department …«
»Nein danke.« Er lehnte sich in seinem Schreibtischstuhl zurück. »Es wäre sowieso unwahrscheinlich, dass ich seine Stimme erkenne, selbst wenn er schon mal im Club gewesen sein sollte.«
Das war ohne Zweifel eine Ausrede, aber sie konnte ihn nicht dazu zwingen. Deshalb wechselte sie das Thema. »Sie wissen also nicht, warum Candice so plötzlich gegangen ist, obwohl ihr die Arbeit eigentlich gefiel? War sie vorher irgendwie anders? Vielleicht verängstigt?«
Dave hob die Schultern. »Es ist mir zumindest nichts aufgefallen. Aber ich habe mit den Tänzerinnen auch nicht täglich etwas zu tun. Ich nehme nur Krankmeldungen, Beschwerden und Ähnliches entgegen und gebe ihnen einmal in der Woche ihr Geld.«
»Gibt es jemanden, der mehr Kontakt mit ihr hatte?«
»Die anderen Tänzerinnen sicherlich.« Er erhob sich. »Kommen Sie mit, ich bringe Sie in die Garderobe. Die Vorstellung beginnt erst in einer halben Stunde, vielleicht kann Ihnen jemand weiterhelfen.«
»Danke, das ist sehr nett von Ihnen.«
»Sagen Sie mir einfach Bescheid, wenn der Bastard gefasst ist, dann sind wir
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