Hure in Gold ROTE LATERNE Band 12 (Rote Laterne Liebesroman) (German Edition)
aufgerissen. Ricardo Romero trat ein. Er trug abgewetzte Jeans und ein Hemd, das an einem Ärmel bereits geflickt war.
»Carmen!«, stieß er atemlos hervor und betrachtete das schöne Mädchen im roten Kleid. »Carmen, was hast du vor?«
»Sie hat einen Ausländer kennengelernt!«, stieß Se ñora Gonzales verächtlich hervor. »Sie geht zu ihm. Sie ist in das Hotel eingeladen.«
»Carmen!«, rief Ricardo erschrocken und trat auf sie zu. »Carmen, das wirst du nicht tun! Du wirst nicht zu ihm gehen!«
»Ach?«, fragte Carmen spöttisch. »Willst du mir das verbieten? Das kannst du nicht. Du hast kein Recht dazu!«
»Carmen, ich liebe dich!«, rief Ricardo aufgebracht.
»Ich liebe dich auch«, sagte sie leichthin. Doch wie sie diese Worte aussprach, hatten sie ihre eigentliche Bedeutung bereits verloren. »Dass ich dich liebe«, fuhr sie fort, »ändert nichts an meinem Entschluss, dass ich etwas für mich selbst tun will.«
Sie nahm die Mantilla, legte sie um die Schultern und ging zum Haus hinaus. Ricardo folgte ihr. Er tanzte um sie herum wie ein junger Hund.
»Hör mir zu«, begann er wieder, »wenn du zu diesem Estranchero gehst, dann ist es aus. Dann ist es vorbei zwischen uns. Ich werde dich nie wieder anschauen, Carmen. Nie wieder!«
»Dann geh!«, stieß sie hervor. »Was willst du eigentlich noch? Kannst du mir ein Leben in Luxus und Reichtum bieten? Nein, kannst du nicht. Außer dem Fischgestank, der dir anhaftet, hast du nichts.«
Er blieb stehen, als hätte sie ihn mitten in das Gesicht geschlagen.
»Du hast einmal anders gesprochen, Carmen.«
»Die Menschen ändern sich eben«, schleuderte sie ihm ins Gesicht. Sie sah nur diese heutige Chance. Was war die Liebe gegen diese Chance, einmal reich und glücklich zu sein! Sich alles kaufen und leisten zu können! Nur daran dachte Carmen Gonzales in diesen Augenblicken.
»Bitte, Carmen«, flehte Ricardo, »geh nicht zu ihm. Gib ihm meinetwegen das Kleid zurück und komm wieder heim. Wir werden glücklich sein, auch ohne dieses Geld, das du dir erträumst. «
»Geld regiert die Welt«, sagte sie knapp. »Du wirst es sehen, wenn ich zu denen am großen Strand von Santa Margarita gehöre. Dann wirst du immer noch so klein und erbärmlich sein, Ricardo. Und jetzt sei ein braver Junge und lass mich gehen.«
»Geh doch!«, stieß er hervor. »Geh zu diesem Kerl und lass mir meine Ruhe!«
Als er sie anschaute, meinte sie in seinen Augen Tränen zu sehen. Er drehte sich um und lief barfuß in die Dunkelheit hinein.
Einige Augenblicke stand sie noch da. Ihr war, als würde ihr etwas weh tun, als würde etwas in ihr zerspringen. Dann jedoch gab sie sich einen Ruck und ging rasch davon.
Vor dem Hotel zögerte sie. Musik und Gelächter klangen heraus. Die Beleuchtung war festlich. Sie fühlte, dass sie jetzt vorwärts musste; sie musste diesen Weg gehen. Und so betrat sie das Hotel. Der Portier kannte Carmen. Er betrachtete sie von oben bis unten.
»Was willst du hier?«, herrschte er sie schließlich an. »Du weißt doch, dass es den Leuten von Santa Margarita verboten ist, dieses Haus zu betreten.«
Lachend bog sie ihren Kopf in den Nacken.
»Melde mich Monsieur Tuffot, Jose«, sagte sie voller Stolz.
»Monsieur Tuffot?«, fragte er fassungslos.
»Sitzt du vielleicht auf deinen Ohren?«, fragte sie zurück.
In diesem Augenblick kam Jean Tuffot um die Ecke.
»Ach, da sind Sie ja, Carmen! Ich habe schon auf Sie gewartet.«
»Ich habe mich nur ein wenig verspätet«, sagte sie mit einem bezaubernden Lächeln. »Dieser Esel wollte mich nicht ins Haus lassen. Was sagen Sie dazu, Jean?«
»In der Tat, Sie sind ein Esel, José. Ich habe Se ñorita Carmen für diesen Abend eingeladen.«
»Das ist natürlich etwas anderes«, murmelte der Portier, der zu den biederen Leuten von Santa Margarita gehörte. Zwischen ihm und den reichen Touristen herrschte die gleiche Kluft, wie bei all den anderen im Dorf. Sie waren sehr stolz, diese Mexikaner. Aber für Arbeit und Brot waren sie gewissermaßen gezwungen, diesen Stolz zu vergessen. Die Armen im Dorf sagten, dass die Leute, die in den Hotels arbeiteten, von den Abfällen der Reichen lebten, und so ganz unrecht hatten sie mit dieser Behauptung wohl nicht ...
»Nehmen wir zuerst einen Aperitif?«
»O ja, bitte«, antwortete Carmen. Er hatte ihr den Arm geboten, und sie hakte sich bei ihm unter. So führte er sie in die Hotelbar. Carmen genoss die bewundernden Blicke, die man ihr zuwarf. Ihr Stolz ließ sie
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