Hure in Gold ROTE LATERNE Band 12 (Rote Laterne Liebesroman) (German Edition)
noch schöner erscheinen. Ja, sie wirkte hoheitsvoll und war von einer geheimnisvollen Faszination umgeben.
Sie prostete Jean Tuffot zu, während er ihr tief in die Augen sah.
»Auf ein Mädchen wie Sie habe ich immer gewartet, Carmen«, flüsterte er.
Sie lächelte verhalten.
»Vielleicht habe ich immer auf einen Mann wie Sie gewartet, Jean? Aber ich werde mich nicht verschenken. Ich werde mich keinem Mann schenken, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
»Das ist sehr klug«, sagte er überraschenderweise. »Wenn Sie diese Einstellung wahrmachen, werden Sie es weit bringen, Carmen. So, und jetzt gehen wir hinüber in den Festsaal. Ich habe für uns einen Tisch reservieren lassen.«
Carmen schwelgte in all den Köstlichkeiten, die sie bisher nur von Bildern kannte. Noch nie vorher hatte sie so gut und elegant gespeist. Instinktiv verstand sie es, sich angemessen zu benehmen.
Später tanzte Tuffot mit ihr. Carmen fühlte sich im Himmel schweben. Doch er trat ihr nicht zu nah. Dies empfand sie als sehr wohltuend.
»Kommen Sie morgen wieder an den Strand?«, fragte er sie beim Abschied. Er hatte ihr angeboten, sie nach Hause zu bringen, aber das wollte sie nicht. Er sollte nicht sehen, in welch erbärmlichen Verhältnissen sie lebte.
»Ich komme«, versicherte sie. »Ich komme bestimmt, Jean. Und vielen Dank für diesen Abend.«
»Ich habe Ihnen zu danken«, sagte er. »Sie waren eine bezaubernde Gesellschafterin, Carmen.«
Sie winkte ihm noch einmal zu und trat dann in die Nacht hinaus. Bei den Palmen hinter dem Hotel sprang eine Gestalt auf sie zu. Erschrocken schrie Carmen auf.
»Ricardo!«, stieß sie hervor, nachdem sie den Fischerjungen erkannt hatte. »Was fällt dir ein?«
»Du bist doch zu ihm gegangen! Du bist zu ihm gegangen, wie eine läufige Hündin zum Köter geht!«
Hohnlachend warf sie ihren Kopf in den Nacken.
»Na und?«, fragte sie. »Ich habe einmal etwas Anständiges in den Magen bekommen, während du deine Maiskuchen geschluckt hast. Geh weg, du stinkst nach Fisch!«
Doch er riss sie an sich und versuchte sie zu küssen. Sie wehrte sich heftig und biss ihn schließlich in die Lippe.
Da ließ er sie los.
»Weißt du, was du in meinen Augen bist?«, fragte er keuchend. »Eine Puta - eine Hure!«
»Das wagst du mir zu sagen?«, rief sie fassungslos. »Du erbärmlicher, windiger, stinkender Fischer wagst es, mich eine Puta zu nennen? Geh mir aus den Augen und komm mir nie wieder nah! Sonst gehe ich dir mit meinen zehn Nägeln durchs Gesicht.«
Noch einmal versuchte er, sie an sich zu reißen. Da schlug sie zu. Rechts und links schlug sie ihn ins Gesicht, und zwar so heftig, dass er taumelte. Dann lief sie davon. Sie erreichte die Hütte in wenigen Minuten, riss die Tür auf, stürzte hinein und lehnte sich mit dem Rücken gegen die rissige Wand.
Plötzlich überkam sie ein Gefühl von Elend und Trauer. Für kurze Zeit bekam sie Angst vor sich selbst, fühlte, dass in ihr eine unsagbare Gier gewachsen war, von der sie blitzartig erkannte, dass sie sie aufzehren würde.
Doch dieses Gefühl dauerte nicht lange. Genauso plötzlich war es vorbei Sie wischte die Tränen aus dem Gesicht, zog das Kleid aus und legte sich schlafen.
Am nächsten Tag ging sie an den Strand. Da war sie wieder sicher, das Richtige zu tun.
Als sie die Treppe hinunterging, kam Jean Tuffot ihr bereits entgegen. Er zog sie ein wenig an sich.
»Ich glaube«, sagte er leise, »wir werden noch, wunderschöne Tage in Santa Margarita verleben.«
So verbrachte sie knapp zwei Wochen mit ihm. Ricardo Romero beobachtete alles aus der Ferne. Oft stand er oben an den Pinien und ballte vor Zorn die Hände. Doch was konnte er gegen ein stolzes Mädchen wie Carmen Gonzales ausrichten?
»Übermorgen reise ich ab«, sagte Jean eines Nachmittags zu Carmen. Ihr Kopf fuhr in die Höhe, und sie blickte ihn erschrocken an.
»Übermorgen schon?«, stammelte sie.
»Ja, Carmen, ich muss zurück nach Paris«, sagte er. »Die Geschäfte warten nicht länger.«
»Und was wird aus mir?«, fragte sie flüsternd.
»Carmen«, sagte er mit dunkel lockender Stimme, »Carmen, wenn du willst, nehme ich dich mit nach Paris.« Sie duzten sich inzwischen.
»Wirklich?«, fragte sie.
»Ja, Carmen, wenn du tust, was ich dir sage, dann wirst du in Paris eine großartige Karriere machen.«
»Ich will Karriere machen! Ach, ich will es, Jean! Ich werde alles tun, was du mir sagst, das verspreche ich dir. Aber ich will raus aus diesem Land. Ich
Weitere Kostenlose Bücher