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Hurra, die Lage wird ernst

Hurra, die Lage wird ernst

Titel: Hurra, die Lage wird ernst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Bell
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lange hell war.
In einen solchen Glanz getaucht, sahen die Gegenstände in diesem Raum mit
einemmal noch prächtiger aus. Die Gesichter auf den Bildern schienen sich zu
bewegen, die Pantherfelle glänzten seidig, und die Möbelstücke kamen einem noch
protziger vor.
    Als ich das alles in diesem
Augenblick vor mir sah, dachte ich an Ida Leitwein. Was würde sie wohl für
Augen machen, wenn sie mich, ihren ehemaligen Liebling, hier mitten zwischen
diesen prächtigen Dingen sehen könnte. Die gute Seele.
    Fast ihr ganzes Leben hatte sie in
ihrem muffigen Parterrezimmer zur Untermiete zugebracht und war nur in ihren
Träumen durch die Welt gereist. Fast nie fand sich ein Besucher bei ihr ein,
und doch schien das kleine Zimmer von Menschen zu wimmeln. Sie holte sie sich
alle herbei, indem sie sie jeden Tag von ihrem Fenster aus beobachtete, wenn
sie ahnungslos an ihr vorüberzogen, ohne die Sehnsucht nach einem Hauch von
Welt zu bemerken, die in Fräulein Leitweins flacher Brust tobte. Im Sommer sah
sie ihnen vom geöffneten Fenster aus zu. Vorher legte sie fürsorglich zwei
Kissen auf die Brüstung und klopfte sie liebevoll zurecht. Eines für mich,
damit ich mich am täglichen Ausguck beteiligen konnte, und eines als Unterlage
für ihre verschränkten Arme. So harrte sie stets aus, bis sich die Dämmerung über
das Geschehen dort draußen senkte. Im Winter spielte sich dasselbe hinter
beiseitegeschobenen Gardinen ab.
    Sie nannte mich übrigens Waldi, die
Ida Leitwein, und jeden Morgen kaufte sie sich von ihren paar Groschen ein
Stückchen dieser Welt auch am Zeitungskiosk. Das war stets eine Zeitung, deren
kräftigrote und schreiendgrüne Schlagzeilen uns schon entgegenleuchteten, wenn
wir noch meterweit vom Zeitungsstand entfernt waren. Und noch ehe wir ganz
herankamen hielt sie ihr der Mann aus der Bude immer schon fertig aufgerollt
entgegen.
    Sie konnte es danach kaum erwarten
heimzukommen, und wenn sie ihr Zimmerchen endlich erreicht hatte, blieb ihr
Ausguck für eine ganze Weile unbesetzt. Ich wurde auf ein Kissen zu ihren Füßen
beordert, und dann las sie mir mit glänzenden Augen die tollsten Dinge vor:
>Soraya im Unglück! Englands Königin in Deutschland! Rubirosa verunglückt!
Farah Diba und ihre Ehe!<
    Ich weiß nicht, ob sie glücklicher
wurde, wenn sie all diese Nachrichten las, aber ganz bestimmt weiß ich, daß sie
freiwillig ein ganzes Pfund ihrer heißgeliebten sauren Bonbons dafür hergegeben
hätte, um gemeinsam mit mir hier einzutreten. Hier in dieses Haus, in dem noch
Dinge geschehen sollten, von denen ebenfalls schreiende Schlagzeilen künden
würden.
     
    Unsere
mißmutige Prinzipalin war auf eine Treppe zugesteuert, deren Vorhandensein ich
gestern gar nicht bemerkt hatte. Eine leicht geschwungene breite Treppe. Nicht
ganz so breit, wie es die Treppen zu sein pflegen, auf denen Film- oder
Revuestars in wallenden Gewändern hinunterschreiten, aber sie paßte in dieses
Haus. Frau Lucas streckte erklärend eine Hand nach oben.
    »Gehen Sie die Treppe hinauf. Die
dritte Tür am Ende des Ganges ist Ihr Zimmer. Sie werden es wohl auch alleine
finden. Packen Sie erst einmal aus, aber etwas eilig, wenn ich bitten darf.
Wenn Sie damit fertig sind, gehen Sie ins Wohnzimmer, das kennen Sie ja schon.
Dort wartet ein Haufen Arbeit auf Sie. Sie werden schon sehen, was Sie tun
müssen. Ich hoffe aber auch, daß ich bis dahin soweit fertig bin und Ihnen
alles Weitere erklären kann.«
    »Wie Sie wünschen, gnädige Frau«,
sagte Anja.
    Niemand sonst begegnete uns im
Hause, auch nicht, als wir die Treppe hinaufstiegen. Kein Laut war zu hören.
Neugierig öffnete Anja die Tür zu dem Zimmer, das Frau Lucas als das unsere
bezeichnet hatte. Ich lugte unten um den Türpfosten.
    Alles was recht ist, da gab es
nichts auszusetzen. Alles, was ein moderner Mensch braucht, war vorhanden. Es
war freundlich eingerichtet, mit hellen, zeitlosen Möbeln. Sogar ein kleines
Bad war in einer Ecke eingebaut und wurde durch einen Vorhang verdeckt. Von
einem niedrigen Schränkchen aus sah uns das matte Auge eines Fernsehapparates
an. Ein kleines Radio stand daneben. Ob es Anja hier gefiel? Ich fand das
Zimmer ganz nett. Wenn wir mit unseren eigenen Düften erst all die fremden
Gerüche vertrieben hatten, war das nicht die schlechteste Unterkunft.
    Anja machte keineswegs den Eindruck,
daß sie beglückt hier
    Einzug hielt, aber das konnte auch
andere Gründe haben. Außerdem, für lange Überlegungen nahm sie sich keine Zeit,
ließ

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