Hurra, die Lage wird ernst
hatte, kamen
Anja und ich zu unserer Mahlzeit. Ehe Anja uns aber das Essen in Teller und
Schüsselchen füllte, holte sie zuerst noch die ausgelegte Schnur ein, den
Apparat aus dem Abfalleimer und lächelte ahnungsvoll vor sich hin.
Heute meine ich, daß es unvorsichtig
war, einfach darauf zu vertrauen, daß uns niemand stören würde. Die erstaunten
Augen hätte ich sehen mögen, wenn einer von ihnen plötzlich in die Küche
geplatzt wäre und seine eigene Stimme gehört hätte. Nicht auszudenken, was dann
hätte passieren können. In diesem Augenblick jedoch konnte ich vor Aufregung
kaum fressen, als sich Anja das Kästchen vor den Teller stellte und den Hebel
hinunterdrückte. Eine Stimme sagte: »Aber daß du darauf bestehst, daß ein
Schneidbrenner mit muß, das weiß ich erst seit Dienstag.« Das hatte ich doch
schon mal gehört. Ja, vorhin im Eßzimmer, als sie sich stritten. Bully hatte es
gesagt, ja, es war Bullys Stimme, und gleich darauf hörte ich, wie Eddie sagte:
»Und was hast du gedacht, wozu wir dich brauchen, he?«
Toll, wirklich toll. Das war eine
ausgezeichnete Idee von Anja, ihre Gespräche aufzunehmen. So erfuhr auch sie
hoffentlich bald, was die Burschen und ihre Lady wirklich vorhatten. Auch Anja
vergaß das Weiteressen. Mit hochroten Backen saß sie vor dem Ding und starrte
es an, als könnte sie die Sprechenden nicht nur hören, sondern ihre Abbilder auch
in dem Kästchen sehen. Die Hand mit der Gabel hing kraftlos herunter, so
gebannt horchte sie auf die Worte, die da gesprochen wurden. Ich konnte
währenddessen schnell meinen Napf leerfressen, denn dieser Teil des Gespräches
war mir ja bekannt. Ich war gerade fertig, als ich Frau Lucas sagen hörte: »—
mit dem Mädchen habt ihr nichts zu tun!« Jetzt wurde es auch für mich wieder
interessant.
»Na, dann kann et ja morjen
losjehn.« Das war Jo, seine Stimme war unverkennbar, vom Dialekt gar nicht zu
reden. Dann sagte Eddie: »Immer langsam, mein Freund. Heute abend werden wir
zuerst noch einmal alles von A bis Z durchpauken, so lange, bis der letzte
Handgriff klar ist.«
Bully: »Warum denn bloß, ich hab’
mir den Plan noch mal angesehen, ich hab’ den Schneidbrenner beschafft und wir
haben schon x-mal alles beredet. Wie oft willst du denn noch alles durchkauen?
Ich für meinen Teil hab’ heute abend was ganz anderes vor.«
Eddie wütend: »Ihr tut, was ich
sage, ist das endlich klar? Wenn du schon nicht mehr Verstand hast, als unter
einen Fingernagel geht, dann höre wenigstens auf andere, die ihn für dich
mitgebrauchen müssen. Punkt sieben will ich dich hier sehen. Bis dahin kannst
du von mir aus machen, was du willst, also hau schon ab.«
Dann hörte man ein Weilchen nichts,
dann schlurfende Schritte und das Zuklappen einer Tür.
Dann sagte Jo: »Warum biste bloß
immer so sauer auf den Bully. Meinste vielleicht et würd’ besser, wenn de ihn
dauernd so anfährst?«
Eddie: »Einmal und nie wieder. Mit
dem Kerl werde ich nicht einmal mehr ein Kölsch zusammen trinken, viel weniger
ein Ding drehen.«
Frau Lucas: »Jo hat recht. Laß den
Bully jetzt endlich in Ruhe.«
Eddie: »Aber wenn er doch dauernd
was dreinzureden hat?«
Frau Lucas: »Dann kannst du ihn auch
anders zur Raison bringen, als durch deine ewige Schnauzerei.«
Eddie: »Quatsch, ich weiß am besten
selbst, wie ich mit einem von seiner Sorte umzugehen habe. Laß das nur meine
Sorge sein und kümmere du dich gefälligst um deine Angelegenheiten.«
Tipp tapp, tipp tapp machte es dann,
und schon wieder schloß sich eine Tür, diesmal aber krachend.
»Weiber«, sagte Eddie wütend. Dann
war plötzlich Stille im Kästchen.
Niemand sagte mehr etwas und Anja
zog den Hebel, noch ganz in Gedanken versunken, wieder herunter.
»Hast du das gehört?« fragte sie
mich. Und wie ich zugehört hatte! Für Anja würde es schwer sein, sich auf diese
Gespräche einen Reim zu machen, aber ich war sicher, daß sie ihr Köpfchen
anstrengen und zu dem richtigen Ergebnis kommen würde. Für mich stand
jedenfalls fest, daß es morgen soweit war. Morgen würden sie einen oder zwei
Geldschränke knacken. Morgen schon, da blieb für Anja und für mich nicht mehr
allzuviel Zeit, ihnen einen Riegel vorzuschieben. Ich mußte an den großen Plan
heran, den Bully immer noch auf seinem Zimmer hatte. Ich mußte ihn Anja noch
heute bringen, sonst war es zu spät. Zwar wußte ich nicht einmal mit
Bestimmtheit, ob er für Anja von Bedeutung war, aber ich mußte es versuchen, am
besten,
Weitere Kostenlose Bücher