Hurra wir kapitulieren!
richtigen Staat, aber ein »failed State« sind sie dagegen schon. Kein anderes Volk, keine andere Eth-nie hat in den letzten Jahrzehnten pro Kopf so viel materielle Hilfe bekommen wie die Palästinenser, und nirgendwo ist das Geld so schnell im Sand versickert wie zwischen Ramallah und Gaza. Und niemand will wissen, wo es geblieben ist, am wenigsten die europäischen Geldgeber. Denn obwohl sich der Lebensstandard der Palästinenser von Jahr zu Jahr verschlechtert hat, ist das Geld gut angelegt. Es ist »Schutzgeld«, wie es überall auf der Welt von Kneipenwirten bezahlt wird, damit die Mafia sie in Ruhe lässt. Tatsächlich haben die Hamas, die Hisbollah, der Dschihad und die anderen »radikalen« Gruppen, die Palästina befreien wollen, darauf verzichtet, Ziele in Europa anzugreifen. Die EU bestreitet zwar offiziell, dass es einen Zusammenhang zwischen den Zahlungen und dem Ausbleiben von Terroranschlägen gibt, aber wenn man mit EU-Vertretern unter vier Augen vor Ort spricht, geben sie unumwunden zu, dass dies der Fall ist. Solange es nur die Israelis sind, die von Selbstmordattentätern heimgesucht werden, können die Europäer in aller Ruhe ihren Hobbys nachgehen: Palästina-Soli-Komitees organisieren, gegen die »Apartheid-Mauer« protestieren und Konferenzen über Wege zum Frieden im Nahen Osten veranstalten.
Die Abwahl der »korrupten« Fatah und der Sieg der »disziplinierten« und zu allem »fähigen« Hamas haben die Europäer aus dem Tritt gebracht. Darauf bedacht, den Status quo zu erhalten, hatten sie es plötzlich mit einer Truppe zu tun, mit der nicht einmal die PLO zusammenarbeiten wollte. So stand die EU plötzlich vor der Wahl: weiter zu zahlen und sich damit dem Vorwurf auszusetzen, die Vernichtung Israels zu finanzieren, oder nicht zu zahlen und das Risiko in Kauf nehmen, den Zorn der Hamas zu provozieren.
Da traf es sich gut, dass Schweden den EU-Konsens auf eigene Faust durchbrach. Stockholm erteilte dem Hamas-Minister für Flüchtlingsfragen, Atef Odwan, ein Schengen-Visum, mit dem er nach Europa einreisen konnte.
Hier sei ein kleiner Exkurs über Schweden erlaubt: Die schwedische Regierung lässt kaum eine Gelegenheit ungenutzt, sich von Israel zu distanzieren. Jüngste Beispiele: Im April 2006 sagte Schweden seine Teilnahme an einer europäischen Militärübung ab, weil Israel daran teilnahm. Im Mai änderte das Monopol-Unternehmen »Systembolaget«, das im ganzen Land 400 Geschäfte für alkoholhaltige Getränke betreibt, die Bezeichnung für Weine aus Israel. Aus »Made in Israel« wurde »Made in Israeli occupied Syrian territories«. Die staatseigene Firma bietet etwa 2 000 verschiedene Produkte aus 38 Ländern an, darunter fünf israelische Weine, die aus Golan-Trauben hergestellt werden. Israel hat die Golanhöhen im Sechstagekrieg 1967 erobert und 1980 Teile des Gebietes annektiert. Die Umetikettierung, erklärte ein Sprecher des Unternehmens, fand in Absprache mit dem Außenministerium statt.
Schwedens Haltung lässt sich mit Rücksichtnahme auf die etwa 400 000 Moslems erklären, die in Schweden leben. Rund 70 000 von ihnen sind im »Sveriges Muslimska Förbund« organisiert, dem größten Interessenverband der Moslems. Dieser erhob im Frühjahr 2006 die Forderung, spezielle Gesetze einzuführen, die das Leben der Moslems erleichtern sollten. Danach sollten Moslems für das Freitagsgebet und für andere wichtige Feiertage arbeitsfrei bekommen. Imame sollten moslemische Kinder an den staatlichen Schulen in Glaubensfragen unterrichten, in der jeweiligen Heimatsprache - anstelle des in Schweden üblichen neutralen Unterrichts über Religionen. Der gemeinsame Schwimm- und Sportunterricht an den Schulen sollte abgeschafft, besondere »Frauentage« in Schwimmbädern eingeführt und zinsfreie Bankkredite für den Bau von Moscheen bereitgestellt werden.
Der Integrationsminister nannte die Forderungen »vollständig inakzeptabel« und fand es »sehr traurig, dass Mensehen, die so lange in Schweden leben, mit Vorschlägen kommen, die völlig gegen unsere Grundsätze gerichtet sind«. Damit war die Sache vom Tisch - vorläufig.
Dass freilich auch in Schweden, das auf seine liberale Integrationspolitik stolz ist und sie dem übrigen Europa als Vorbild anbietet, etwas schief läuft, wurde den Schweden zum ersten Mal bewusst, als der Bezirksbürgermeister des Stadtteils Fosie in Malmö bekannt gab, dass die Mittelstufe einer Schule wegen »Gewalttätigkeit« geschlossen werden soll. In
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