Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hurra wir kapitulieren!

Hurra wir kapitulieren!

Titel: Hurra wir kapitulieren! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk M. Broder
Vom Netzwerk:
einem Bericht der Schulbehörde hieß es: »Die Atmosphäre in der Schule wurde im letzten Jahr härter, körperlich ausgetragene Konflikte sind gewöhnliche Begebenheiten. Streit und Zerstörung gehören zum Alltag. Das Personal erzählt von fehlenden Normen, Mafiastimmung und Ghettomentalität und berichtet von Bedrohung und Bestrafung unter den Schülern.«
    Die Schule liegt in einem Viertel von Malmö, für das man in Deutschland den Begriff »sozialer Brennpunkt« geprägt hat. Anfang der neunziger Jahre lag der Ausländeranteil bei 15 Prozent, inzwischen sind es 95 Prozent -Migranten aus Kroatien, Bosnien, Somalia, dem Irak und Nordafrika - vor allem Moslems.
     
    Doch zurück zur Hamas: Nachdem der Hamas-Minister für Flüchtlingsangelegenheiten, Atef Adwan, ein Schengen-Visum von Schweden bekommen hatte, konnte er ungehindert in die Bundesrepublik einreisen. In Berlin traf er, auf Vermittlung eines Freundes aus der deutscharabischen Gesellschaft, mit drei MdBs zusammen, Hellmut Königshaus und Karl Addicks (beide FDP) und Detlef Dzembritzki (SPD). Eigentlich sollte niemand etwas von den Unterhaltungen, die in einem Lokal in der Nähe des Brandenburger Tores geführt wurden, erfahren, aber in Berlin sprechen sich diskrete Aktivitäten noch schneller herum als früher in Bonn, und so standen die drei Abgeordneten plötzlich unter Erklärungszwang. Er habe eine »spontane Möglichkeit« zu einem »privaten, inoffiziellen Gedankenaustausch« genutzt, sagte der SPD-Abgeordnete, während die beiden Freidemokraten eine gemeinsame Erklärung abgaben, in der es unter anderem hieß, es habe sich um »ein persönliches, inoffizielles und vertrauliches Gespräch« gehandelt. Man habe dem Minister »unmissverständlich gesagt, dass ein Gewaltverzicht, die Anerkennung des Existenzrechts Israels und die Rückkehr zur Road Map die zwingende Voraussetzung ist für die Wiederaufnahme der eingestellten EU-Zahlungen«. Aus der Erklärung der beiden Parlamentarier geht nicht hervor, was der Hamas-Minister geantwortet hat. Dafür enthält der letzte Satz der Erklärung eine relevante Enthüllung: »Das Auswärtige Amt war über das Gespräch vorab informiert.«
    Das erklärt einiges. Was können drei Abgeordnete, die nicht zu den bekanntesten des Hohen Hauses gehören, einem Hamas-Minister sagen, das er noch nicht aus den offiziellen Verlautbarungen der EU wüsste? »Also, das mit dem Terror könnt ihr nicht machen, lasst das mal sein, dann gibt‘s wieder Kohle...« Da muss der Hamas-Mann ganz platt gewesen sein, mit so viel Härte hatte er nicht gerechnet. Wenn es aber nur darum ging, den offiziellen Standpunkt der EU zu vermitteln, warum mussten dann die Gespräche »inoffiziell und vertraulich« geführt werden? Und warum wurde das Auswärtige Amt »vorab informiert«?
    Weil das Ganze ein Versuchsballon war. Man wollte sehen, wie die Öffentlichkeit reagiert, wenn ein Hamas-Minister Abgeordnete der Regierungskoalition trifft, ohne die Regierung damit zu kompromittieren. Jeder Dammbruch fangt mit einem Haarriss an, und das waren gleich drei. Es kam nicht darauf an, worüber sich die MdBs mit dem Hamas-Minister unterhalten hatten, über Politik im Nahen Osten, das Wetter in Europa oder Joschka Fischers sukzessive Vielweiberei - das Einzige, worauf es ankam, war, dass sie sich mit ihm getroffen hatten.
    Der Beirat der früher von Jürgen W. Möllemann geführten Deutsch-Arabischen Gesellschaft (DAG), der die Treffen eingefädelt hatte, machte aus seiner Freude über den Scoop kein Hehl: »Wir verlangen, dass die Bundesregierung die demokratisch legitimierte Hamas-Regierung auch so behandelt. Wir halten das Durchbrechen des Hamas-Regierungsboykotts für einen wesentlichen Beitrag zum Nahost-Friedensprozess. Israel steht in Palästina, nicht Palästina in Israel. Welche Waffen haben denn die Palästinenser, um sich unter vertretbaren Verlusten zu wehren? Ich bin gegen Terrorattentate. Ich erkenne aber an, dass die Palästinenser kaum andere nennenswerte Mittel haben. Insofern verurteile ich die Hamas nicht.«
    Keiner der drei MdBs widersprach dieser Darstellung. Man war sich offenbar einig, dass die Palästinenser keine anderen nennenswerten Mittel außer Terror haben, um sich dagegen zu wehren, dass »Israel in Palästina« steht. Im Falle der beiden FDP-Leute war das auch deswegen bemerkenswert, weil sie Mitglieder der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) sind, was sie nicht davon abgehalten hat, mit einem Vertreter der Hamas

Weitere Kostenlose Bücher