Hurra wir kapitulieren!
Hamas keine Rechtfertigung«; dennoch »sollte sich Israel überlegen, woher all der Hass auf palästinensischer Seite kommt«. Die NZZ warnte vor einem Kollaps in den Autonomiegebieten: »Zehntausende von Mitgliedern der palästinensischen Sicherheitskräfte ohne Geld in der Tasche, aber mit der Waffe in der Hand, werden auf der Straße stehen. Die Autonomiebehörde könnte zusammenbrechen. Ein Irak-Szenario steht bereit.« Der Kommentator empfahl, »sich auf das Wagnis einzulassen: Im Gegensatz zur zerstrittenen und von Korruption zerfressenen PLO bietet die Hamas immerhin das Bild einer disziplinierten und fähigen Organisation, die Verpflichtungen eingehen und erfüllen kann«. Es fehlte nicht viel, und der Mann hätte vorgeschlagen, der disziplinierten und fähigen Organisation die Devisen der Schweizer Nationalbank anzuvertrauen.
Die von der EU angedrohten Sanktionen würden nicht die Schuldigen treffen, konnte man in der »Sächsischen Zeitung« lesen. »Bestraft fühlen sich vielmehr zehntau-sende Palästinenser, die sich auf dem Stimmzettel für die Hamas entschieden haben. Viele von ihnen, die in der Enge der Flüchtlingslager ohne Perspektive leben, treibt das erst recht in die Arme islamistischer Fanatiker.« Für die einfache Frage, warum die bis dahin überwiesenen Milliarden nicht dazu genutzt wurden, die Flüchtlinge aus der Enge ihrer Lager zu holen und ihnen eine Perspektive zu geben, reichte der Platz nicht mehr.
Der für Palästina zuständige Mann bei der »taz« sah die Hamas »mitten in einem tief greifenden Wandel, an dessen Ende die Niederlegung der Waffen und die Anerkennung Israels stehen könnten«. Darüber, wie lange so ein Prozess dauern und wie viele Menschen auf beiden Seiten er das Leben kosten könnte, machte der »taz«-Hellse-her keine Angaben. Dafür hatte er Herzerwärmendes aus der jüngsten Vergangenheit anzubieten: »Der letzte Anschlag innerhalb Israels, für den die Hamas verantwortlich zeichnete, fand im September 2004 statt; alle anderen Attentate gingen auf das Konto radikalerer Gruppen.« Das wird den Opfern des letzten von der Hamas gezeichneten Anschlags ein großer Trost sein, dass alle folgenden Anschläge von Gruppen exekutiert wurden, die noch radikaler sind. Wie aber kann man in einem solchen Fall die Radikalität noch steigern? Indem man öfter bombt? Stärkere Sprengsätze verwendet? Oder vor und nach jedem Anschlag für das Seelenheil der Getöteten betet?
Nachdem die Hamas die Wahlen in den palästinensischen Gebieten »auf demokratischem Wege« gewonnen hatte, gab sie noch vor der Kabinettsbildung ihr Regierungsprogramm bekannt. Es bestand im Wesentlichen aus drei Punkten: kein Frieden mit Israel, keine Anerkennung des zionistischen Gebildes, keine Verhandlungen mit den Besatzern. Das war nicht nur überschaubar, sondern auch ehrlich.
Europa freilich, das die palästinensische Autonomiebehörde mit ihren rund 160 000 militärischen und zivilen Mitarbeitern mit etwa 500 Millionen Euro jährlich finanziert, staunte, als habe es zum ersten Mal etwas von der Existenz einer politischen Bewegung namens Hamas erfahren. Die Hamas müsse, hieß es aus Berlin, Paris, Brüssel und Wien, der Gewalt abschwören, Israels Existenzrecht anerkennen und die Abkommen erfüllen, die zwischen Israel und der PLO geschlossen worden sind. Und sehr bald wünschten sich alle den guten alten Arafat zurück, der zwar bis auf die Socken korrupt, dafür aber viel kooperativer war.
Während sich die Europäer fragten, ob es wirklich eine so gute Idee war, »demokratische Wahlen« in den palästinensischen Gebieten zuzulassen, bewiesen die Hamas-Leute viel Sinn für Humor. Auf die israelische Ankündigung, man werde das Verbindungsbüro in Jericho schließen und jede Zusammenarbeit mit den palästinensischen Sicherheitsorganen beenden, sprach die Hamas von einer »Kriegserklärung« und drohte mit Gegenmaßnahmen. Eben noch setzte sie auf eine gute Zusammenarbeit mit Israel, und plötzlich wollten die bösen Zionisten nicht mehr mitspielen.
Ähnlich reagierte die Hamas auf die Ankündigung der EU, die Überweisung der Alimente vorläufig auszusetzen. Dies komme, erklärte ein Hamas-Sprecher, »einer Kollektivstrafe für das palästinensische Volk« gleich.
Nun gehört es zu den Aufgaben und Pflichten einer jeden Regierung, für das Wohl des eigenen Volkes zu sorgen. Ist die Regierung dazu nicht in der Lage, spricht man von einem »failed State«. Die Palästinenser haben noch keinen
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