Hurra wir kapitulieren!
unmöglichen Äußerungen, sicher ein großes Problem für uns, wenn Ahmadinedschad kommt«, sagte der Erzbischof von Hamburg, Werner Thissen, »trotzdem bietet sich da die Chance, den Dialog fortzuführen - und dazu gibt es einfach keine Alternative.« - »Er kann natürlich zu den Spielen kommen«, meinte Wolfgang Schäuble am Rande einer Tagung der Evangelischen Akademie Bad Boll zum Thema »Fußball unterm Hakenkreuz«, »mein Rat ist, wir sollten gute Gastgeber sein.« Falls der iranische Präsident wirklich kommen sollte, versprach Schäuble, werde er »ihn auf seine Äußerungen ansprechen«.
Dieter Wiefelspütz, in der SPD-Fraktion für Innenpolitik zuständig, sah ebenfalls keine Chance, einen Besuch des iranischen Präsidenten bei der Fußball-WM zu verhindern. »Wir können die Tür nicht zumachen, wenn er anklopft.« Er hoffe, »dass sich die Dinge sportlich regeln«, soll heißen, dass die Iraner schon in der ersten Runde rausfliegen.
Während Schäuble und Wiefelspütz stellvertretend für die politische Klasse ihre Ohnmacht bekundeten, gab der Iran bekannt, man habe Uran für Kernkraftwerke erfolgreich angereichert. Eine Frist des UN-Sicherheitsrates, die Uran-Anreicherung zu stoppen, verstrich unbeachtet. Ahmadinedschad erklärte, sein Land schere sich »einen Dreck« um UN-Resolutionen, die Islamische Republik werde »mit niemandem über ihr absolutes Recht auf Nutzung der zivilen Atomtechnologie verhandeln«. Zugleich forderte Teheran die UN auf, sofort gegen die USA einzuschreiten, Amerika müsse von seinen Drohungen einer militärischen Intervention gegen den Iran abgebracht werden.
Auch die Umweltorganisation Greenpeace Deutschland erklärte sich mit dem Iran solidarisch. »Es wäre dringend notwendig, dass Deutschland die US-Regierung endlich öffentlich dazu drängt, ihrer Verpflichtung aus dem Nichtverbreitungsvertrag nachzukommen und selbst atomar abzurüsten«, sagte die Geschäftsführerin von Greenpeace Deutschland. Westliche Atomstaaten müssten glaubwürdig handeln und ihre eigenen Atomwaffenarsenale abbauen.
Während der Sicherheitsrat sich noch immer nicht über eine Resolution einigen konnte, ging Teheran wieder in die Offensive und ließ durch den Sprecher des Außenministeriums erklären: »Eine Intervention des Sicherheitsrates wäre ein Schritt von der Kooperation zur Konfrontation. Der Sicherheitsrat sollte nichts tun, was ihm später Ärger bereitet.« Und dann, Anfang Mai, passierte etwas, womit niemand gerechnet hatte: Ahmadinedschad schrieb einen achtzehn Seiten langen Brief an George W Bush. Die Welt hielt den Atem an; es war der erste direkte Kontakt seit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen 1979 . Eine Sensation, die gebührend gefeiert wurde.
Als nach zwei Tagen eine englische Übersetzung vorlag, stellte sich heraus, dass in dem Brief nichts stand außer den bekannten Phrasen, Banalitäten und Platitüden zur Lage der Welt, gespickt mit Zitaten aus dem Koran. Der Liberalismus und die Demokratie westlichen Stils hätten versagt, die Anschläge vom 11 . September seien mit Hilfe von Geheimdiensten durchgeführt worden, die Gründung Israels sei widerrechtlich erfolgt und der Krieg im Irak mit Lügen begründet worden. Originell waren nur Ermahnungen, die Ahmadinedschad an die Adresse der USA richtete: »Die Geschichte lehrt uns, dass repressive und grausame Regierungen nicht überleben.«
Ahmadinedschad hatte es wieder einmal geschafft. Er gab den Ton und das Tempo an. Die Welt atmete tief durch und der außenpolitisch völlig unerfahrene Experte für Verkehrsplanung freute sich wie ein Geisterfahrer auf der Autobahn, dem alle entgegenkommenden Autos im letzten Moment ausweichen. Auch wer ihn nicht mochte, konnte nach diesem Scoop nicht umhin, ihn für dieses Kunststück zu bewundern.
Und so ging es weiter. Mal stellte sich der Iran stur, mal gab er sich konziliant und machte von sich aus Vorschläge, wie zum Beispiel den, das Thema statt im Sicherheitsrat lieber bei der Internationalen Atomenergie Agentur zu behandeln. Es war ein Spiel auf Zeit, denn derweil wurde die Arbeit an der Urananreicherung fortgesetzt. Und Bahman Nirumand fand endlich den »Schlüssel zur Lösung des iranischen Atomkonflikts«. Iran sollte das Recht »auf Urananreicherung auf niedriger Ebene und unter verschärfter Kontrolle zugestanden« werden, damit »würde man Radikalislamisten vom Schlage eines Ahmadinedschad den Wind aus den Segeln nehmen«. Der kleine Schönheitsfehler dieser
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