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Hurra wir kapitulieren!

Hurra wir kapitulieren!

Titel: Hurra wir kapitulieren! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk M. Broder
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iranischen Präsidenten von Anfang an zur Persona non grata erklärt.
    Ganz zum Schluss ergriff der Chef der Grünen, Reinhard Bütikofer, die Gelegenheit, retroaktiven Mut zu beweisen. Auf einer Demo in Leipzig, wo die iranische Elf gegen die angolanische Auswahl spielte, nannte er den iranischen Präsidenten einen »Islamofaschisten«, ohne freilich auf den Stuss einzugehen, den Bütikofers Parteifreunde Trittin und Kuhn kurz vorher von sich gegeben hatten. Außerdem stand zu diesem Zeitpunkt schon fest, dass die Iraner nach Hause reisen und Ahmadinedschad nicht nach Deutschland kommen würde. So konnte Bütikofer noch ein Tor ehrenhalber schießen, das niemand mehr weh tat - am wenigsten ihm selbst.
    Auch auf der großen Bühne ging das Schattenboxen weiter. Nach etlichen Kompromissangeboten und Fristen, die der Iran souverän verstreichen ließ, und ein halbes Jahr, nachdem die »Welt« gemeldet hatte, der Westen würde »die Geduld mit dem Iran« verlieren, meldete die dpa Anfang Juli: »EU drängt Iran zu rascher Antwort.« Der iranische Atom-Chefunterhändler Ali Laridschani hatte kurzfristig ein Treffen mit dem EU-Außenminister Javier Solana abgesagt, weil er es empörend fand, dass die Vorsitzende des »Nationalen Widerstandsrats« des Iran eine Pressekonferenz im Europa-Parlament in Straßburg geben durfte. Als das Treffen unter Druck der EU wenig später doch stattfand, signalisierte der Iraner »weitere Verhandlungsbereitschaft« und die Europäer vernahmen »positive Signale«.
    So ging das Katz- und Maus-Spiel in die nächste Runde. Die Maus fletschte die Zähne und die Katze zog die Krallen ein.
    »Ausländer bevorzugen Schulen ohne Ausländer«
     
     
     
     
    Was heute der »Migrationshintergrund« ist, das war mal die Oma aus Schlesien. Sie saß den ganzen Tag in der Küche rum und verbreitete Schuldgefühle. War sie schlecht gelaunt, schaute sie stumm aus dem Fenster. War sie dagegen guter Laune, erzählte sie Geschichten von früher: dass in Ratibor alles schöner, besser und sauberer war. Oma war eine Nervensäge, aber ein harmloser Mensch, der sich nach etwas sehnte, das es nicht mehr gab. Nie wäre sie auf die Idee gekommen, das Essen aus dem Fenster zu werfen oder ihre Enkel zu schlagen, weil sie selbst als Kind Haus und Hof verlassen musste. Denn Oma hatte zwar einen »Migrationshintergrund«, sie hatte aber auch Manieren. Einer ihrer Lieblingssätze war: »Das macht man nicht.« Der Satz reichte, um sich im Leben zurechtzufinden.
    Heute dagegen bedeutet »Migrationshintergrund« eine Art Freifahrtschein für alle Fälle. Wer einen »Migrationshintergrund« hat, der braucht nur noch in ganz extremen Fällen einen Anwalt, zum Beispiel wenn er einen Filmemacher auf offener Straße abschlachtet. Bei minderen Vergehen gegen Recht, Gesetz und Ordnung reicht der Hinweis auf den »Migrationshintergrund« gegenüber den Medien und der Öffentlichkeit, um umgehend Empathie mit dem Täter, Kritik am Verhalten des Opfers (»Ein Provokateur, der vor nichts und niemand Respekt hatte«) und die bewährte Frage zu evozieren: Was tun wir ihnen an, dass sie uns so hassen?
    Diese Frage war es, die in ganz Frankreich diskutiert wurde, nachdem Ende Oktober 2005 in dem Pariser Vorort Clichy-sous-Bois Unruhen ausbrachen, die sich bald über große Teile des Landes ausbreiteten. Auslöser war der Tod zweier Jugendlicher, die sich auf der Flucht vor der Polizei in einem Transformatorenhäuschen versteckten und dabei tödliche Stromschläge erlitten. Daraufhin brannte es zuerst in Clichy-sous-Bois, dann in den »Ban-lieues« rund um Paris, wenig später auch in Dijon, Rouen, Le Havre und Marseille. Nacht für Nacht wurden hunderte von Autos abgebrannt, Schulen, Kindergärten und Geschäfte angezündet. Frankreich hatte seine »Intifada«, und die Franzosen, die so viel Geschick beweisen, wenn es darum geht, anderen mit guten Ratschlägen zu helfen, waren erst einmal ratlos.
    Der bekannte Soziologe Michel Wieviorka beklagte ein »Versagen des republikanischen Integrationsmodells«, die randalierenden Jugendlichen fühlten sich seiner Meinung nach »ungerecht behandelt und von der Gesellschaft verachtet«, weswegen sie dazu neigten, »alles anzugreifen, was die Institutionen des Staates symbolisiert«. Wieviorkas Kollegen empfahlen, in so genannten »Problemvierteln«, wo Familien keine Orientierungshilfen mehr geben könnten, das Vereinsleben zu stärken und Beratungsstellen zur Stabilisierung des sozialen Gefüges

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