Hurra wir kapitulieren!
Ein Jahr zuvor hatte Kelek schon mit ihrem Buch »Die fremde Braut« für Aufsehen gesorgt, in dem sie das Sklavendasein moslemischer »Importbräute« in Deutschland beschrieb. Bei den »verlorenen Söhnen« ging es darum, warum sie scheitern. Nicht weil sie von der deutschen Gesellschaft diskriminiert, ausgegrenzt und sozio-ökonomisch benachteiligt werden, schreibt Kelek, sondern weil sie es nicht lernen, sich vom »Herdentier« zum »Individuum« zu emanzipieren, weil sie alles nachmachen, was ihnen die Väter vorleben und weil sie immer darauf achten, was die anderen über sie sagen, statt ein eigenes Gewissen zu entwickeln.
Das war mehr, als die mit Migranten befassten Gutmenschen verdauen konnten, die ihre Aufgabe in erster Linie darin sehen, das Bild des »edlen Wilden« zu verteidigen. In ihrem Appell (»Gerechtigkeit für die Muslime!«), der Anfang Februar in der »Zeit« erschien, greifen sie nicht nur Neda Kelek, sondern auch Ayaan Hirsi Ali und Seyran Ates an, zwei weitere moslemische Autorinnen, die über ihre Erfahrungen mit ihrer Religion geschrieben haben. »Bei diesen Werken handelt es sich um eine Mischung aus Erlebnisberichten und bitteren Anklagen gegen den Islam, der durchweg als patriarchale und reaktionäre Religion betrachtet wird«, heißt es in dem Manifest der 60 , »um reißerische Pamphlete, in der (sie!) eigene Erlebnisse und Einzelfälle zu einem gesellschaftlichen Problem aufgepumpt werden...« Keleks »Analysen« seien »nichts mehr als die Verbreitung billiger Klischees über >den Islam< und >die Türken<, angereichert durch schwülstige Episoden aus Keleks Familiengeschichte«.
Was die Autoren aber noch mehr aufregt als authentische Erlebnisberichte, die sie als »billige Klischees über den Islam und die Türken« abqualifizieren, ist die Tatsache, dass Kelek damit jenseits der universitären Forschungsgruppen wahrgenommen wird. Ihr Ziel sei es, »am Buchmarkt einen Erfolg zu landen und sich dabei selbst als authentische und vorgeblich wissenschaftlich legitimierte Ansprechpartnerin zu allem, was mit >den Türken< oder >dem Islam< zu tun hat, in Szene zu setzen«, nicht zufällig werde Kelek »von der taz bis zur ZEIT gerne konsultiert, wenn es darum geht, >türkische< oder >islamische< Verhaltensweisen zu deuten«.
Der Brief der 60 Migrationsforscher verströmt aus jeder Zeile den Neid von Leuten, die sich von der Öffentlichkeit nicht genug beachtet fühlen, obwohl sie »differenzierte wissenschaftliche Forschung« betreiben, während Neda Kelek für ihre »unseriösen Pamphlete« sogar den Geschwister-Scholl-Preis bekommen hat und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge beraten darf. Was für eine Schweinerei!
Von diesem Ausbruch akademischen Futterneids war die Chefin der Grünen, Claudia Roth, so angetan, dass sie ihn sogleich auf ihre Homepage setzte. Sie teile die Bedenken »ausdrücklich«, die Verbreitung der »Klischees über den Islam« schüre nur »einen Generalverdacht gegen Muslime« und leiste »einem Kampf der Kulturen und Religionen Vorschub«. Frau Roth, sonst bei jeder Demo gegen die Verletzung von Menschenrechten in Ozeanien ganz vorn dabei, warnte vor »politischer Demagogie« und »wissenschaftlicher Scharlatanerie« und forderte »dringend eine Versachlichung der Diskussion«. Deeskalation beginnt ja bekanntlich daheim.
So hanebüchen solche Beiträge zur wissenschaftlichen Leitkultur auch waren, sie machten deutlich, dass in Deutschland nicht über Phänomene an sich, sondern nur über die Art ihrer Wahrnehmung diskutiert wird, wobei es darauf ankommt, möglichst schnell auf den Punkt zu kommen, das heißt, den Schuldigen zu benennen. Und so wie die Dinge nun mal liegen, kann das nur »die Gesellschaft« sein. Ersatzweise auch »die Politik«. So schreiben die 60 »Migrationsforscher« in ihrem Manifest »Gerechtigkeit für die Muslime«, natürlich gebe es »arrangierte Ehen« als Folge von »Heiratsmärkten« zwischen den Herkunfts- und den Einwanderungsländern, man müsse solche Märkte nicht gut finden, sollte aber »ihren Entstehungskontext begreifen«, nämlich als »Ergebnis der Abschottungspolitik Europas gegenüber geregelter Einwanderung«.
Gewiss, wenn Europa sich nicht so blöde anstellen und alle Grenzen aufmachen würde, wären die türkischen Jungs nicht gezwungen, sich ihre Jungfrauen aus Anato-lien zu holen, sie könnten sie auch gleich nebenan, bei Rudis Reste-Rampe, finden.
Dass Kelek selber Türkin ist und sich in dem
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