Hurra, wir leben noch
kleiner Tritt in den Hintern war bei mir eigentlich schon überfällig. Schade um das viele schöne Geld, das ich auf Dewey gesetzt habe. Jesus kann was erleben, wenn ich ihn nächstes Mal sehe! Als sie dann auf dem Rhein-Main-Flughafen landeten, hörten alle eine weibliche Stimme aus den Lautsprechern: »Herr Jakob Formann … Herr Jakob Formann … soeben gelandet mit PAN AMERICAN AIRWAYS aus New York … Bitte, kommen Sie zum Informationsschalter! Wir haben eine Nachricht für Sie! Herr Jakob Formann aus New York, bitte …«
»Warten Sie einen Moment«, sagte Jakob zu seinem Experten. Übernächtigt, unrasiert und mit schmerzenden Knochen ging er zum Informationsschalter. Das wird Jesus sein, dachte er. Hat mir vermutlich ein Telegramm geschickt. Entschuldigt sich.
Eine Blondine lächelte ihm entgegen. »Herr Jakob Formann?«
»Ja.«
»Wir haben ein Telegramm für Sie.«
»Ich weiß. Danke.« Jakob nahm den Unschlag und riß ihn auf, zog das Telegramm heraus und las. Danach mußte er sich ganz schnell auf eine Bank setzen, sonst wäre er umgefallen. Der Text des Telegramms lautete:
x lieber jakob du gluecklicher hund stop du musst besoffen oder verrueckt gewesen sein als du in phoenix den wettschein ausgefuellt hast stop hast versehentlich auf truman gewettet stop gewinn von dollar 234 587 wiederhole 234 587 dollar liegt bei mir zu deiner verfuegung stop gott segne dich jesus x
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x 3. nov. 1948 x 20.41 x jesus washington meyer sixth street tuscaloosa state of alabama usa x hebe geld fuer mich auf und ueberweise sofort dollar 50 000 an miss jill bennett 126 huston street washington besten dank und herzliche gruesse stop dein lieber freund jake x
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»E … E … Es ist so we … weit … Zwölfter Mai neunzehnhundertneunundvierzig … Nu … null Uhr eins … D … Der Schlagbaum hebt sich hier am Kontrollpunkt Helmstedt … D … Die Blockade ist zu Ende … B … Be … Berlin ist kei … keine Insel mehr …«
Der Mann, der diese Worte, langsam und stotternd, keineswegs lallend, obwohl seit Stunden trinkend, in ein Handmikrofon sprach, war Klaus Mario Schreiber. Seine Akne blühte, daß es eine Freude war! Das Mikrofon war verbunden mit einem Tonbandkoffer, der sich auf dem Wagenboden eines brandneuen Porsche hinter den Vordersitzen befand. Die Spulen des Apparates drehten sich langsam, grün glühte das magische Auge des batteriegespeisten Magnetofons, das ebenfalls brandneu war und lächerliche zweiundzwanzig Kilogramm wog.
»…so also sieht das E … Ende aus«, sprach Schreiber. »Und so der A … Anfang! Keine Fa … Fackelzüge vermutlich in Berlin, kein Freudengeheul! Ein Knipsen am Schalter nach zehn Mo … Monaten Finsternis – und es wird Licht! … Verflucht, Chef, fa … fahren Sie nicht so nervös! Jetzt ha … habe ich mir das Hemd mit Whi … Whisky versau … saut! … Fliedersträuße … Fliedersträuße fliegen in die Wagen, die sich vom We … Westen aus nach Berlin auf den We … Weg machen … OKAY ist na … natürlich dabei …«
Jakob Formann, neben Schreiber am Steuer des Porsche, spuckte fluchend Fliederblüten aus, während er sich mühte, im Feuer von blitzenden Fotografen und gleißenden Scheinwerfern der Wochenschauleute in keinen anderen Wagen hineinzufahren und gleichzeitig zu verhindern, daß ein anderer Wagen in ihn hineinfuhr.
Klaus Mario Schreiber nahm abermals einen kräftigen Schluck, bevor er Stichworte für seinen großen Bericht über das Ende der Blockade in das Mikrofon sprach: »… viele Hu … Hunderte von Journalisten aus der ga … ganzen Welt … Funkreporter … alliierte Offiziere … Neugierige … Der Schla … lagbaum … wir fahren unter ihm durch … Ha … Haben wir noch eine P … Pulle Whisky? Go … Gott sei Dank. Die ist fast leer. Und wir haben noch ein ordentliches Stück Weg vo … vor uns … Wir fahren … fahren … Fi … Finsternis … Wald … Zwei Kilometer Niemandsland … Jetzt ha … haben wir den sowjetischen Kontrollpunkt erreicht … Nur schwach beleuchtet … Ein paar sowjetische Offiziere, ein paar Volkspolizisten, sehr höflich, aber reserviert … K … Kein … Publikum … Kei … Keine Freudenstimmung … M … Moment, ich steige aus … Sinnlos … bi … bin schon wieder im Wagen … In den Ko … Kontrollräumen der drei W … Westmächte und der Polizei gibt es nur vier Telefone … Die Journalisten, die ihren Bericht du …
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