Hush Hotel
durchgegangen. Ich hab nicht groß nachgedacht.”
Sie lachte und vertrieb damit sein schlechtes Gewissen. “Ich hatte eigentlich geglaubt, es hatte was mit Gefühl zu tun. Dass man hätte nachdenken sollen, hat mir keiner gesagt.”
Sie bückte sich, um ihre Hose hochzuziehen. Er entfernte das Kondom, zog sich ebenfalls wieder an und brummelte: “Ich bin zu alt für so was.”
“Für was?”, fragte sie und knipste das Licht an. Er blinzelte. Sie blinzelte. Die Glühbirne flackerte. “Um das zu tun, worauf du Lust hast? Spontan zu sein?”
Irgendwie sah sie verletzt und verwirrt aus. Das wollte er nicht. “Nein. Dass ich mich nicht zurückgehalten habe. Dass ich dich nicht besser behandelt habe.”
Wieder lachte sie. “Wenn du mich noch besser behandelst, brauche ich wahrscheinlich einen Rollstuhl. Außerdem will ich nicht, dass du dich zurückhältst. Weißt du, wie toll du für mein Ego bist?”
Warum störte ihn diese Bemerkung so? War es am Ende doch nur seine Popularität, die ihn für sie attraktiv machte?
Doch er schüttelte seine Bedenken ab und sagte nur: “Schön, dass du mit mir zufrieden bist.”
Sie baute sich vor ihm auf und nahm sein Gesicht in ihre Hände. “Es ist mehr als das. So was Tolles wie mit dir habe ich noch nie erlebt, und dabei kenne ich dich erst seit ein paar Tagen. Welchen Reim soll ich mir darauf machen? Warum begehrt jemand wie du ausgerechnet mich?”
“Warum nicht?” Er verstand nicht. “Du bist schön. Du bist offen und ehrlich und verdammt sexy.”
“Ich bin eine Kellnerin, eine kleine Studentin.” Sie ließ ihn los und lehnte sich gegen die Tür. “Du bist weltberühmt und bewegst dich in Kreisen, von denen wir Normalsterbliche nur träumen können.”
“Hör auf damit.” Er legte die Hände auf die Hüften, ließ den Kopf hängen und versuchte, seine Verärgerung herunterzuschlucken. “Heb mich bitte nicht auf einen Sockel. Ich bin ein Mensch. Ein Mann. Und mehr nicht.”
Sie sah ihn mit brennender Neugierde an. “Warum habe ich immer das Gefühl, dass du dich selber irgendwie nicht leiden kannst?”
“Weil es Zeiten gibt, in denen es so ist”, antwortete er, überrascht von ihrer Intuition.
“Wieder das mit dem Hype, was?”, fragte sie, und als er keine Antwort gab, schlang sie die Arme um ihn und schmiegte sich an ihn. “Dich dauernd selbst runterzumachen, muss doch irgendwann langweilig werden.”
Wider Willen musste er lachen. “Vermutlich.”
“Erinnere mich bitte daran, dass ich mich nicht so runtermache, wenn ich erfolgreich bin.” Sie massierte mit ihren Fingerspitzen seine Wirbelsäule. “Ich würde nämlich meinen Erfolg lieber genießen, als mir unnötig Gedanken zu machen.”
Er hätte sie gerne für naiv gehalten, aber das war sie nicht. Sie war nur optimistisch. Ein Licht im Dunkel. Fest davon überzeugt, dass sie Erfolg haben würde – und dass sie nicht aufgeben würde, falls es nicht so wäre. “Ich glaube, es liegt dir nicht, dich selbst runterzumachen.”
Da schob sie ihn weg und öffnete mit selbstironischem Lachen die Tür. “Erinnere mich bitte daran, dich nie meinen Freunden vorzustellen. Die werden dich nämlich ganz schnell vom Gegenteil überzeugen.”
“Ach ja?”, fragte er neugierig.
“Ja. Sie gehören zu der Sorte, die einem unumwunden die Wahrheit sagen”, antwortete sie und fügte schnell noch hinzu, bevor sie wieder an die Arbeit ging: “Aber ich glaube gern den Hype, der über mich erzählt wird.”
Morgens um halb vier saß Shandi in ihrer Wohnung auf dem Boden vor dem Fenster und wartete auf Evan. Hätte sie doch nur Quentins Einladung angenommen, bei ihm zu übernachten! Sie wusste gar nicht, warum sie es ausgeschlagen hatte.
Körperlich wäre sie dazu durchaus in der Lage; aber kopfmäßig war sie mal wieder zu sehr mit ihren Selbstzweifeln beschäftigt. Sie dehnte sich, beugte sich vor zu ihren Zehen und berührte mit dem Gesicht ihre Knie.
Als er gesagt hatte, sie würde sich bestimmt nie runtermachen, hätte sie am liebsten laut gelacht. Sie war froh, dass sie es nicht getan hatte.
Schön, dass er sie mochte und sie für ausgeglichen hielt. Dabei war sie in Wirklichkeit total unsicher. Deshalb war wahr, was sie ihm gesagt hatte: Sie glaubte gern den Hype, der über sie erzählt wurde.
Je mehr sie darüber nachdachte, desto mehr verstand sie allerdings, warum er sich damit so herumquälte.
Sie störte es, dass sie sich nicht davon frei machen konnte, woher sie kam. Und ihn
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