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Hutch 01 - Gottes Maschinen

Hutch 01 - Gottes Maschinen

Titel: Hutch 01 - Gottes Maschinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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der Unterschied zwischen Politik und einem Kaffeekränzchen. Das eine ist Theorie und Analytik, und manchmal sogar Schauspielerei. Das andere ist ein Stück Leben.
     
    Es gibt eine Sorte von Bewußtseinsarchäologie, mit deren Hilfe wir alte Verletzlichkeiten und Ressentiments ausgraben, über ihnen brüten und sie ständig im Herzen tragen. Schließlich vergiften sie unser Denken und Fühlen genau wie die Jahrtausende alte Luft in neu entdeckten Gräbern. Dies wirft stets in mir die Frage auf, ob die Bedeutung der Geschichte nicht überschätzt wird.
     
    Ich habe immer eine Blutsverwandtschaft mit den Totengräbern aus Hamlet verspürt. Sie sind die ersten Archäologen, von denen die Geschichte berichtet.
     
    Geschichte hat nichts zu tun mit der Realität. Sie ist nur ein Standpunkt, ein Versuch, Ereignisse in eine Ordnung zu bringen, die im Grunde genommen chaotisch sind.
     
    Und eine Beobachtung aus einem Aufsatz über Pinnacle, von der Hutch sich wünschte, er hätte sie sich mehr zu Herzen genommen:
     
    Das Universum hat einen Sinn für Humor. Vor zwei Jahren wollte ein Mann zu seiner Hochzeit fahren, als ein Meteorit seinen Wagen zertrümmerte. Der zukünftige Bräutigam nahm den Hinweis ernst und verließ die Stadt. Wenn die Umstände eine besonnene Ausgrabung nicht zulassen, dann täten Archäologen gut daran, den Wink des Schicksals ebenso zu beherzigen.
     
    Als der letzte der Redner geendet hatte, fragte Dick Wald, ob noch jemand etwas sagen wollte. Hutch besaß eine instinktive Scheu vor öffentlichen Auftritten. Aber nicht heute. Ohne zu wissen, was sie sagen sollte, schritt sie zum Podium und wandte sich den versammelten Gästen zu. Viele kannten sie bereits, und sie hörte vereinzelten Applaus.
    Sie suchte nach den passenden Worten. »Ich möchte eigentlich nur sagen«, fing sie an, »daß es immer großartig war, für ihn zu arbeiten.« Sie machte eine Pause. Der Himmel war mittlerweile blau und klar geworden, und er war weit entfernt. »Er starb, während er etwas tat, an das er glaubte. Er starb, denke ich, wie er es sich gewünscht hätte.« Sie blickte sich verzweifelt um und wartete auf eine göttliche Eingebung, aber ihr Verstand blieb leer. In einem Reflex nahm sie den Talisman und hielt ihn in die Sonne. »Liebe und Wohlstand«, fuhr sie fort. »Er schenkte mir das hier. Seine Inschrift ist in einer Quraquat-Sprache verfaßt, und sie bedeutet, daß Liebe und Sicherheit bei mir sein werden, solange ich es trage. Aber tatsächlich waren sie nur solange bei mir, wie er da war.«
    Später begrüßte sie Dick. Er erzählte ihr, daß Richard oft von ihr gesprochen hätte. Aus der Nähe war seine Ähnlichkeit mit ihm noch frappierender. Und in seiner Aussprache war etwas, eine Tendenz, das »r« in der Art der Bostonern zu rollen, die er mit seinem Onkel teilte. Wenn Hutch die Augen geschlossen hätte, hätte sie sich fast vorstellen können, Richard wäre zurück.
    Zahlreiche Angehörige der Akademie waren erschienen, und auch Henry zeigte sich schließlich. Es mußte ihn ziemlich viel Mut gekostet haben, denn eine ganze Menge Leute, einschließlich Hutch, machten ihn für Richards Tod verantwortlich. Er war in den Monaten seit ihrer Rückkehr sichtlich gealtert. Sein Gesicht schien grau, und sein Schritt war unsicher.
    »Wie geht es Ihnen?« fragte Hutch und bot ihm ihre Hand.
    Er nahm sie dankbar, aber sein Händedruck war nur flüchtig. »Gut«, erwiderte er. »Es ist schön, Sie zu sehen, Hutch.« Seine Augen wanderten zwischen ihr und dem Rednerpodium hin und her, das nun leer war. »Ich hätte andere Umstände vorgezogen.«
    Ein unbehagliches Schweigen entstand. Hutch wußte, daß ein Verfahren gegen Henry angestrengt worden war. Die ganze Welt wußte es. Er hatte seinen Rücktritt angekündigt, und er sah sich mit der Aussicht konfrontiert, eine zentrale Rolle in einem Grundsatzprozeß über die Gerichtsbarkeit jenseits der Grenzen des Sonnensystems zu spielen.
    »Übrigens habe ich mich noch nicht bei Ihnen bedankt«, sagte er, »für alles, was Sie für uns getan haben.«
    »Es war mir eine Freude«, entgegnete Hutch.
    »Ich wünschte, die Dinge hätten sich anders entwickelt«, sagte er. Plötzlich schien er es eilig zu haben, sich zurückzuziehen.
    »Ich auch«, erwiderte Hutch schwach.
     
    Princeton
    Samstag, den 27.11. 2202
    Liebe Priscilla,
    soeben hat mich die Nachricht erreicht, daß Cal Hartlett heute geheiratet hat. Ich weiß, daß wir dieses Thema schon früher besprochen

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