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Hutch 01 - Gottes Maschinen

Hutch 01 - Gottes Maschinen

Titel: Hutch 01 - Gottes Maschinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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immer mehr in die Länge und wurden dabei dünner. Für Hutch sahen sie aus wie die Finger des Magiers in dem alten Film »Der Zauberlehrling«.
    »Haben wir neue Meßergebnisse?« wollte Carson wissen.
    Angela überprüfte das Statuspaneel. »Der längste Finger mißt zwanzigtausend, mit einer Toleranz von sechs Prozent. Wir haben noch keine Erkenntnisse über die Geschwindigkeit, mit der sie wachsen.«
    »Es sind Kondensstreifen«, sagte Hutch.
    Ja. Es waren tatsächlich Kondensstreifen. Angela fühlte sich zuerst erleichtert, dann töricht – weil sie nicht gleich erkannt hatte, daß es eine ganz nüchterne Erklärung für die Finger gab. »Ja«, stimmte sie schließlich zu.
    Die Kondensstreifen begannen nach und nach, ihre scharfen Umrisse zu verlieren. Sie trieben auseinander, überlappten, verschwammen. Die Täuschung verblaßte. Es konnten dünne Kometenschweife gewesen sein. Oder ein Luftfahrzeug, das explodiert war.
    Es mußte eine gewaltige Masse gewesen sein, die die Wolke ausgestoßen hatte. »Ich glaube, sie fällt auseinander«, sagte Angela.
    Der Summer ertönte, und Drafts’ Gesicht erschien auf dem Schirm. »Werfen Sie einen Blick auf die Wolke«, sagte er.
    Carson hob die Hand. »Wir sehen sie«, antwortete er. Drafts reagierte nicht. Natürlich. Die Nachrichten benötigten – genau wie sein Bild auf dem Schirm – einige Minuten, um die Distanz zu überbrücken.
    Angela war hingerissen. »Wunderbar«, sagte sie. Nichts in ihrem bisherigen Leben – und es war gewiß nicht arm an Höhepunkten gewesen – hatte ihr eine Vorahnung von dem vermittelt, was sie nun erlebte. Sie konnte sich nicht länger beherrschen und ließ ihrer Begeisterung freien Lauf. Sie ballte die Faust und sagte aufgeregt: »Unglaublich. Eine unglaubliche Entdeckung. Aber was zur Hölle ist das für ein Ding?«
    Es schien sich auseinanderzurollen.
    Lange, rauchende Kometen brachen wie Gletschereis von dem Objekt weg.
    »Was zur Hölle passiert da eigentlich?« Erneut Drafts Stimme.
    Der Vorgang dauerte an. Er verlief beinahe zu gemächlich, als daß mit dem bloßen Auge etwas Genaueres zu erkennen gewesen wäre. Abgehackte Gesprächsfetzen flogen zwischen dem Schiff und der Mannschaft auf Delta hin und her. Drafts war der Meinung, daß das Objekt im Begriff war, sich aufzulösen. Wie es eigentlich bereits viel früher der Fall hätte sein sollen, als es zum ersten Mal in die tiefen Gravitationsschächte des Systems eingetaucht war.
    »Aber – warum erst jetzt?« fragte Angela zweifelnd. »Warum nicht schon gestern? Warum nicht letzte Woche? Es ist doch nicht so, als hätte sich die Gravitation irgendwie geändert.«
    »Die zweite Wolke ist durch das System gegangen, ohne auseinanderzufallen«, zweifelte Hutch an Drafts’ Theorie. »Warum also sollte ausgerechnet diese hier explodieren?«
    »Ich glaube nicht, daß sie wirklich explodiert«, erwiderte Angela, ohne die Augen vom Schirm abzuwenden. »Es ist schwer zu erkennen, aber ich habe den Eindruck, daß sie sich irgendwie schält. Ein Teil ihrer Außenschicht fällt ab.«
    »Was könnte dafür verantwortlich sein?«
    »Wenn ich das wüßte«, entgegnete sie. »Dieses Ding scheint keinen physikalischen Gesetzen zu unterliegen.«
    Sie spulte die Aufzeichnung an den Anfang und ließ die gesamte Szene in Zeitraffer ablaufen. Das Objekt öffnete sich langsam, beinahe graziös, wie eine blutrote Blume, deren Blütenblätter sich der Sonne entgegenstreckten.
     
    Die Bodenmannschaft setzte ihre Arbeit an der Oz-Imitation fort. Sie benutzten den 1600 mit wachsendem Vergnügen, um zunehmend geschickter überstehendes Eis und Felsen von den Hängen zu schneiden. Und sie behielten die hereinkommenden Daten über den Drachen im Auge.
    Gegen Abend meldete sich Angela und wollte Carsons Aufmerksamkeit erneut auf die Schirme lenken, aber er saß am Geschütz. »Im Augenblick geht es nicht«, sagte er. »Was ist denn?«
    Das Objekt sah inzwischen aus wie ein Komet, dessen Kopf explodiert war. »Es ändert seine Flugbahn«, sagte Angela. »Ich will verdammt sein, aber es ändert tatsächlich den Kurs! Das ist der Grund für die ganze Aktivität. Es wirft Materie ab!«
    »Sollte das nicht vollkommen unmöglich sein?« fragte Hutch. »Ich meine, soweit ich weiß, wechseln natürliche Objekte nicht einfach den Kurs, oder?«
    »Jedenfalls nicht ohne äußere Einwirkung.« Die Landschaft draußen schien leer und kalt zu sein. Menschenfeindlich. In rotes Licht getaucht. Hier war alles

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