Hutch 02 - Die Sanduhr Gottes
oder Lagerräume gedient haben mochten. Und dann waren da noch die Obergeschosse, die sie noch nicht hatten erforschen können. Marcel glaubte, auf der Nordseite einige Objekte auf einer Reihe Regale zu erkennen, aber er war nicht auf der Brücke gewesen, als die Forscher diesen Bereich passiert hatten, und musste sich folglich ganz auf die Aufzeichnungen verlassen. Hutch und Nightingale hatten die Objekte entweder übersehen oder für zu unwichtig befunden, ihnen ihre Zeit zu widmen, und nun wollte Marcel das Thema auch nicht mehr zur Sprache bringen.
»Wir haben hier einen echten Schatz«, sagte Drummond, der die Vorgänge in seinem Shuttle verfolgte. »Zu schade, dass nicht genug Zeit bleibt, die Dinge genauer anzusehen.«
Marcel jedoch stellte fest, dass sie von Glück reden konnten, überhaupt irgendwas gesehen zu haben. Die Wissenschaft würde, wie er vermutete, noch viele Jahre über diesen Videodaten brüten.
Plötzlich tauchte unerwartet Beekman neben ihm auf. Seit ihrem vorangegangenen Gespräch hatte er jeglichen Blickkontakt zu Marcel vermieden. »Wissen Sie«, sagte er, als sei nichts geschehen, »wenn all das bekannt wird, wird es einige größere Veränderungen im Management geben. Gomez wird ihren Platz räumen.«
»Glauben Sie?« Irene Gomez leitete die Akademie bereits seit mehr als zehn Jahren.
»Sie gehört zu den Leuten, die nach dem Fiasko mit Nightingale entschieden, die Erforschung des Planeten einzustellen. Und jetzt sehen wir das alles vor uns, und es wird alles verloren gehen. Dieser Typ von Universal, wie heißt er doch gleich, sendet die ganze Geschichte.«
»Canyon.«
»Canyon, richtig. Übermorgen wird das alles auf der Erde bekannt werden. Der Verwaltungsrat wird eine Dringlichkeitssitzung einberufen. Ich wette, bis Ende nächster Woche ist Gomez weg. Und ihre Ressortleiter mit ihr.«
Beekman schien diese Aussichten zu genießen. Marcel hatte keinen Kontakt zu der Direktorin, und er war ihr nie von Angesicht zu Angesicht begegnet. Aber er wusste, dass sie weder den Respekt noch die Loyalität ihrer Untergebenen genoss. Natürlich würde es Beekman ganz ähnlich ergehen, sollte je bekannt werden, dass er die Gestrandeten hatte im Stich lassen wollen.
»Unbezahlbare Erkenntnisse«, sagte Beekman, doch sein Ton verriet noch mehr: Selbst wenn wir diese Leute da unten verlieren, wird sich die ganze Sache vielleicht doch gelohnt haben.
Loris Stimme unterbrach sie: »Vorbereitende Maßnahmen abgeschlossen. Wir liegen im Plan.«
In einem der Räume entdeckten sie ein Porträt.
Verborgen unter einer dicken Staubschicht hing es an der Wand, aber als Hutch es abgenommen und mit einem Tuch abgewischt hatte, war das Bild klar erkennbar.
Zwei Heimchen flankierten einen Falken, der etwa dreimal so groß war. Doch die Größenverhältnisse waren nur schwer abzuschätzen, weil der Falke nur von der Brust an aufwärts abgebildet war.
Die Heimchen trugen den milden Gesichtsausdruck von Philosophen zur Schau. Sie waren in Kutten gekleidet, einer mit einer Kapuze, der andere mit ungeschütztem Kopf. Sie schienen barhäuptig zu sein, es war auch keine Spur von Augenbrauen zu sehen. Trotz der Vorurteile, die sie durch ihr Wissen über die technologischen Beschränkungen der Gesellschaft der Heimchen entwickelt hatte, erkannte Hutch Intelligenz in ihren Gesichtern.
Die im Großen und Ganzen eher furchterregende Erscheinung des Falken wurde durch den Stab gemildert, den er bei sich trug. Seine Kleidung bestand lediglich aus einem dunklen Band, das er um die Schultern geschlungen hatte. Seine Brust war breit, und er besaß eine Haube, die stolz aufgerichtet war. Seine Gefährten erschienen neben ihm umso kleiner, dennoch zweifelte sie nicht im Mindesten daran, dass sie Gefährten waren.
Das Wesen hatte Augen und Fänge eines Raubtiers und Pelz, wo Hutch Federn erwartet hätte. Die Gelassenheit der Heimchen war beeindruckend, hätten sie doch einer solchen Kreatur auch problemlos als Frühstück dienen können.
Und da war noch mehr.
»Was?«, fragte Nightingale.
Das Geschlecht der Heimchen blieb ihr verschlossen, aber das des Falken? »Ich glaube, der Falke ist weiblich«, sagte sie.
Nightingale seufzte. »Und woran wollen Sie das erkannt haben?«
»Ich weiß es nicht, Randy.« Sie versuchte, ihre eigene Reaktion zu analysieren. »Vielleicht wegen der Augen.«
Nightingale griff nach dem Bild und stellte erfreut fest, dass es sich aus seinem Rahmen lösen ließ. Für seinen Rucksack war
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