Hutch 02 - Die Sanduhr Gottes
wollen, aber es sei schon zu spät gewesen.
Hutch beobachtete die näher kommenden Lichter. Endlich konnte sie sich entspannen. Schließlich schloss sie sogar die Augen und ließ sich einfach treiben. Das Shuttle kam längsseits, und sie hörte Stimmen im Kommunikationssystem. Jemand schnitt ihre Sicherungsleine durch und pflückte sie aus dem Netz.
Der Schmerz in ihrer Schulter wurde schlimmer, jetzt, da sie in Sicherheit war.
Irgendwo wurde eine Luke geschlossen. Mehr Lichter tauchten auf. Erst hell, dann gedämpft. Leise Stimmen. Druck auf der verletzten Schulter. Gurte. Ein Gefühl des Wohlergehens ergriff Besitz von ihr.
Jemand sagte ihr, es sei vorbei, sie sei in Sicherheit, müsse sich um nichts Sorgen machen.
»Gut«, sagte sie, wenn sie auch nicht wusste, mit wem sie sprach.
»Sie sehen gut aus, Skipper.«
Skipper? Sie schlug die Augen auf und versuchte, den Nebel zu durchdringen.
Embry.
»Hallo, Embry. Schön, Sie wieder zu sehen.« Randy war immer noch da, ganz in der Nähe. Dann wurde er plötzlich undeutlich, ebenso wie Embry, die Gurte, die Stimmen und die Lichter.
Auf Nicholsons Brücke dirigierte Marcel die Shuttleflotte. Sie schwärmten zur Star und zur Zwick aus und lösten die Schiffe vom Schaft. Auf Beekmans Vorschlag hin bargen sie sechs Proben von je vier Metern Länge. Fünf waren für die Forschung vorgesehen, eines sollte in der Akademie ausgestellt werden. Auf Nicholsons Bitte hin wurde schließlich noch ein kleineres Stück geborgen und als Ausstellungsstück für die Star gekennzeichnet.
Ein weiteres Shuttle näherte sich der Platte und trennte sie von dem Netz und dem Stummel des Alphaschafts. Einen Moment lang schwebte sie frei im Raum, während die Bergungsmannschaft die Symbole auf der Oberfläche studierte. Dann wurde sie in zwei gleich große Stücke geschnitten, und kurz darauf näherte sich die Wendy, um beide Teile in ihren Frachtraum zu laden.
Die verbliebenen Fragmente von Alpha und das Netz trieben in der Dunkelheit davon.
Da die Zeit knapp wurde, verzichteten die einzelnen Kommandanten darauf, sofort auf ihre jeweiligen Schiffe zurückzukehren. Stattdessen gab Miles den amtierenden Captain der Wendy. Zudem war Hutch, was nicht verwundern konnte, nicht in der Verfassung, ihren Posten auf der Wildside wieder zu übernehmen. Dirigiert von der Brücke der Star flogen auch die Shuttles einfach den am besten zu erreichende Hangar an, und die Flotte zog sich kaum mehr als einen Tag vor der bevorstehenden Kollision zurück.
Inzwischen hatten sich die Bedingungen auf der Oberfläche derart turbulent entwickelt, dass sogar die Raumfahrzeuge im Orbit in Gefahr gerieten. Marcel nahm an, dass mit der Zerstörung der Kommunikationsanlage der Wendy auch ein großer Teil der Forschungsdaten verloren gegangen war, und Miles bestätigte seine Vermutung. »Die Jungs hier sind nicht gerade glücklich«, sagte er.
Beekman fühlte mit ihnen. »Das kann man ihnen kaum vorwerfen. Einige von ihnen haben sich seit zwanzig Jahren auf diese Mission vorbereitet, und jetzt mussten sie den Verlust wichtiger Daten hinnehmen.« Ruhigen Blickes betrachtete er die Reihe der Schirme, auf denen die bevorstehende Kollision aus verschiedenen Blickwinkeln, aufgenommen von einer Satellitenphalanx, zu sehen sein würde.
Marcel war das alles ziemlich gleichgültig. Er hatte in den letzten zwei Wochen zu viel durchgemacht. Nun war er müde und reizbar, aber sie hatten Kellie und die anderen zurückgeholt, und das war alles, was ihn interessierte. Chiang Harmon war dort unten gestorben. Einer von Hutchs Leuten war gestorben, außerdem einer von Nicholsons Passagieren und ein Angehöriger seiner Crew. Ein Pilot aus Nicholsons Mannschaft war im Zuge der Rettungsmission ums Leben gekommen. Angesichts all dessen fiel es schwer, großartiges Bedauern über den Verlust irgendwelcher Detailinformationen über die Entstehung von Hochdruckfronten während einer Planetenkollision zu empfinden. »Nächstes Mal machen wir es besser.«
Beekman schürzte nachdenklich die Lippen. »Es wird vermutlich kein nächstes Mal geben, solange es unsere Spezies gibt.«
Wie schade, dachte Marcel, sagte aber nichts.
Es war, als hätte sich die ganze Atmosphäre von Deepsix in einen Gewittersturm verwandelt. Schneestürme fegten über den Äquator, gigantische Orkane wüteten über Coraggio und Nirwana. Eine Flutwelle wie ein Gebirge erhob sich Tausende von Metern über die normale Meereshöhe. Die Gebirgskette an der
Weitere Kostenlose Bücher