Hutch 02 - Die Sanduhr Gottes
schweifen.
Es gab keine Markierungen, keine Verzierungen, keine Bolzen, Grate oder Kämme. Nur fünfzehn Rohre, symmetrisch angeordnet, acht im äußeren Kreis, sechs im mittleren Kreis, einer im Zentrum.
Marcel verankerte einen flexiblen Gurt an einer passenden Vorrichtung am Schiffsrumpf und signalisierte dem Projektleiter mit einem Wink, dass er anfangen könne. »Jetzt liegt alles bei Ihnen, Gunther.«
Beekman näherte sich der Luke, ohne auch nur einen Moment den Blick von den langen grauen Schäften zu lösen. Dann steckte er den Kopf hinaus und atmete tief durch. »Mein Gott«, keuchte er.
Marcel befestigte den Gurt an seiner Weste. »Er rollt sich ab, wenn Sie sich entfernen, und er wickelt sich wieder auf, wenn die Spannung nachlässt.«
»Wie weit?«
»Zwanzig Meter.«
»Ich meine, bis zu der Verankerung.«
Verankerungen befanden sich auf der ganzen Länge des Objekts. Die nächste war … »Beinahe fünfzig Kilometer.«
Beekman schüttelte den Kopf. »Wenn mir jemand so etwas erzählt hätte«, sagte er, »hätte ich mich geweigert, es zu glauben.« Er stellte einen Fuß auf den äußeren Rand der Luke. »Ich denke, ich bin bereit.«
»Okay. Seien Sie vorsichtig. Stoßen Sie sich einfach ab, wenn ich es Ihnen sage. Versuchen Sie nicht zu springen, es würde ohnehin nur damit enden, dass ich Sie zurückholen muss.« Marcel sah sich zu den anderen um. »Sollte jemand es tatsächlich schaffen abzutreiben, dann werde ich mich um seine Rettung kümmern. In der Zwischenzeit werden alle Übrigen bleiben, wo sie gerade sind. Verstanden?«
»Verstanden.«
»Los«, rief er Beekman zu.
Beekman zog die Schultern hoch. Er trug ein Paar weiße Freizeithosen und ein grünes Sweatshirt mit dem aufgedruckten Namenszug seiner Universität, Berlin. Er sah beinahe verwegen aus, wie Marcel dachte. Und ziemlich glücklich. Eigentlich sogar ekstatisch.
Er beugte sich vor, stieß sich sanft ab und schrie vor reiner Freude, als er den Kontakt zur Luke verlor. Die anderen sahen zu, wie er ein wenig unbeholfen durch den Raum schwebte, ein Bein ausgestreckt, das andere gebeugt, beinahe wie ein Läufer bei einem ausholenden Schritt.
Marcel stand in der Luke und ließ den Gurt durch seine Handfläche gleiten, bis er sicher war, dass Beekman nicht zu schnell durch den Raum schwebte. Der Projektleiter griff derweil nach dem nächsten Schaft, kollidierte mit ihm, schlang seinen Arm herum und brüllte etwas in deutscher Sprache. »Marcel«, fügte er dann hinzu, »ich schulde Ihnen ein Essen.«
»Das hätte ich gern schriftlich«, sagte Marcel.
Beekman löste seinen Griff, suchte sich einen weiteren Schaft, um sich mit dem Fuß darauf abzustützen, und winkte.
Carla trat vor, um ihrerseits auf die Reise zu gehen.
Beekman und sein Team kletterten durch das Objekt, während Marcel Wache hielt. Carla machte Bilder, und Drammond sammelte Sensorendaten. Beekman redete ununterbrochen, beschrieb eifrig, was er sah und zog diverse Messgeräte und Sensoren aus seiner Weste, um die Fragen derjenigen zu beantworten, die im Schiff geblieben waren. Ja, es war magnetisch. Nein. Es schien unter dem Einfluss niederfrequenter Wellen nicht zu vibrieren.
Carla zog den Cutter hervor und besprach sich mit Beekman. Marcel konnte die Unterhaltung nicht mit anhören, aber es war offensichtlich, dass beide nach der passenden Stelle suchten, um eine Probe aus dem Konstrukt zu schneiden. Die Oberfläche wies keinerlei charakteristische Merkmale auf. Die einzige Ausnahme, die sie gefunden hatten, sei es mit Hilfe der Scanner oder mit bloßem Auge, waren die ringförmigen Verankerungen. Und keine davon war von hier aus zu sehen.
Die Wissenschaftler hatten offensichtlich einen Entschluss gefasst, denn Carla suchte sich eine sichere Position, hob den Laser hoch und zielte auf einen der Schäfte.
»Vorsichtig«, mahnte Marcel. Das Feld würde sie nicht schützen können, sollte sie jetzt einen Fehler begehen.
»Das bin ich«, erwiderte sie.
Sie schaltete den Cutter an, der Laserstrahl flammte auf, und die Sichtbereiche aller vier E-Suits verdunkelten sich automatisch.
In der Absicht, die letzten zwei Meter vom Ende eines der Schäfte abzutrennen, machte sie sich an die Arbeit.
Drummond hatte seine Instrumente weggepackt und hielt sich an dem Objekt fest. Er schien die Konstruktion eingehend zu mustern, offenbar darauf bedacht, nicht in den leeren Raum zu blicken. Marcel verließ die Luftschleuse und gesellte sich zu ihm. »Wie geht es
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