Hutch 02 - Die Sanduhr Gottes
habenden Offizier der Evening Star her und erzählte ihm, was sie vorhatten.
»Sind Sie Ihrer Sache sicher?«, fragte er.
»Nein«, sagte sie. Dann: »Doch. Aber wir brauchen Ihre Hilfe.«
Der Offizier stellte Kontakt zur KI der Landefähre her. »Glory, kannst du mich hören?«
»Ich höre Sie, Mark.«
»Statusbericht.«
Die KI rasselte eine Reihe technische Daten herunter. Alles in allem, dachte Hutch, war der Schaden offenbar nicht so gravierend, wie es den Anschein gehabt hatte. Einer der Stromkreise war unterbrochen, was zu Steuerungsproblemen führen konnte. Vielleicht konnten sie ihn durch Teile aus der anderen Fähre ersetzen. Vielleicht konnten sie mit der Fähre zur Tess fliegen, und aus beiden ein voll funktionstüchtiges Luftfahrzeug zusammenbauen.
Die KI meldete, dass der Antrieb in Ordnung sei und genug Auftriebskraft zur Verfügung stände. »Allerdings scheint es Probleme mit der Balance zu geben.«
»Das liegt daran, dass sie auf der Seite liegt«, sagte Kellie.
Das Raumfahrzeug wog vermutlich etwa acht metrische Tonnen.
»Glory«, sagte der Dienst habende Offizier. »Die nächste Stimme, die du hören wirst, gehört Priscilla Hutchins. Ich möchte, dass du sie kodierst. Tu alles, was sie sagt.«
»Ich werde der Aufforderung nachkommen, Mark.«
»Also los, Hutch«, sagte er. »Sie gehört ganz Ihnen.«
»Glory, hier spricht Priscilla Hutchins.«
»Hallo, Priscilla.«
»Ich möchte, dass du die Triebwerke startest und die Nase nach oben bringst, bis ich dir sage, dass du aufhören sollst.«
Knirschend rieb sich Metall an der Wand des Abgrunds. Schnee löste sich und fiel in die Tiefe. Ein Felsbrocken gab nach, und die Fähre rutschte tiefer in den Riss.
»Glory, stopp!«, sagte sie.
»Priscilla, ich habe meine Bewegungsfreiheit noch nicht wiederhergestellt.«
»Versuchen Sie es mit den Raketentriebwerken«, sagte MacAllister. »Das könnte sie freibrechen.«
»Kaputtbrechen«, entgegnete Kellie, beugte sich vor und blickte in die Tiefe. »Wir könnten versuchen, etwas von dem Fels wegzuschneiden.«
Nightingale verzog das Gesicht. »Dann würde sie nur noch tiefer rutschen. Wenn sie ihre Position ändert, könnten wir den Zugriff auf die Kondensatoren verlieren.«
Er hatte Recht. Die größte Hoffnung lag in ihrem ursprünglichen Vorhaben: Kondensatoren herausholen und die andere Landefähre herbringen. Aber es wäre so schön gewesen, so elegant, das Raumfahrzeug einfach herausfliegen zu lassen.
Chiang schien ihre zögerliche Miene bemerkt zu haben. »Sie sind die Expertin, Hutch. Sie bestimmen den Kurs.«
MacAllister blickte zum Himmel auf. »Gott helfe uns, wir sind in der Hand von Experten. Ich denke, Sie sollten die KI anweisen, weiterzumachen. Warum nicht alles auf eine Karte setzen, dann haben wir es hinter uns.«
Unter der Fähre fielen die Wände steil ab, rückten langsam näher zusammen, bis sie im Schnee verschwanden. Wer dort hinabstürzte, würde zu einem festen Bestandteil des Risses werden.
»Nein«, sagte Hutch. »Glory ist unser Ticket in den Orbit. Wir müssen vorsichtig mit ihr sein.«
»Ich werde runterklettern«, bot sich Chiang an.
Sie konnte ihm ansehen, dass ihm bei dem Gedanken nicht wohl war. Auch Hutch hatte wenig für die Kletterei übrig, aber sie wusste, dass MacAllister Recht hatte: Es lag in ihrer Verantwortung, der sie sich allerdings bereitwillig entzogen hätte, hätte Chiang etwas zuversichtlicher ausgesehen. »Ist schon gut«, sagte sie und gab sich Mühe ihrer Stimme ein wenig zusätzliche Härte zu verleihen. »Ich mache es.«
Insgeheim hoffte sie, irgendjemand, vielleicht Kellie, würde versuchen, ihr diese Kletterpartie auszureden. Stattdessen nickte Chiang erleichtert und erkundigte sich, ob sie sich ihrer Sache sicher sei.
»Ja«, sagte sie.
Kellie warf einen Stein über den Rand und sah zu, wie er geräuschlos im Schnee am Grund verschwand. »Bis da unten ist es ein langer Weg, Hutch.«
Danke, Kellie, das habe ich gebraucht, dachte sie sarkastisch, aber sie verkniff sich den Kommentar.
Nightingale versuchte sich einen Überblick über die Lage zu verschaffen. »Wir werden Sie einfach herunterlassen und wieder raufziehen«, sagte er. »Auf diese Weise können Sie nicht fallen. Sie werden sicher sein, vorausgesetzt, die Fähre gibt nicht im falschen Moment nach.«
»Wie beruhigend«, spöttelte MacAllister spröde.
Zunächst erkundigte sich Hutch bei dem Dienst habenden Offizier, ob sie noch immer die verbale Kontrolle über
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