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Hutch 05 - Odyssee

Hutch 05 - Odyssee

Titel: Hutch 05 - Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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genähert und, ohne jedoch offensichtlich provoziert worden zu sein, dem Prediger ein Buch, das Beemer in der Hand gehalten hatte, über den Kopf gezogen und ihn bewusstlos geschlagen. Bei dem Buch handelte es sich um Ein Yankee aus Connecticut an König Artus’ Hof.
    Das Motiv? Henry Beemer berief sich auf eine psychische Störung, für die er den Besuch einer kirchlich geführten Schule unter Leitung von Pullman verantwortlich machte. »Es hat angefangen, als ich sieben war«, wurde er zitiert. »Sie haben die ganze Zeit über das Höllenfeuer geredet. Darüber, dass man ewig brennen werde. Wie leicht es sei, dort zu landen. Ich bin zweiundvierzig und habe das nie aus meinem Kopf rausbekommen!«
    Diese Geschichte war für den National einfach unwiderstehlich. MacAllister setzte einen seiner Reporter darauf an und beschloss, noch einen Schritt weiterzugehen. »Tilly«, sagte er, »sieh mal, ob du mir eine Verbindung zu diesem Beemer herstellen kannst.«
     
    Henry Beemer sah nicht aus wie die Art Mann, der irgendjemanden in einer Bücherei niederschlagen würde. Er schien von durchschnittlicher Größe zu sein, war mager, hatte dünne Lippen, ebenso dünne Haare und grüblerische graue Augen, ein Mann, der vielleicht nicht genug Sonne bekam. Jedenfalls war ihm auf Anhieb anzusehen, dass er in einem Büro in untergeordneter Position tätig sein musste.
    »Was kann ich für Sie tun, Mr. MacAllister?«, fragte er. Er saß auf einem mit billigem Lederimitat bezogenen Sofa. Eine Wand voller Bücher erhob sich hinter ihm.
    »Ich bin vom National, Henry.«
    »Ich weiß, wer Sie sind.«
    »Wir wären vielleicht daran interessiert, Ihre Geschichte zu bringen. Wären Sie bereit, mit uns zusammenzuarbeiten?«
    »Das glaube ich nicht, Sir«, sagte er. »Ich möchte nur, dass es vorbei ist.«
    »Ich verstehe. Haben Sie einen Anwalt?«
    »Ja, Mr. Pontis.«
    MacAllister zögerte. Dann: »Erzählen Sie mir, warum Sie es getan haben!«
    »Hören Sie«, sagte Beemer, »ich habe schon mit jeder Menge Reportern geredet. «
    »Reden Sie mit mir, bitte! Es wird nur eine Minute dauern.«
    »Ich kann Ihnen keine Erklärung liefern, die wirklich Sinn ergibt.«
    »Lassen Sie es darauf ankommen.«
    Beemer legte die Stirn in Falten. »Ich war wütend wegen dem, was er getan hat. Was diese Leute immer noch tun.«
    »Was hat er getan?«
    »Er leitet die kircheneigene Schule.« Der Mann räusperte sich. Schluckte. »Ich meine, ich glaube nicht einmal an die Hölle.«
    »Würden Sie das tun, hätten Sie ihn nicht angegriffen.«
    Beemer lachte, und das war nicht das halbherzige Kichern, mit dem MacAllister eigentlich gerechnet hatte, sondern ein echtes, lautstarkes Gegacker. Dann wurde er wieder ernst. »Man wird mich feuern.«
    »Wer?«
    »Jackson Brothers. Mein Arbeitgeber. Wir sind ein Wirtschaftsprüfungsunternehmen.«
    »Tut mir leid, das zu hören.«
    »Ist schließlich meine eigene Dummheit.«
    »Erzählen Sie mir, was passiert ist, Henry!«
    Beemer dachte darüber nach. »Haben Sie je eine kirchliche Schule besucht, Mr. MacAllister?«
    »Das habe ich tatsächlich.«
    »Hat man Ihnen dort von der Hölle erzählt?«
    »Ja.«
    »Wegen der kleinsten Vergehen, beispielsweise, wenn man den Gottesdienst verpasst, fährt man zur Hölle. Wenn man ein Mädchen küsst, fährt man zur Hölle.«
    »Ich erinnere mich an das Gerede.«
    »Es hat angefangen, als ich sieben war. Ich habe es gehasst. Ich habe mir immer gewünscht, ich wäre in einem Dschungelstamm voller Heiden zur Welt gekommen. So zu denken war eine Sünde, die denen noch nicht in den Sinn gekommen war, also dachte ich, es wäre ungefährlich.
    Im Geschichtsunterricht haben sie über Religionsfreiheit gesprochen. Und ich habe immer gedacht, dass es so etwas nur für andere Leute gab, aber nicht für mich. Ich hatte nicht die Freiheit, selbst zu entscheiden, wen ich anbeten wollte. Hätte ich mich von der Universellen …«
    »Von der Universelle Kirche des Schöpfers?«
    »Ja. Hätte ich mich von der Kirche abgewandt, dann wäre ich verdammt gewesen. Und sie haben mir in allen möglichen grausigen Einzelheiten beschrieben, was das bedeutet. Stell dir vor, du würdest deine Hand in eine heiße Bratpfanne legen und nicht wegziehen. Eine ganze Minute lang. Dann stell dir vor, du könntest sie nie wieder wegnehmen. Und das ist nichts im Vergleich zu …«
    »Langsam bekomme ich eine Vorstellung.«
    »Ich war ziemlich arglos, wie Kinder eben so sind. Aber sie haben geredet, als wäre das

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